Das Spiel beginnt - Beautiful secrets ; [1]
eingeladen. Sie haben einen Preppy, einen Goth, einen Markenfan, einen Selbermacher, einen Romantiker, einen Boho, eine Diva, eine Sportliche, eine Retro, einen Rocker, eine Rüschige, eine Grunge und eine Gaga. Europa- und Skaterlook fehlten noch. Jetzt nicht mehr.
Außerdem bekam ich sechs Komplimente von Mitschülern. Diese Sheridan sagte, ich wäre der perfekte Bryanboy. Kompliment oder Beleidigung? Ich googelte es sofort. Bryan Grey Yambao oder »Bryanboy« ist ein Modeblogger von den Philippinen mit mehr als 200 000 Lesern. Also eindeutig ein Kompliment.
Es wurde sogar noch besser. Duffy stellte mich seinen Freunden Hud und Coops als »größte Unterstützerin seiner guten Sache« vor. Und das Allerbeste? Duffy redet in der Schule mit mir. Duffy redet zu Hause mit mir. Heute hat er mich Lil genannt.
Natürlich hatten meine Eltern Fragen. Die Lily, die sie aufgezogen haben, trug keine Jeans mit Sprühfarbe oder Nietenjacken. Also wollten sie natürlich wissen, woher ich das Geld dafür hatte und – was noch wichtiger war – wann meine Kleidung so »sui generis« geworden ist. Sie fragten, mit wem ich mich herumtrieb und ob Blakes Stil auch »in Gefahr« wäre. Ein »Sag Nein zu Drogen«-Vortrag nahm Fahrt auf. Daraus würde sich zweifellos ein Tornado elterlicher Besorgnis entwickeln, der mich schnurstracks zurück ins Homie-Land blasen konnte. Diesem Sturm konnte ich nur trotzen, wenn ich ihre Ängste im Sturmkeller einsperrte. Also musste ich lügen.
Neustart.
»Weißt du, was, Mom? Ich wurde eingeladen, dem angesehenen Noble High Styling Club beizutreten oder High Style, wie er meistens genannt wird.«
»Was ist so High Style an einem Shirt mit einem unechten Blutfleck?«
»Sieh hinter das Shirt. Betrachte, was es repräsentiert.«
»Einen Schlachthof?«
(Seufz.) »Vielleicht erkläre ich es nicht richtig. Vergiss Mode. Wenn du an Mode denkst, ist es kein Wunder, dass du irritiert bist. Denk an Politik. Denk an den Stil von Politik.«
»Ich weiß nicht, was ich denken soll.« Sie verzog das Gesicht, als würde ich übel riechen.
»Dieses Shirt drückt das Leid der Kinderarbeit in den Ländern der Dritten Welt aus.«
»Und was sagt diese Jeans? Mir ist die Leinwand ausgegangen?«
»Sie sind ein Tribut an die Graffiti-Bewegung von New York City um 1972.«
»Wohl eher eine Beleidigung.«
»Graffiti ist die Ausdrucksweise der Großstadtkinder. Es ist ein politischer Protest, ausgedrückt in einer Kunstform. Und High Style ist genauso. Es geht nicht darum, wen wir tragen, sondern warum wir tragen. Verstanden?«
»Und wer bezahlt für diese…überaus künstlerische Ausdrucksform?«
»Das ist das Beste daran.« Ich lächelte.
»Ist es?«
»Jepp.«
»Ja, nicht jepp.«
»Ja.«
»Nun?«, fragte sie.
»Wir machen die Sachen selbst.«
»Das erklärt die Passform.«
»Häh?«
»Wie bitte.«
»Wie bitte?«
»Lily, du musst zugeben, dass sie ein wenig maskulin wirken, findest du nicht?«
»Ganz genau ! Ich wusste, du würdest es erkennen. Der typische Protestler ist männlich. Jetzt weißt du auch, wieso ich es kaum erwarten kann, dass wir mit der Umsetzung der Frauenbewegung beginnen.«
»Und wann wird das sein?«
»Im Frühling. Sobald es warm wird. Wegen der Röcke und allem.«
»Ich verstehe«, sagte sie, doch die Furche zwischen ihren Brauen verriet das Gegenteil.
Neustart.
Vanessa fragte, woher die Inspiration für meinen neuen »Look« kam. Sie sagte, die anderen würden über mich reden, und wollte wissen, was aus »Gib dich unauffällig« geworden war. Ich entgegnete, dass sie genauso über mich getratscht hatten, als ich noch Sweatshirts trug. Und dass es jetzt wenigstens tolle Sachen wären. »Stimmt auch wieder«, antwortete sie.
Blake war jedoch schwerer zu überzeugen.
»Hast du eine Wette verloren?«
»Nein.«
»Den Verstand?«
»Nein!«
»Bist du einem Zirkus beigetreten?«
»Nein.«
»Einer Band?«
»Nein.«
»Einer Schaustellertruppe?«
»Nun hör schon auf! Ich experimentiere nur.«
»Mit Zeug aus Lady Gagas Altkleidersack?«
»Besser als die Brüder Wright.«
»Besser als die Brüder Wrong.«
»Besser als die Coxsackie-Schwestern.«
Ich alberte herum, um Blakes Fragen auszuweichen. Es funktionierte eine ganze Woche, doch gestern verriet ich mich.
Er kam nach der Schule vorbei, zum »Hundeskaten«. Wir standen auf unseren Boards, hielten die Leinen und ließen sie rennen. Es fühlte sich an, als würde man Wasserski fahren. Wir hatten so viel Spaß,
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