Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen
vor ihm stehen. » Hey, du musst hier nicht auf der Lauer liegen. Wenn du uns gefragt hättest, hätten wir uns auch so fotografieren lassen. «
Und das stimmt, denn wir haben etwas Interessantes über den Ruhm gelernt. Diejenigen, die am meisten danach gieren, sind diejenigen, die das Publikum am wenigsten sehen will. Deshalb lassen Ian und ich uns bereitwillig fotografieren, wenn wir darum gebeten werden. Wir hoffen, dass wir umso uninteressanter werden, je demonstrativer wir uns zur Schau stellen.
Aber dieser Typ hat nicht gefragt. Also muss er die Konsequenzen tragen. Ian und ich zücken unsere Handys und beginnen, den Beobachter zu filmen.
Er hält sich die Hände vors Gesicht, um unerkannt zu bleiben. » Was soll denn das? « , jammert er.
» Das ist für eine neue Website « , grinst Ian. » Sie heißt: Guck mal, wer da stalkt! Bitte lächeln! «
Fluchend dreht sich der Kerl um und läuft davon. Unsere Taktik funktioniert. Meine Aufnahme ist wahrscheinlich verschwommen und zittrig, weil ich immer noch kein neues Handy habe. Aber es gibt Schlimmeres als eine lausige Handykamera.
Eine Meile weiter bleiben wir an einer Holzbank stehen und setzen uns. Ian zieht mich auf seinen Schoß und küsst mich warm und zärtlich, aber ich bin nicht wirklich entspannt. Immer wieder spähe ich zwischen den Bäumen hindurch und frage mich, ob wir wirklich allein sind.
Wir haben lange überlegt, wie wir unsere morgendlichen Treffen etwas verborgener halten könnten, aber sowohl Ians als auch mein Zuhause kommen dafür nicht infrage. Und selbst wenn wir an den entlegensten Stellen geparkt haben, wurden wir von irgendwelchen Irren aufgestöbert, die mit ihren Kameras durch die Fensterscheiben filmten. Ich kann verstehen, warum diese andere Spielerin, Abigail, seit Wochen im Hinterland von Virginia verschwunden ist. Auch wenn ich mir nichts mehr wünsche, als die Macher von Risk zur Strecke zu bringen, hofft ein kleiner Teil in mir auch darauf, dass am nächsten Samstag wie geplant die nächste Runde beginnt und die Aufmerksamkeit auf neue Spieler lenkt. Ein schrecklicher Wunsch, ich weiß.
Als ein paar Jogger an uns vorbeikommen, stehen wir auf und laufen weiter. Es verspricht ein schöner, klarer Tag zu werden. Vielleicht können Syd und ich mit unserem Fotografiekurs später ein paar Freilichtaufnahmen machen. Nach der Schule und abends arbeite ich mittlerweile regelmäßig an meiner Bewerbungsmappe für die Zulassung zum Modedesign-Studium. Wer braucht schon Risk, um seine Träume zu verwirklichen?
Unsere Laufrunde ist viel zu schnell vorbei. Ian und ich trennen uns nach einem langen Kuss, dann steige ich ins Auto. Als ich losfahre, bemerke ich, dass es im Wagen wie in einer Imbissbude riecht, so als hätte jemand gebratenen Speck darin gegessen. Kommt der Geruch durch die Lüftung? Oder…? Ich drehe mich um und sehe nach, ob sich jemand auf dem Rücksitz versteckt hat. Er ist leer, aber ich spüre trotzdem, wie ich zittere. Wird es denn niemals ganz aufhören?
Zu Hause begrüßen mich meine Eltern mit einem erleichterten Lächeln, so wie immer, wenn ich laufen gegangen bin. Ich weiß, dass es sie ihre ganze Willenskraft kostet, mir wenigstens so weit zu trauen, deshalb tue ich alles, um mir dieses Vertrauen auch zu verdienen. Dass ich ihnen alles über Risk erzählt habe, hat den unerwarteten Nebeneffekt, dass sie jetzt wissen, wie sehr ich an meinem Leben hänge. Ich glaube, langsam sehen sie ein, dass das damals in der Garage tatsächlich ein Unfall war. Und wenn ich richtig Glück habe, lockern sie meine lebenslange Gefängnisstrafe nächsten Monat vielleicht ausnahmsweise mal, damit ich mit Ian zu einer Veranstaltung von Habitat for Humanity gehen kann.
» Hast du etwas bestellt? « , fragt Mom und deutet in den Flur. » Das stand draußen, als ich die Blumen gießen wollte. «
Als würde ich mit meinem wenigen Geld irgendwas anderes tun, als es für mein Studium zu sparen. Ich sehe zum Tisch an der Tür, auf dem ein Paket liegt. Aber die Post war heute doch noch gar nicht da, oder? Vielleicht stand das Paket noch von gestern draußen. Der Absender ist eine exklusive New Yorker Boutique, deren Schriftzug in goldgeprägten Buchstaben auf die Pappe gedruckt ist. Auch der Poststempel ist aus New York. Eigentlich deutet nichts darauf hin, dass eine Bombe darin sein könnte, trotzdem flackert mein Verfolgungswahn wieder auf.
Als ich den Karton öffne, finde ich inmitten des Durcheinanders von recyclefähigem
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