Das Spiel
Aufzugschacht zur oberen Ebene. Dort stiegen die meisten Leute ein. Harris und Viv wollten ganz sicher nicht auffallen. Deshalb waren sie wahrscheinlich dem Gang bis hier unten gefolgt.
»Sind Sie denn sicher, daß er nicht allein runtergegangen ist?« erkundigte sich die Frau in der Zentrale.
Janos wollte gerade antworten, hielt jedoch inne. Es war weder Intuition, wie seine erste Frau es genannt hatte, noch Jagdinstinkt. Das hatte seine zweite vermutet, doch beide hatten sich geirrt. Es war kühle Überlegung. Folge deiner Beute nicht einfach, denke wie sie. Harris und Viv saßen in der Falle. Und würden nach jedem Sicherheitsnetz greifen, das sie fanden ...
Janos ging mit einem Schritt um das schmale Paneel und betrachtete die Rückseite. Dort steckten zweiundfünfzig numerierte Nägel auf dem viereckigen Brett. Die beiden Plaketten fielen ihm sofort ins Auge. 15 und 27. Zwei Plaketten. Sie waren noch zusammen.
Er nahm die beiden Plaketten von dem Brett und betrachtete sie. Spielen tun wir alle, dachte er. Man sollte nur nicht vergessen, daß irgendwann auch jeder mal verliert.
49. KAPITEL
»Ob sie schon wissen, daß wir hier sind?« Viv schaltet ihre Grubenlampe aus.
Ich sehe mich in dem Laboratorium um. Die Halterungen für die Kameras sind bereits an den Wänden befestigt, und auch die Drähte sind vorbereitet. Die Überwachungskameras selbst sind jedoch noch nicht installiert. »Ich glaube, die Luft ist rein.«
Viv glaubt mir kein Wort mehr. »Hallo ... ? Jemand zu Hause?« ruft sie.
Niemand antwortet.
Ich gehe weiter und deute auf die schlammigen Fußspuren auf dem ansonsten makellos weißen Boden. Sie führen zur äußersten linken Ecke des Labors und von dort in einen breiteren Korridor. Hier gibt es nur einen Ausgang.
»Hast du nicht gesagt, Matthew habe den Landverkauf an Wendell erst vor einigen Tagen erlaubt?« meint Viv, während wir den Spuren in den Korridor folgen. »Wie konnten sie das dann alles so schnell hochziehen?«
»Sie haben sich seit letztem Jahr um dieses Ersuchen bemüht. Vermutlich war es eine reine Formalität. Sie haben wohl erwartet, daß in so einer kleinen Stadt niemand etwas gegen den Verkauf einer aufgegebenen Mine haben würde.«
»Wirklich? Du hast doch mit dem Bürgermeister gesprochen. Sagtest du nicht, er hätte deswegen gegrum-melt?«
»Gegrummelt?«
»Er wäre wütend darüber gewesen«, präzisiert sie.
»Er war nicht wütend, sondern nur verärgert, weil niemand ihn konsultiert hatte. Die anderen sind eher froh darüber. Auch wenn sie nicht genau wissen, was Wendell hier tut, kann ich bis jetzt nichts Ungesetzliches feststellen.«
»Das hängt wohl davon ab, was sie hier unten bauen ...«
Nach ein paar Metern geht rechts vom Korridor ein Raum ab. Ein großes Whiteboard lehnt an einem Akten-schrank mit vier Schubladen und einer Resopalplatte. Daneben steht ein brandneuer Metallschreibtisch, der mir bekannt vorkommt.
»Was?« Viv hat meinen Blick aufgeschnappt.
»Hast du solche Schreibtische schon mal gesehen?«
Sie mustert ihn gründlich. »Weiß nicht. Er sieht irgendwie nichtssagend aus.«
»Vielsagend nichtssagend.«
»Was meinst du denn damit?«
»Bei uns sind gerade einige Mitarbeiterbüros renoviert worden. Unsere juristischen Assistenten haben solche Tische bekommen. Das sind Regierungsmöbel.«
»Harris, solche Tische stehen in fast allen Büros in Amerika.«
»Ich sage dir, es sind Regierungsmöbel«, wiederhole ich.
Viv betrachtet den Schreibtisch. Ich lasse das Schweigen wirken.
»Moment mal ... Willst du damit sagen, daß die Regierung das alles hier gebaut hat?«
»Viv, sieh dich doch um. Wendell wollte die Miene angeblich wegen des Goldes. Es gibt aber kein Gold, und sie bauen auch nichts ab. Wendell gibt sich als kleine Firma aus South Dakota aus und hat mal eben die ganze Höhle hier hochgezimmert. Du siehst es doch selbst. Glaubst du tatsächlich, Wendell wäre das, was sie zu sein vorgeben?«
»Deshalb müssen sie noch lange keine Firma der Regierung sein.«
»Das habe ich auch nicht behauptet«, erwidere ich und trete wieder in den Korridor. »Trotzdem können wir nicht einfach diese ganze Ausrüstung ignorieren, die Labortische, die Vierzigtausend-Dollar-Computerserver, ganz zu schweigen davon, was es gekostet hat, so ein Labor drei Kilometer unter der Erdoberfläche zu bauen. Diese Jungs hier knien nicht im Dreck und schütteln Sand durch ihre Siebe. Wer auch immer Wendell wirklich ist, sie sind eindeutig hinter etwas
Weitere Kostenlose Bücher