Das Spiel
anerkannten.
Es dauerte ewig, bis Roberts Kopf wieder auftauchte. Er holte Luft, ruderte mit den Armen, wurde ein zweites Mal unter die Oberfläche gedrückt. Aber beharrlich näherte er sich dem Felsen, der in den aufgewühlten See hineinragte.
»Gib nicht auf, David!«, hörte Julia einen Jungen hinter sich schreien. »Du bist der Champion, Kumpel!«
Und dann lagen nur noch wenige Meter zwischen den beiden – zehn, neun, acht, sieben … Schließlich befanden sie sich auf gleicher Höhe.
Erleichtert keuchte Julia, als David den Arm ausstreckte und nach Roberts Schulter griff. Dann, im nächsten Moment verschwanden beide unter der schäumenden Welle.
Und tauchten lange nicht wieder auf.
»Mein Gott, sie ertrinken beide!« Debbies hysterisches Schluchzen machte Julia total verrückt. »Das ist unfair! Ich bin doch erst eine Woche hier!«
Wieder Rose’ weiche Stimme. »Da sind sie wieder. Ganz ruhig, Debbie. David wird ihn retten, ich weiß es.«
Doch Debbie beruhigte sich nicht: »Was machen die denn? Sie sollen zurückkommen! David! David! Hier sind wir!«
»Ich glaube, das weiß er«, knurrte Chris.
Anstatt zum Steg zurückzukehren, legte David an Tempo zu, wobei er Robert mit sich zog. Sie näherten sich der Felswand. Der Stelle, die vorhin jemand Green Eye genannt hatte.
Green Eye.
Das klang nicht gefährlich.
Eher kitschig.
Und bevor die nächste Woge über ihnen zusammenschlug, hatten sie das Ufer erreicht – oder vielmehr das schmale Stück einer Steinplatte, die aus dem See ragte.
»Gott sei Dank! Sie sind in Sicherheit!« In Debbies Stimme lag ein seltsamer Unterton, fast so, als sei sie enttäuscht.
»Sind sie nicht«, murmelte Chris.
Während Davids rechter Arm noch immer Robert umklammerte, versuchte er mit dem linken den Felsen zu erreichen. Eine Welle hinderte ihn daran. Doch als die Oberfläche sich kurz beruhigte, versuchte er es ein zweites Mal. Vergeblich.
»Warum kommt er da nicht hoch?« Jetzt war selbst Rose’ Stimme die Aufregung anzuhören.
»Der Lake Mirror ist verdammt tückisch«, stieß Chris zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Dort unten gibt es seltsame Strömungen, die sich niemand erklären kann.« Er klang so, als hielte er den Atem an. »Mach schon, Mann«, flüsterte er.
Das Letzte, was Julia sah, bevor sie die Hände vors Gesicht schlug, war David, der halb über dem Felsplateau lag und verzweifelt Roberts Hand hielt, während dieser sich an den Vorsprung klammerte, der aus dem Wasser ragte.
»Sie werden sterben!«, hörte sie Debbies schrille Stimme. »Oh Gott, jetzt wird jeder, der auf der Party war, verantwortlich gemacht! Ich will sofort zurück ins College! Ich will keinen Ärger!«
Im nächsten Moment hörte Julia einen lauten Knall. Sie riss die Augen auf und sah, wie Debbie sich an die Wange fasste, auf der sich Chris’ Handabdruck abzeichnete.
»Halt endlich einmal deine gottverdammte Klappe«, murmelte er. »Sonst kann ich für nichts garantieren!«
Kapitel 11
Als hätte jemand hinter dem Gletscher das Licht im Weltall angeschaltet, leuchtete der Horizont und gleich darauf ertönte ein dumpfes Grollen. Der Wind wühlte das Wasser auf, das wieder und wieder über den beiden Jungen zusammenschlug, die es noch immer nicht geschafft hatten, auf das Steinplateau unter dem Felsrücken zu gelangen. Wenigstens sah es von hier so aus, als ob sich nun beide an dem Vorsprung festklammern könnten.
Doch von Minute zu Minute wurde es dunkler. Nicht mehr lange und es würde stockfinster sein.
»Wo bleibt denn das verdammte Boot von der Security?«, rief Rose verzweifelt. »Es müsste doch schon längst hier sein.«
Tom erschien. Seine Haare klebten in der Stirn und er war völlig außer Atem. Ihm dicht auf den Fersen war Isabel. Sie sah leichenblass aus, ihr Gesicht war verschwitzt und ihre Hände zupften nervös an ihrem Pulli.
»Alex versucht sein Bestes.«
Chris schüttelte den Kopf. »Aber wir müssen sofort etwas unternehmen!«
Rose’ Blick schweifte am Ufer entlang. »Wie kommt man von hier aus zu diesem Felsen?«, fragte sie.
Tom überlegte einen Moment. »Nicht am Ufer entlang, da ist es zu steil. Und mit dem Umweg durch den Wald dauert es mindestens eine Viertelstunde.«
»Egal.« Chris straffte entschlossen die Schultern. »Wer weiß, ob ein Boot bei den Wellen überhaupt starten kann. Von dem Felsen aus können wir wenigstens versuchen, an die beiden heranzukommen und sie aus dem Wasser ziehen, bevor der See noch mehr
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