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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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Blitz zu sehen und der erwartete Donner folgte unmittelbar. Die Wellen türmten sich mehr und mehr auf und plötzlich schwappte eine riesige Woge über das Plateau und riss Julia nach hinten. Unwillkürlich klammerte sie sich an Robert fest. Gemeinsam prallten sie gegen die Felswand.
    Und ebenso unvermutet und unerwartet wie das Wasser sie überspült hatte, stieg die Wut in ihr hoch. »Bist du verrückt geworden!«, schrie sie ihren Bruder an. »Was hast du dir dabei gedacht, einfach in den See zu springen? Wenn David jetzt …« Ihre Stimme erstickte.
    »Ich musste ihr doch helfen!«, flüsterte er.
    »Was? Was redest du da?«
    »Da ist ein Mädchen im Wasser. Ich habe gesehen, wie sie gesprungen ist.«
    »Wovon zum Teufel sprichst du?«
    »Von dem Mädchen!«, keuchte Robert.
    »Mädchen?«, wiederholte Julia brüllend. »Mädchen?«
    Er nickte schwach.
    »He, was geht nur ab in deinem Hirn! Bist du jetzt total durchgeknallt? Gottverdammt, was ist los mit dir?«
    Ihre Stimme überschlug sich. Sie hätte am liebsten auf ihn eingeprügelt, während Roberts Augen sich im Schock weiteten. Sie konnte die Angst in ihnen erkennen.
    Aber ihr Körper bestand nur noch aus Adrenalin. Nicht einmal die nächste Welle, die sie traf, reichte, um sie abzukühlen. Ihr Zorn befand sich auf einem Pegel, dass alle Messgeräte schon lange den Geist aufgegeben hätten.
    Isabel packte sie am Arm. »Hör auf damit! Er kann nichts dafür! Siehst du nicht, was los ist? Er steht unter Schock. Noch dazu ist er total durchgefroren. Wenn wir ihn nicht sofort nach oben bringen, holt er sich eine Lungenentzündung.«
    Isabels Worte brachten Julia wieder zur Vernunft.
    »Schluss jetzt«, schrie die ältere Studentin energisch. »Wir binden ihn ans Seil und Chris zieht ihn hoch.«
    »Nein«, murmelte Robert. »Muss … auf David warten … Ich hab es … versprochen.«
    Plötzlich hörten sie von oben Rufe. »Isabel – habt ihr die beiden gefunden? Ist alles in Ordnung?«
    Julia versuchte in der Finsternis etwas zu erkennen, doch alles, was sie sehen konnte, war nackter Felsen. War das Alex? Hatte er endlich Hilfe geholt?
    »David ist noch im See«, schrie Isabel zurück. »Was ist mit dem Boot?«
    Ein ohrenbetäubendes Donnern verschluckte die Antwort fast vollständig. »Gewitter … dauert zu lange«, war alles, was Julia mitbekam.
    Und da fühlte sie, wie etwas in ihr zerbrach. Es war der letzte Rest von Hoffnung, den sie noch gehabt hatte. Gleichzeitig war es, als explodiere die Atmosphäre über ihnen. Die Wolken ballten sich zusammen, als ob sie einen letzten finalen Angriff planten. Das Wasser war schwarz wie Öl. Mehrere Blitze jagten gleichzeitig über den See. Und in ihrem Licht erkannte sie eine Gestalt, die aus dem Wasser auftauchte.
    Es war David!
    Im Schein des Blitzes sah er aus, als hätte er Feuer gefangen und brenne lichterloh.

Kapitel 12
    Neonlicht schien von der Decke. Eine der Röhren flackerte und gab ein summendes Geräusch von sich, das nach den heftigen Donnerschlägen, die das Tal erschüttert hatten, fast beruhigend wirkte. Doch allmählich schwächte sich das Gewitter ab. Nur ab und zu fuhr noch ein Blitz über den Himmel und erhellte für Sekunden die Nacht, während der Regen schon fast gemütlich gegen die Fenster des Apartments Nr. 113 prasselte.
    Im College selbst war überraschend schnell Ruhe eingekehrt. Auf den Gängen liefen zwar noch immer Studenten hin und her, Türen schlugen zu, doch was fehlte, war ihr Lachen, das Abend für Abend von den Fluren erklang. Vielmehr schien der ganze Seitenflügel des Grace von einer seltsamen Ruhe erfüllt, die bedrücktes Schweigen signalisierte.
    In Decken gehüllt saß David neben Julia am kleinen Küchentisch des Apartments im ersten Stock. Ihnen gegenüber hatte Robert Platz genommen. Julias Bruder wurde in regelmäßigen Abständen von Schüttelfrost erschüttert. Rose stand an der Spüle und kochte Tee.
    »Du solltest dich besser ins Bett legen«, wiederholte sie ständig, doch Robert schüttelte jedes Mal den Kopf.
    »Wage es nicht zu filmen«, sagte Julia zu Benjamin, der sich auf das Fensterbrett zurückgezogen hatte.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich warte auf spannendere Bilder als diese trübsinnige Szene«, entgegnete er und warf einen bezeichnenden Blick auf Debbie, die den Kühlschrank der Jungs nach etwas Essbarem durchsuchte.
    »Wenn ich aufgeregt bin, muss ich essen«, erklärte sie. »Habt ihr eigentlich nur Milch hier? Keine Schokolade?«
    Niemand

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