Das Spinnennetz
Wertvolle Verbindungen gewann man.
Theodor überlegte: die zweihundert haben ihm imponiert. Nun fürchtete er sie. Das Militär versprach viel. Blieb ihm sein Einkommen gesichert? Ja, es blieb, und die Gage kam dazu. Er willigte ein.
Daheim sah er in den Spiegel. Nicht anders sah er aus als jener Führer. Niemand machte ihm Eindruck. Er blitzte sein eigenes Spiegelbild an. Sprach ein Wort aus, um seine Stimme zu prüfen. Sie trug die Worte. Sie konnte donnern.
Er machte einen Plan für die Reichswehr: ergebene Leute finden; ihr Lehrer sein, ihr Führer, Herr über Leben und Tod von hundert, zweihundert, tausend Bewaffneten.
Er rückte ein, ein Tag reichte für die Erledigung der Formalitäten. Mit fünf Empfehlungen rückte er ein. Potsdam war seine Garnison. Er trug eine Uniform nach neuestem Schnitt. Den Rock nicht mehr eng wie in alten Zeiten. Es war der neue Geist der Armee. Die Silberstreifen auf den Achselstücken lagen so, daß sie einen schmalen Tuchrand frei ließen. Das Bajonett hatte eine leise vernickelte Kuppel. Sie war in den Vorschriften nicht vorgesehen, aber lächelnd geduldet. Jeden Morgen exerzierte er. Lange hat er das Exerzieren entbehrt. Er stand vor zwei Menschenreihen. Er merkte die leiseste Veränderung dieses und jenes Körpers. Er sah, wenn sich jemand rührte, wenn Stiefel nicht geputzt, Läufe nicht gefettet, Tornister schief geschnallt waren. Er befahl Kniebeugen, man gehorchte. Er befahl Laufen, man lief. Er donnerte Stillgestanden, man stand still.
Er hielt Unterricht am Nachmittag. Er las Broschüren von Trebitsch vor. Und sagte Eigenes. Er machte einen Witz. Die Soldaten lachten. Er glaubte zu sehen, daß einer krank war. Er schickte ihn heim. Er war ein Kamerad. Er klopfte dem und jenem auf die Schulter. Er sprach über Mädchen. An Montagen fragte er, wie der Sonntag gewesen. An Samstagen wünschte er vergnügte Sonntage. Er bot Fürsprache beim Obersten den Bestraften an. Er selbst vermied Bestrafungen, begnügte sich mit Rügen. Die im Felde Gewesenen sammelte er um sich.
Er kündigte Vorträge am Abend an. Viele kamen. Seine Kompanie spendete Beifall, riß andere mit. Nach einigen Wochen konnte er frei sprechen; fragte er, wieviel mit ihm durch dick und dünn gehen. Alle erhoben sich, alle. Er ließ einzelne einen Eid schwören. Er gab ihnen Geld und Broschüren zur Verteilung.
Mit den Offizieren sprach er wenig. Er kam ins Kasino. Sie sprachen vom Dollar wie alle. Leutnant Schütz, Sohn eines Bankmächtigen, hatte dem Obersten Papiere gekauft. Es waren Haussetage. Des Obersten gute Laune erheiterte das Kasino. Alle wollten Papiere. Sie wußten, was Effekten waren, Hausse und Lombard. Leutnant Schütz lieh allen. Er lieh auch Theodor.
Theodor las in den Abendblättern Kurse.
XIII
Er las Kurse.
Sein Geld vermehrte sich, er lernte sagen: Das Kapital wächst. Nun waren Wege frei. Wege zu weißschimmernden Villen im Tiergarten, zwischen samtenem Rasengrün, hinter silbrigen Gittern, mit steifen Lakaien und goldgerahmten Bildern. Darüber hätte Theodor fast anderes vergessen. Mächtiger als alle war Efrussi. Nie hörte man auf, sein Hauslehrer zu sein. Zu den Geheimnissen aller Macht führte wachsendes Kapital.
Immer hatte er Geld geliebt, er, Theodor Lohse. In der Schule vollbrachte er das erste Geschäft. Er sammelte für einen Kranz. Der kleine Berger war gestorben. Zwei Mark vierzig Pfennig bekam Theodor. Er kaufte den Kranz für zwei Mark zehn Pfennig. Dreißig Pfennig behielt er. Er hielt sie ein Jahr lang.
Immer war er sparsam gewesen. Als Student und später beim Militär lernte er Geld geringschätzen. Nur die ersten Schecks von Trebitsch gab er leichtsinnig aus. Er bereute es später. Er bereute immer, wenn er ausgegeben hatte. Er reiste in Zivil und in der Dritten. Er kaufte Wochenkarten für die Stadtbahn. Trug er die Uniform, so ging er zu Fuß.
In der Früh, wenn sie auf der Exerzierwiese rasteten, sah er die Frau mit dem Zuckerwerk von Soldaten umringt. Limonade verkaufte sie. Alle waren verhitzt und tranken. Theodor steckte Kaugummi zwischen die Zähne.
Dreimal täglich rauchte er, nach jeder Mahlzeit. Eine Zigarre genügte ihm. Er löschte sie aus, steckte sie wieder an.
Er sah, wie sein Geld wuchs. Wenn er erst reich war wie Efrussi, kaufte er sich einen Theodor Lohse.
Vorläufig blieb Theodor vor den Schaufenstern stehen und rechnete aus, was er kaufen könnte, wenn er seine Aktien losschlüge. Manchmal fragte er bei umherirrenden Maklern an, was
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