Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
»Ich mag diesen Gang überhaupt nicht, Lord. Wenn ich hier entlanggehen muss, sehe ich weder nach links noch nach rechts.«
Rake brummte. »Er ist in der Tat ein Fehdehandschuh der Schuldzuweisung.«
»Er mahnt uns, Lord, nicht zu vergessen, dass manche Dinge sich niemals ändern.«
»Du musst dich losreißen, Endest. Diese Verzweiflung kann … die Seele verwüsten.«
»Ich habe gehört, dass es einen Fluss gibt, der in die Bucht von Korall mündet. Eryn oder Maurik. Er scheint unermesslich tief zu sein.«
Anomander Rake, der immer noch den Wandteppich musterte, nickte.
»Spinnock Durav hat ihn gesehen, ist an seinem Ufer entlanggegangen. Er sagt, dieser Fluss erinnert ihn an Dorssan Ryl … an seine Kindheit.«
»Ja, es gibt ein paar Ähnlichkeiten.«
»Ich dachte, wenn Ihr ein Weilchen auf mich verzichten könntet …«
Sein Lord drehte sich zu ihm um und lächelte. »Eine Wallfahrt? Natürlich, Endest. Das heißt, falls du binnen eines Monats wieder hier sein kannst.«
Oh, sind wir so nah dran? »Ich werde nicht lange bleiben, Lord. Ich will ihn nur mit eigenen Augen sehen, das ist alles.«
Anomander Rakes Blick war ein bisschen schärfer geworden, und der bernsteinfarbene Schimmer hatte sich so weit abgeschwächt, dass er aussah wie … wie Schlamm. »Ich fürchte, du wirst enttäuscht sein. Das ist nichts weiter als ein tiefer Fluss. Wir können die Vergangenheit nicht berühren, alter Freund.« Er sah wieder den Wandteppich an. »Und die Echos, die wir zu hören glauben, nun ja, die täuschen . Sei nicht überrascht, Endest, wenn du nichts von dem findest, was du suchst … aber all das, was du fürchtest.«
Und was glaubst du, was ich suche, Lord? Ich werde nicht fragen, was ich deiner Meinung nach fürchte, denn auf diese Frage kennst du die Antwort. »Ich dachte, der Gang würde mir guttun.«
»Und das wird er auch.«
Und jetzt, am darauffolgenden Tag, saß er in seinem Zimmer. Ein kleiner lederner Sack mit Vorräten lag neben der Tür. Und der Gedanke an einen Fußmarsch – einen langen Fußmarsch im gleißenden Sonnenlicht schroffe Berghänge hinauf – schien auf einmal nicht mehr so verlockend. Das Alter bewirkte so etwas, es nährte die Wünsche und ließ dann den Willen verhungern. Und was würde es ihm letztlich bringen, den Fluss zu sehen?
Vielleicht eine Mahnung im Hinblick auf Illusionen, eine mahnende Erinnerung, dass in einer Sphäre, die für immer außer Reichweite war, die Ruinen einer einst großartigen Stadt standen und dass um diese Ruinen herum Dorssan Ryl floss, der weiterlebte, unerbittlich in seiner perfekten Abwesenheit und darin, seine Spiele des Daseins zu spielen. Ein Fluss aus reinster Dunkelheit, das Lebenselixier der Tiste Andii, und wenn die Kinder fort waren, nun ja, welchen Unterschied machte das schon?
Kinder werden immer weggehen. Kinder werden die alten Wege verlassen, und die alten Narren mit all ihren sinnlosen Ratschlägen können in den leeren Raum hineinmurmeln und grummeln und nicken, wenn die antwortenden Echos kommen. Steine und Mauerwerk geben ein ideales Publikum ab.
Nein, er würde diese Reise machen. Er würde den Grillen des Alters trotzen, unermesslich und unverspottet unter den Augen der Jungen. Eine einsame Wallfahrt.
Und all diese Gedanken, die jetzt so milde und eigensinnig schienen, würden dann vielleicht ihren Wert enthüllen, würden grässliche Echos vorantreiben, auf jenen zukünftigen Moment der Offenbarung zu. Ha! Glaubte er an so etwas? Besaß er den notwendigen Glauben?
»Stelle keine Frage, der Fluss wird antworten.«
»Frage den Fluss, finde die Antwort.«
Die Verrückten Dichter hatten ein ganzes Leben damit verbracht, tiefgründige Kriege in ihrer kunstvollen Prosa zu führen. Und hatten damit was erreicht? Tja, also … den Zusammenbruch und die Auslöschung ihrer Tradition.
Fasse das in zwei Sätzen zusammen.
»Du musst eine Reise machen.«
Spinnock Durav brachte ein Lächeln zustande. »Wann, Lord?«
Anomander Rake streckte die Beine aus, bis seine Stiefel den Flammen des Kamins ziemlich nahe kamen. »Bald, glaube ich. Sag mir, wie läuft das Spiel?«
Spinnock blinzelte ins Feuer. »Nicht gut. Oh, ich gewinne jedes Mal. Es ist nur so, dass mein bester Gegner in letzter Zeit schlecht abschneidet. Unglücklicherweise ist er mit seinen Gedanken nicht bei der Sache. Ich gerate nicht unter Druck, und das nimmt dem Spiel viel von seinem Spaß.«
»Das müsste dann Domänenser sein.«
Spinnock blickte auf; er war
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