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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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gehen die Geschäfte?«

3.
    Zum ersten Mal war ich im Sommer des Jahres 1441 auf Gregor von Weiden aufmerksam geworden. Ich zählte elf Jahre, und meine Welt bestand im Wesentlichen aus dem Zirkel der Ministranten, die Bischof Peter und den Vikaren des Doms und von Sankt Moritz bei den Gottesdiensten halfen. Meine Mitstreiter waren meine Brüder, mehr als jene unglücklichen kleinen Würmer, die meine Mutter in Abständen schmerzvoll zur Welt brachte und nach wenigen Monaten oder Jahren ebenso schmerzvoll zu Grabe trug; der Bischof war mehr mein Vater als der düstere, ständig arbeitende Mann, der murmelnd durch das Haus ging und seinen einzigen überlebenden Sohn erst bemerkte, wenn er ihm beim Spielen zwischen die Beine geriet; und die Pröpste, Vikare, Priester und Kapläne der bischöflichen Stiftungskirchen waren der Ersatz für die Oheime und Mentoren, die das abweisende Gehabe meines leiblichen Vaters längst aus dem Umkreis der Familie verscheucht hatte. Selbst wenn ich nicht für den Gottesdienst eingeteilt war, schlich ich im Morgengrauen aus unserem Haus und stellte mich im Dom, in Sankt Moritz, Sankt Peter oder Sankt Gertrud ein, um der Messe zu lauschen und meine Freunde bei ihren Verrichtungen zu beobachten. Ich beneidete sie, wenn der Bischof selbst das Hochamt bestritt, denn er pflegte mit dem Messwein, der aus seinem eigenen Keller kam, stets großzügig umzugehen. Und ich lauschte wie sie mit Spannung seinen donnernden Predigten, die an Lautstärke zunahmen, wann immer er mit der Stadt wegen der Rückgewinnung der alten bischöflichen Rechte im Streit lag. Genauso litt ich mit ihnen, wenn der Propst von Sankt Peter den Gottesdienst abhielt, der aus der angesehenen Familie der Rehlinger stammte und ständig ergrimmt war überden sekundären Status, den seine Kirche gegenüber dem Dom einnahm, und jede kleine Unaufmerksamkeit mit schmerzhaften Rippenstößen vergalt, die er so geschickt verteilte, dass sie den Messebesuchern niemals auffielen.
    Wir waren eine Gruppe von zwölf Jungen im Alter zwischen acht und vierzehn Jahren, die ständig zusammenhingen und in Waldstücken außerhalb des Jakobertores oder in der Wolfszahnau im Lech badeten, sich Stechen auf imaginären Streitrossen über imaginären Planken lieferten oder – im Fall der älteren Burschen – seufzend Sonette an ebenso imaginäre Geliebte verfassten. Der Bischof nannte uns zuweilen seine zwölf Apostel, doch das tat er nur, wenn er den Messwein allzu reichlich in den Kelch gegeben hatte. Wie die Jünger des Herrn hielten wir zusammen und sahen zu Bischof Peter als der letztgültigen Instanz in allen geistigen und weltlichen Fragen auf; und wie für die Apostel kam auch für uns der Tag, an dem alles, was wir zu wissen dachten und zu fühlen geglaubt hatten, auf die Probe gestellt wurde.
    Sie waren nur zu dritt, aber durch ihre Gewalttätigkeit machten sie ihre geringe Anzahl mehr als wett. Ihr Anführer war ein großer, ungeschlachter Kerl mit blondem Schopf und wasserhellen, dicht zusammenstehenden Augen. Sein Name war Veit; er lebte mit seiner Mutter in der verrufenen Gegend hinter dem Jakobertor. Während er mit seinen Kumpanen durch die Gassen um das Pilgerhaus strich und den verkrüppelten Bettlern und den anderen Gassenkindern Tribut abpresste, verdiente seine Mutter ihren jämmerlichen Lebensunterhalt damit, dass sie sich für die Pilger hübsch machte (dies war der Euphemismus, den die älteren Ministranten kichernd und mit bedeutsamem Augenrollen verwendeten, wenn die jüngeren sie über das Thema befragten; als ich selbst zu einem der älteren Ministranten wurde, gebrauchten wir untereinander alle anderen Ausdrücke, die uns in den Sinn kamen und in unseren Lenden kitzelten, wenn wir über die Frauen sprachen, die sich in den Badehäusern beim Jakobertor oder heimlich in ihren Bruchbuden prostituierten). Es ging die Legende, dass Veit der Bastardvon Georg Onsorg war, einem der Augsburger Patrizier, dessen Familie Bischof Peters Vorgänger, Bischof Anselm, so viel Geld geliehen hatte, dass Bischof Peter ihm das Dorf Göggingen verpfänden musste. Onsorg äußerte sich meines Wissens nie zu der angeblichen Vaterschaft; ob er im Stillen Geld fließen ließ, war mir nicht bekannt. Tatsache war, dass Veits Mutter kurze Zeit als Magd im Onsorgschen Hause beschäftigt gewesen war und dass die Söhne von Georg Onsorg ebenfalls hoch gewachsene, blonde Hünen waren, die ihre Gesprächspartner mit tief liegenden, klaren blauen Augen

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