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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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raus.«
    Schweigend läßt Viv ihren Blick durch den Raum gleiten, von den Keyboards bis zu dem Stapel ausgemusterter Bürostühle. Da haben wir den Haken. Wenn alles koscher ist, warum unterhalten wir uns dann in einer Rumpelkammer?
    »Harris, ich weiß nicht...«
    »Es ist nur eine Abholung. Niemand erfährt, daß Sie da waren. Sie schnappen sich einfach einen Aktenordner und ...«
    »Wir sollen keine Post abholen, es sei denn, Sie rufen erst die Garderobe ...«
    »Bitte, Viv, es ist nur eine Akte.«
    »Das mit Ihrem Freund tut mir leid.«
    »Ich sagte doch, es hat nichts mit Matthew zu tun.«
    Sie schaut nach unten und bemerkt die Naht auf dem Knie meines Anzugs. Ich habe das Loch von meinem gestrigen Sturz von einer chemischen Reinigung zusammenflicken lassen, aber die Naht ist deutlich zu erkennen. Sie spielt wieder mit ihrem Ausweis. »Es tut mir leid.« Ihre Stimme klingt ein wenig brüchig. »Ich ... Das kann ich nicht.«
    Ich hüte mich, zu betteln, winke ab und zwinge mich zu einem Lächeln. »Schon gut, verstehe. Ist nicht weiter schlimm.«
    Als ich siebzehn war, habe ich jeden Gedanken sofort ausgesprochen. Ich muß zu Vivs Gunsten einräumen, daß sie einfach nur geschwiegen hat. Sie öffnet die Tür, zögert aber hinauszugehen. »Hören Sie, ich sollte ...«
    »Sie sollten gehen«, stimme ich ihr zu.
    »Wenn Sie ...«
    »Viv, kommen Sie nicht ins Schwitzen deswegen. Ich rufe einfach die Garderobe an. Die erledigen das im Nu.«
    Sie nickt und starrt durch mich hindurch. »Das mit Ihrem Freund tut mir wirklich leid.«
    Ich bedanke mich mit einem Nicken.
    »Ich sehe Sie also im Capitol?«
    Ich ringe mir ein weiteres Lächeln ab. »Unbedingt«, erwidere ich. »Sollten Sie je etwas brauchen, rufen Sie mein Büro an.«
    Das gefällt ihr. »Vergessen Sie nicht ...« Sie senkt die Stimme und versucht mich nachzumachen. »Das Beste, was Sie im Leben tun können, ist, sich die richtigen Feinde zu schaffen.«
    »Daran besteht kein Zweifel!« rufe ich ihr nach, während die Tür schon zuschwingt. Dann ist Viv weg, und meine Stimme sinkt zu einem Flüstern herunter. »Daran besteht kein Zweifel.«

18. KAPITEL
    Die Tür fiel hinter ihr ins Schloß. Viv ging den Flur im dritten Stock entlang und zwang sich, nicht zurückzuschauen. Wie er auch an ihr Namensschild gekommen war, allein die Verzweiflung in Harris Gesicht sagte ihr, wohin das hier führte. Damals bei seiner Rede vor den Pagen hatte er sich so elegant bewegt, daß sie unwillkürlich hingesehen hatte, ob seine Füße überhaupt den Boden berührten. Und eben war sie sich ihrer Antwort keineswegs sicher gewesen. Das lag nicht nur an seinem Charme. In ihrer Kirche in Michigan hatte sie genug Charme erlebt. Harris strahlte noch etwas anderes aus.
    Von den vier Sprechern, welche die Pagen einwiesen, hatten zwei sie ermahnt, einer hatte gute Ratschläge gegeben, und Harris hatte sie herausgefordert. Nicht nur als Pagen, sondern als Menschen. Er nannte es die erste Regel der Politik: Übergehe nicht einmal die unbedeutendste Person. Bei seinen Worten hatten sich alle aufrechter hingesetzt. Was sie jedoch heute in diesem Zimmer erlebt hatte ... Der Mann, der diese mutige Rede gehalten hatte, war nicht wiederzuerkennen. Harris war erschüttert gewesen. Sein Selbstbewußtsein war zweifellos zerstört. Was ihm auch zugestoßen war, es hatte ihn offensichtlich mitten ins Herz getroffen.
    Viv ging rascher zum Aufzug. Man brauchte kein ganzes Leben in der Politik zu verbringen, um zu wissen, daß da ein Hurrikan im Anzug war, und einen Wirbelsturm konnte sie jetzt gar nicht gebrauchen. Es ist nicht dein Problem, sagte sie sich. Mach einfach weiter. Doch als sie den Rufknopf für den Aufzug drückte, schaute sie unwillkürlich zu Harris' Tür. Sie war geschlossen. Es überraschte sie nicht. Seinem bleichen Gesicht nach zu urteilen, würde er sich längere Zeit nicht blicken lassen.
    Ein leises Rumpeln ertönte, die Aufzugtür glitt auf. Die Fahrstuhlführerin war eine Schwarze mit sehr dunkler Haut und feinen grauen Haaren an den Schläfen. Sie schaute von ihrem Holzschemel zu Viv hoch und hob eine Braue.
    »Mom hat dich wohl gut gefüttert, was?« fragte sie.
    »Ja, sieht so aus ...«
    Ohne ein weiteres Wort vergrub die Frau ihre Nase in die Zeitung. Viv war solche Rektionen mittlerweile gewöhnt. Seit der Highschool hatte sie Schwierigkeiten gehabt, sich anzupassen.
    »Home Base?« fragte die Fahrstuhlführerin hinter der Zeitung.
    »Klar«, erwiderte Viv

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