Das Spiel geht weiter
kleine Kollektion. Wenn Sie möchten, helfe ich Ihnen gerne, aber Sie können sich auch gern allein umsehen.«
»Um genau zu sein … ich habe heute Abend eine Verabredung zum Abendessen und nichts anzuziehen.«
»Es ist immer dasselbe, nicht wahr?«
»Ich meine, wortwörtlich nichts.« Als die Verkäuferin von diesem Geständnis nicht im Mindesten schockiert zu sein schien, fasste Darcy sich ein Herz und fuhr fort: »Ich schätze, ich brauche ein Kleid.«
»Dachten Sie an etwas Elegantes, oder soll es eher sportlich sein?«
»Ich habe keine Ahnung.« Darcy ließ ihren Blick über die Abendkleider und Cocktailkostüme schweifen. »Er hat nichts gesagt.«
»Abendessen allein zu zweit?«
»Ja. Oh.« Sie drehte sich zu der Frau um. »Es ist kein Rendezvous, falls Sie das meinen.«
Die Angestellte legte den Kopf schräg. »Ein Geschäftsessen?«
»Sozusagen. Nehme ich jedenfalls an.« Nervös schob Darcy sich das Haar aus der Stirn. »Ja, das muss es wohl sein.«
»Ist er attraktiv?«
Darcy verdrehte die Augen. »Das beschreibt ihn nicht annähernd.«
»Sind Sie interessiert?«
»Eine Frau müsste blind oder tot sein … Aber es ist nicht diese Art Treffen.«
»Vielleicht wird ja doch noch was daraus. Dann schauen wir mal.« Die Lippen gespitzt, musterte die Verkäuferin Darcy. »Feminin, aber nicht verspielt, sexy, aber nicht aufdringlich. Ich denke, ich habe da ein paar Sachen, die Ihnen gefallen könnten.«
Die Verkäuferin hieß Myra Proctor. Sie arbeitete seit fünf Jahren in der »Dusk to Dawn«-Boutique, seit sie und ihr Mann von Los Angeles nach Las Vegas gezogen waren. Er arbeitete im Bankwesen, und sie war im Einzelhandel tätig, seit sie denken konnte. Sie hatten zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Das Mädchen war eben dreizehn geworden und würde garantiert dafür sorgen, dass ihre Mutter verfrüht graue Haare bekam. Obwohl Myras Haare im Moment rostrot waren.
Das alles hatte Darcy erfahren, weil sie gefragt hatte. Und ihre Fragen halfen ihr, sich zu entspannen, während Myra Kleider herantrug und wieder wegräumte.
Ein Cocktailkleid, eine strassbesetzte Jacke, eine Abendhandtasche und ein paar glitzernde Ohrringe später gab Myra Darcy einen sanften Schubs in Richtung Schönheitssalon.
»Fragen Sie nach Charles«, riet Myra. »Sagen Sie ihm, dass ich Sie geschickt habe. Er ist ein Genie.«
»Was ist denn mit Ihrem Haar passiert?«, fragte Charles entsetzt, als Darcy es sich in dem gepolsterten Chromstuhl bequem gemacht hatte. »Ein Arbeitsunfall? Ein Chemieunglück? Eine chronische Krankheit? Mäuse?«
Darcy krümmte sich vor Verlegenheit unter dem weißen Cape, das man ihr umgelegt hatte. »Ich fürchte, ich bin dafür verantwortlich. Ich habe es mir selbst geschnitten.«
»Würden Sie sich auch selbst den Blinddarm herausnehmen?«
Sie konnte nur betreten mit den Schultern zucken, während er sie streng mit zusammengezogenen dunklen Augenbrauen musterte. »Nein. Nein, das würde ich nicht.«
»Ihr Haar ist ein Teil Ihres Körpers und verlangt professionelle Behandlung.«
»Ich weiß. Sie haben recht.« Es kitzelte in ihrer Kehle, und Darcy schluckte. Es war keineswegs angebracht, jetzt in Gekicher auszubrechen, auch wenn es nur ein Zeichen von Unsicherheit war. Sie lächelte entschuldigend. »Es war ein Impuls, ein rebellischer Akt, genau genommen.«
»Wogegen?« Er ließ seine Finger in ihr Haar gleiten, zupfte und kämmte und knetete. »Gegen eine gute Frisur?«
»Nein. Nun, da war dieser Mann … und er hat mir ständig gesagt, wie ich mein Haar tragen sollte, wie es frisiert sein sollte. Und das hat mich so wütend gemacht, dass ich einfach zur Schere gegriffen habe.«
»War dieser Mann etwa Ihr Friseur?«
»Oh nein. Ein Geschäftsmann.«
»Ha! Dann hatte er kein Recht, Ihnen vorzuschreiben, wie Sie Ihr Haar zu tragen haben. Das war sehr mutig von Ihnen, es einfach abzuschneiden. Dumm, aber mutig. Wenn Sie das nächste Mal rebellieren wollen, gehen Sie zu einem Profi.«
»Das werde ich.« Sie seufzte. »Glauben Sie, Sie können noch etwas retten?«
»Mein liebes Kind, ich habe schon viele Wunder vollbracht.« Er schnippte mit den Fingern. »Waschen«, befahl er seiner Angestellten und wandte sich ab.
Darcy hatte sich nie mehr verwöhnt gefühlt in ihrem Leben. Es war einfach wunderbar, sich zurückzulehnen, sich das Haar waschen und den Kopf massieren zu lassen. Selbst als sie wieder in Charles’ Stuhl saß, spürte sie nichts von der Nervosität, die
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