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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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wird sie ihre Schale abstreifen, und ihre Klassenkameraden werden sich fragen, wieso sie Viv nie bemerkt haben. Im Moment jedoch sitzt sie hinten in der Klasse und schaut stumm zu. Wie Matthew. Und wie ich. Ich schüttele unwillkürlich den Kopf. Dieses Mädchen ist niemals eine Mörderin.
    »Hören Sie, Viv ...«
    »Ich weiß wirklich nicht, wer dieser Toolie sein soll.« Sie kichert immer noch. »Hat sich Nikki das auch ausgedacht?«
    »Machen Sie sich keine Sorgen um Toolie. Er ist nur ... Er kannte einen meiner Freunde.«
    Das verwirrt sie. »Was hat das mit meinem Namensschild zu tun?«
    »Ehrlich gesagt, versuche ich gerade, das herauszufinden.«
    »Wie heißt Ihr Freund denn?«
    Ich unternehme einen letzten Versuch. »Matthew Mercer.«
    »Matthew Mercer«, wiederholt sie langsam. »Woher kenne ich den Namen?«
    »Sie kennen ihn nicht. Sie haben nur ...«
    »Moment mal, Augenblick«, unterbricht sie mich. »Ist das nicht der Mann, der von dem Wagen überfahren worden ist?«
    Ich nehme ihr das Zeitungsfoto aus der Hand.
    Nun mustert sie mich. »Hatte er mein Namensschild?«
    Ich antworte nicht.
    »Warum sollte er ... ?« Sie hält inne, als sie meinen Blick bemerkt. »Wenn es Sie beruhigt, ich weiß wirklich nicht, wie er an das Schild gekommen ist. Ich verstehe ja, daß Sie wegen des Unfalles Ihres Freundes aufgeregt sind ...«
    Ich schaue hoch, als sie »Unfall« sagt. Sie erwidert meinen Blick. Ihr Mund klappt auf. Das verrät ihr Alter. Ihre Augen sprechen jedoch eine andere Sprache. Ihr Blick hat Tiefe.
    »Was?« fragt sie.
    Ich wende mich ab und tue, als lauschte ich einem Geräusch.
    »Es war doch ein Unfall, oder nicht?«
    »Immer mit der Ruhe«, sage ich und lache gepreßt. »Sie sollten jetzt gehen, Viv. Das ist doch Ihr Name, richtig? Viv? Ich heiße Harris.« Ich gebe ihr die Hand und lege ihr die andere Hand auf die Schulter. Den Trick habe ich von einem Senator. Die Leute reden nicht, wenn sie angefaßt werden. Sie zuckt nicht zurück, sondern starrt mich mit ihren braunen Augen unverwandt an.
    »War es jetzt ein Unfall oder nicht?« fragt sie.
    »Natürlich war es ein Unfall. Ich bin sicher, daß es nur ein Unfall war. Ganz bestimmt. Ich habe nur ... Nachdem Matthew von dem Wagen erwischt worden ist, hat man Ihr Namensschild in einem der Müllcontainer neben dem Unfallort gefunden. Mehr nicht. Keine große Sache. Und kein Grund zur Panik. Ich dachte nur, Sie hätten vielleicht etwas gesehen. Ich habe seiner Familie versprochen, mich umzuhören. Jetzt wissen wir wenigstens, daß es nur Zufall war.«
    Es ist eine sehr gute Rede, und sie würde bei 99 Prozent der Bevölkerung wirken. Nur weiß ich nicht, ob dieses Mädchen nicht vielleicht zu den besonderen ein Prozent gehört. Am Ende habe ich Glück. Sie nickt erleichtert. »Ist mit Ihnen alles okay? Sie haben alles, was Sie wollten?«
    In den zehn Minuten, die unser Gespräch dauert, ist das die schwierigste Frage, die sie gestellt hat. Irgendwie habe ich gedacht, Viv wüßte alle Antworten. Statt dessen habe ich wieder eine Niete gezogen. Jetzt bleibt mir nur noch eine Möglichkeit, die leeren Stellen auszufüllen. Ich muß herausfinden, wer noch bei dem Spiel mitmacht. Matthew hat Akten in seinem Büro, ich habe Notizen in meinem Schreibtisch. Es wird Zeit, den Misthaufen umzugraben. Bedauerlicherweise ist Janos nicht dumm. Sobald ich wieder in mein Leben zurückschlüpfe, wird er mir diesen kleinen Elektroschockkasten auf die Brust setzen. Ich habe schon versucht, Freunde zu aktivieren ... Nur ein Narr würde das noch einmal riskieren. Ich sehe mich in dem winzigen Zimmer um, doch ich kann der Tatsache nicht ausweichen, daß ich keine Chance mehr habe. Es sei denn, ich fände eine Möglichkeit, mich unsichtbar zu machen ... oder Hilfe zu finden.
    »Noch mal danke, daß Sie mein Namensschild gefunden haben«, unterbricht mich Viv. »Sagen Sie mir, wenn ich mich Ihnen dafür erkenntlich zeigen kann.«
    Mein Kopf ruckt zu ihr herum, und ich wiederhole ihre Worte lautlos.
    Es ist nicht gerade die sicherste Wette, die ich jemals abgeschlossen habe, aber da mein Leben im Moment auf dem Spiel steht, bleibt mir kaum eine Wahl. »Viv, ich nerve Sie nicht gern, aber haben Sie das mit dem Gefallen ernst gemeint?«
    »Sicher ... Hat es etwas mit Matthew zu tun? Weil dann ...«
    »Nein, überhaupt nicht«, erwidere ich. »Es ist nur eine kleine Besorgung. Für eine Anhörung, die demnächst angesetzt ist. Sie sind in zwei Minuten rein und

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