Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

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    » Muss an der ganzen aufgestauten Energie liegen « , sage ich, und alle brechen in lautes Gelächter aus. Obwohl ich meine Bemerkung selbst gar nicht so wahnsinnig lustig fand, tut mir ihr Lachen gut.
    Ich wedle mit meinem Handy. » Hoffentlich habt ihr gute Aufnahmen davon, wie sie uns rausgeworfen haben. «
    Je mehr Beweise, desto besser.
    Ian atmet immer noch schwer, lächelt aber in die Kamera und wirft sich in Pose, als stünde er auf dem roten Teppich. Am liebsten würde ich ihn dafür umarmen, dass er mich da drinnen beschützt hat. Mein Herz schlägt wie das eines Zehnkämpfers, und je lauter die Leute jubeln, desto besser geht es mir. So müssen sich Stars fühlen, die auf ihre Fans treffen.
    Auf Ians Vorschlag hin führen wir einen kleinen Siegestanz für unsere Bewunderer auf und singen ein paar Zeilen aus » unserem « Song. Irgendwann stimmen die Leute neben uns mit ein, dann die dahinter, und schließlich johlen und tanzen alle auf dem Parkplatz. Was für ein Rausch! Unfassbar, dass ich mit hundert Fremden so viel Spaß haben kann, vor allem weil im Gebäude hinter mir weitere hundert Fremde sind, die mich nur zu gerne verprügeln würden.
    Mitten im Trubel höre ich auf einmal ein Geräusch wie von einem schreienden Kind, obwohl gar keine Kinder da sind. Komisch. Außerdem merke ich, wie mein Telefon vibriert. Ich sehe aufs Display. Risk schickt seine Glückwünsche. Ian und ich halten triumphierend unsere Handys hoch.
    » Noch eine Challenge! Noch eine Challenge! « , rufen die Leute.
    Ob ich das schaffe? Die letzte war schon unglaublich hart. Als Spieler kann man zwar jederzeit aufhören, aber soweit ich weiß, ist letzten Monat niemand freiwillig ausgestiegen.
    In der eben noch so aufgekratzten Menge macht sich erwartungsvolle Stille breit. Die auf mich gerichteten Blicke lassen tausend Ameisen über meine Haut krabbeln, doch irgendwie scheinen wir alle miteinander verbunden, wie ein Tier mit hundert Lungen, die alle gleichzeitig ein- und ausatmen. Ich habe Gänsehaut, aber ich lache mit der Menge.
    Was sagen meine Freunde dazu? Irgendjemand hat uns bestimmt zugesehen. Ich checke noch mal mein Handy, aber das Display zeigt nichts an. Keine einzige SMS ? Von niemandem? Ich versuche, Tommy und ein paar anderen Freunden zu schreiben, bekomme aber immer nur eine Fehlermeldung. Also versuche ich, jemanden anzurufen. Nichts geht. Selbst der Zugang zu meiner ThisIsMe-Seite ist blockiert. Plötzlich fühle ich mich inmitten der vielen Leute einsam.
    Wieder höre ich das Kinderrufen, diesmal klingt es spöttisch, und ich erkenne endlich, dass das Geräusch aus meinem Handy kommt. Die Leute von Risk müssen meinen Klingelton geändert haben. Und ihre Nachrichten kommen problemlos durch. Na wunderbar, ihre tolle App stellt zwar einen » schnellen Zugang « zur Verfügung, blockiert dafür aber alles andere. Hätte ich mir ja denken können.
    Ich lese die Nachricht, die im Grunde genommen eine Statusmeldung ist. Wir haben mehr Zuschauer gehabt als die meisten anderen Challenges, die gleichzeitig stattfanden, daher gibt es für die nächste Challenge eine Sonderprämie. So viele Leute schauen uns zu? Ich sehe an mir herunter, um zu prüfen, ob mein T-Shirt zerrissen oder wieder nass geworden ist. Nein, alles ganz züchtig.
    Auch Ian sieht auf sein Telefon. » Anscheinend sind wir ziemlich beliebt. «
    Beliebt? Ja? Und wer sieht uns zu? Matthew vielleicht? Was hält er jetzt von der kleinen Vee?
    » Ich bin gespannt, was die von Risk uns als Nächstes anzubieten haben « , meint Ian.
    Es muss mindestens genauso verlockend sein wie die Schuhe, das Kleid und der Tag im Spa. Vielleicht eine Reise nach New York? Das wäre ein Traum.
    Die Menge fängt wieder an zu jubeln und mir wird ganz warm dabei. Die Leuchtreklame über uns taucht alles in buntes Licht.
    » Sollen wir uns in mein Auto setzen, während wir auf die nächste Challenge warten? « , fragt Ian lächelnd. » Es steht gleich da drüben. «
    Er zeigt auf einen grauen Volvo ein paar Meter entfernt. Ein vernünftiges Auto für einen Jungen, der hilft, Obdachlosenheime zu bauen.
    Ich nicke. Es wird mir guttun, ein bisschen Ruhe zu haben, um das alles zu verdauen. Wir winken den Beobachtern zu, gehen zum Wagen und steigen ein. Mit dem Schließen der Tür empfängt uns angenehme Stille.
    » Tja, Partner. Wie es aussieht, haben wir eine Live-Runden-Challenge bestanden « , sagt Ian.
    Kaum zu glauben, dass wir immer noch fast Fremde sind. Verstohlen