Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens
stieß der Sappeur nicht nur auf die ersten aufrührerischen Grasstreifen, sondern auch auf ein weiteres Stück von Emroths Körper. Und er blieb stehen. Starrte einige Zeit nach unten. Drehte sich dann langsam um und musterte den Weg, den er gekommen war, die Grenze zwischen Eis und Erde.
Farl ved ten ara. Wahrhaftig, ein Refugium. »Scheiße«, murmelte er. Und was noch schlimmer war, sie hatte es ihm gesagt. Ein Ort, an dem das Ritual nicht existiert.
Nach einem langen Moment wandte sich Igel wieder dem vor ihm liegenden Wald zu. Er trat über das zerfetzte, abgetrennte linke Bein, das blutend im Gras lag. Fleisch und Blut, ja. Das Bein einer Frau. Und verdammt wohlgeformt, was das betraf.
»Scheiße«, sagte er noch einmal und ging rasch weiter. »Fid ist derjenige mit dem weichen Herz, ja, er ist das. Fiedler. Nicht ich. Nicht ich.« Er wischte sich über die Wangen, verfluchte die Geisttränen auf seinem Geistgesicht, und dann stapfte der Brückenverbrenner weiter, wieder einmal allein in dieser faden, wenig reizvollen Sphäre der Toten. Ein paar hunderttausend Jahre lang untot. Eine Gebrochene, eine Gefallene, dann wiederauferstanden, genug, um wieder laufen zu können. Und dann, schließlich, vielleicht dreißig Schritte von der Rückkehr ins Leben entfernt …
Eine grimmige Lektion darüber, was passiert, wenn man sich den falschen Begleiter aussucht.
Er stapfte weiter auf den Wald zu. Unter den starken Asten endlich das schwere Wogen von schmerzhaft grünem Frühlingslaub. Das Summen und Wirbeln von Insekten, das Zwitschern von Vögeln. In den Wald, ja, damit das abgetrennte Bein, das Grenzland, der dampfende Krater endlich aus seinem Blickfeld verschwanden.
Scheiße!
»Verdammt weich von dir, Fid. Aber wir sind im Krieg, wie ich es dir immer wieder sage. Wir sind im Krieg. Und es ist mir egal, ob es eine verdammte Todesbrücke der Jaghut ist, es ist immer noch eine Brücke, und du weißt, was wir mit Brücken machen, oder?«
Ein Refugium.
Aber keine Zuflucht für mich.
Die jungen Emiava waren so schwer wie Hirtenhunde, hatten aber kürzere Beine und waren längst nicht so lebhaft. Eigentlich wollten sie nur schlafen. Und fressen. Sie zu tragen bedeutete an den ersten paar Tagen, tödliche Hiebe mit den Krallen und erschreckende Sprünge mit weit aufgerissenem Maul herauszufordern. Ohne sich um die makabre Ironie Gedanken zu machen, benutzte Onrack das Fell, das er ihrer Mutter abgezogen hatte, um daraus einen Sack anzufertigen. Nachdem die Enden an einem gefällten Schössling befestigt worden waren, konnten der Imass und der Schnelle Ben oder Trull die beiden fauchenden, strampelnden Kreaturen in ihrem grässlichen Sack zwischen sich tragen. Die Ay kamen niemals wieder dicht heran.
Bei den Jungen handelte es sich um ein Männchen und ein Weibchen, deren graues Fell noch keine Streifen aufwies und eher den blassen Farbton von Asche als den dunklen Eisenton ihrer Mutter hatte. In der Höhle war noch ein drittes Junges gewesen, das schon eine Woche oder länger tot gewesen sein musste. Der Zustand des Leichnams deutete daraufhin, dass seine Geschwister beschlossen hatten, es auszulöschen. So erging es den Schwachen in dieser und in allen anderen Welten.
Trulls Gefühl, ein Wunder mitzuerleben, erwachte jedes Mal aufs Neue, wenn er Onrack anblickte. Ein Freund aus Fleisch und Blut war wirklich eine Offenbarung. Er hatte sich schon seit langem für jemanden gehalten, der weit über ein solch tiefes, langanhaltendes Erstaunen hinaus war. An dem Tag, als er von seinem Bruder geschoren worden war, war es ihm vorgekommen, als sei sein Herz gestorben. An Stein gekettet und auf das kalte Wasser und das Verfaulen wartend, das es versprach, schien der Muskel, der die Gezeiten seines Blutes formte, mit zunehmender Trägheit gearbeitet zu haben.
Selbst damals war ihm der vertrocknete Leichnam - Onrack -, der dort hingekommen war, wo er in Fesseln gelegen hatte, wie eine unwahrscheinliche Erlösung vorgekommen.
Trull erinnerte sich daran, dass er mit dem T’lan Imass hatte diskutieren müssen, um befreit zu werden. Der Gedanke erheiterte ihn immer noch. Onrack war ein Etwas aus knarrenden Sehnen, Muskelsträngen und in sich verdrehten Knochen gewesen - und die gestaltgewordene Gleichgültigkeit. So vollkommen achtlos dem Leben gegenüber und dessen Kampf ums Fortbestehen, wie es nur ein lebloses Etwas sein konnte.
Und daher war Trull einfach mitgetrottet, nicht bereit, sich die allmählich
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