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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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schauspielerische Darbietung. Der einzige Weg, das herauszufinden, ist, sie zum Sprechen zu bringen. »Wer hat Ihnen das mit dem Lorax erzählt?« erkundige ich mich.
    Sie errötet. »Sie sagen ihm doch nicht, daß ich es verraten habe? Bitte versprechen Sie es ...« Sie ist wirklich verlegen.
    »Sie haben mein Wort.« Ich tue, als spiele ich mit.
    »Es war LaRue ... Aus dem Waschraum.«
    »Der Schuhputzer?«
    »Sie haben versprochen, nichts zu sagen. Es ist... Wir haben ihn im Aufzug getroffen. Er hat vor sich hingelacht, und Nikki und ich haben ihn gefragt, was denn so komisch wäre. Er hat es uns erzählt, hat uns aber schwören lassen, den Mund zu halten ...« Die Worte sprudeln aus ihrem Mund. Trotzdem schwingt hinter jeder Silbe eine gewisse Panik mit. Vertrauen nimmt sie offenbar nicht auf die leichte Schulter.
    »Sie sind doch nicht verrückt?« fragt sie mich.
    »Warum sollte ich verrückt sein?« Hoffentlich redet sie weiter.
    »Nein ... Es gibt keinen Grund ...« Sie unterbricht sich, und ihr staunendes Lächeln kehrt zurück. »Ich muß schon sagen ... Daß Sie ihm diesen Lorax angesteckt haben ... Das ist ohne Übertreibung der größte Streich aller Zeiten! Außerdem ist Enemark auch das perfekte Ziel. Nicht nur wegen des Streiches, sondern auch wegen des Prinzips.« Ihre Stimme wird lebhafter. Der Idealismus zischt aus ihr heraus wie aus einem Dampfdruckkochtopf. Nichts kann sie jetzt noch aufhalten. »Mein Großvater ... Er war einer der letzten Pullmann-Gepäckträger. Er hat uns gesagt, wenn wir nicht die richtigen Kämpfe aussuchen ...«
    »Haben Sie eigentlich eine Ahnung, in was für Schwierigkeiten Sie stecken?« platze ich heraus.
    Endlich tritt sie auf die Bremse. »Was?«
    Ich habe vergessen, wie es mit siebzehn war. Von null auf hundert und von hundert auf null in einem einzigen Atemzug.
    »Sie wissen, wovon ich spreche.«
    Ihr Mund wird schlaff. »Warten Sie ...« Sie stammelt und fummelt nervös an dem Ausweis, der um ihren Hals hängt. »Geht es um die Senatsfüller, die Chloe gestohlen hat? Ich habe ihr gesagt, sie soll sie nicht anfassen, aber sie meinte, wenn sie in der Schale lägen ...«
    »Haben Sie in letzter Zeit etwas verloren?« Ich ziehe ihr blaues Namensschild aus der Tasche und halte es hoch.
    Sie ist sichtlich überrascht. »Woher haben Sie das?«
    »Wie haben Sie es verloren?«
    »Ich habe keine Ahnung. Es ist irgendwann letzte Woche verschwunden. Man hat mir ein Neues bestellt.« Sie ist nicht dumm, ganz gleich, ob sie lügt oder die Wahrheit sagt. Wenn sie schon in Schwierigkeiten steckt, will sie wenigstens wissen, wie groß die sind. »Warum? Wo haben Sie es gefunden?«
    Ich bluffe. »Toolie Williams hat es mir gegeben.« Das war der junge Schwarze, der Matthew überfahren hat.
    »Wer?«
    Ich muß mich beherrschen, um ruhig zu bleiben. Ich greife noch einmal in die Tasche und ziehe ein zusammengefaltetes Foto von Toolie aus der Tasche. Es stammt aus dem Lokalteil der Zeitung. Er hat große Ohren und ein überraschend freundliches Lächeln. Ich zerreiße das Bild fast bei dem Versuch, es auseinanderzufalten.
    »Haben Sie den schon einmal gesehen?« fragte ich und reiche ihr das Foto.
    Sie schüttelt den Kopf. »Ich glaube nicht.«
    »Sind Sie sicher? Er ist nicht zufällig Ihr Freund? Oder ein Junge, den Sie aus ... ?«
    »Warum? Wer ist das?«
    Es gibt dreiundvierzig Muskelbewegungen, die ein menschliches Gesicht machen kann. Freunde, Senatoren und Kongreßabgeordnete lügen mir jeden Tag ins Gesicht. Sie ziehen die Unterlippe ein, heben die Augenlider, senken das Kinn. Mittlerweile kenne ich alle Tricks, aber bei ihr sehe ich selbst ums Verrecken keinen einzigen Muskel zucken, der mir etwas anderes verraten würde als siebzehnjährige Unschuld.
    »Moment mal!« Sie lacht. »Ist das wieder ein Scherz? Hat Nikki Sie angestiftet?« Sie dreht ihr blaues Namensschild um, als suche sie nach dem Lorax. »Was haben Sie gemacht? Es mit Tinte versehen, damit ich den nächsten Senator bespritze, mit dem ich rede?«
    Sie beugt sich vor und betrachtet das Namensschild vorsichtig. Der Ausweis an dem Band um ihrem Hals dreht sich. Ich sehe ein Foto einer Schwarzen, das auf der Rückseite mit Tesafilm angeklebt ist. Vermutlich die Mutter oder eine Tante. Jemand, der ihr Kraft geben soll.
    Ich mustere Viv noch einmal. Kein Make-up, kein Schmuck, keine schicke Frisur, nichts Angesagtes. Auf jeder Schule gibt es solche Mädchen, Außenseiter, die mal kurz hereinschauen. In fünf Jahren

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