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Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Titel: Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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Barrikade marschierte Ludendorff einfach weiter und stieß die Gewehre beiseite. Ein Offizier salutierte höflich vor ihm und entschuldigte sich dafür, dass er ihn in Schutzhaft nehmen müsse. Göring hatte zwei Schüsse in die Leiste abbekommen, schleppte sich aber in Sicherheit und wurde zu einem freundlichen jüdischen Arzt gebracht, der ihm eine hervorragende Behandlung angedeihen ließ, woraufhin er schleunigst außer Landes gebracht wurde. Scheubner-Richter, der Arm in Arm mit Hitler marschiert war, wurde auf der Stelle getötet, riss Hitler mit zu Boden und renkte ihm dabei die Schulter aus. Ein Leibwächter, Ulrich Graf, fiel über Hitler, steckte mehrere Schüsse ein und rettete Hitlers Leben.
    Obwohl der Mann, der direkt neben Alfred stand, den Tod fand, blieb er selbst unverletzt, kroch zum Bürgersteig und aus dem Gemetzel heraus und mischte sich in die Menge. Er wagte es nicht, nach Hause oder ins Büro zu gehen – die Regierung schloss den VB sofort für unbestimmte Zeit und stellte Wachen vor die Büros der Zeitung. Schließlich überredete Alfred eine ältere Frau, ihm für die nächsten Tage Unterschlupf in ihrem Haus zu gewähren. Des Nachts schlich er jedoch durch München und versuchte, etwas über das Schicksal seiner Kameraden zu erfahren. Hitler war unter großen Schmerzen ein paar Meter weit gekrochen, wurde in ein wartendes Auto gezerrt und, begleitet von einem Arzt der Partei, zum Haus Putzi Hanfstaengls gebracht, wo seine Schulter behandelt und er dann auf dem Dachboden versteckt wurde. Kurz vor seiner Festnahme schrieb er schnell eine Nachricht an Alfred und bat Frau Hanfstaengl, sie zu überbringen. Sie fand Alfred am folgenden Tag und reichte ihm die Nachricht, die er sofort aufriss und mit großer Überraschung las:
    LIEBER ROSENBERG,
VON JETZT AB WERDEN SIE DIE BEWEGUNG FÜHREN.
ADOLF HITLER

27
    RIJNSBURG, 1662
    Innerhalb weniger Tage hatte Bentos Furcht nachgelassen. Verschwunden waren der rasende Puls, die Beklemmung in der Brust und die verstörenden Visionen vom Überfall des Attentäters. Und was für eine wunderbare Erleichterung, wieder frei zu atmen und sich in seiner Haut sicher zu fühlen! Mit einer gewissen Sachlichkeit konnte er sich sogar das Gesicht des Attentäters wieder in Erinnerung rufen und auch den zerfetzten schwarzen Mantel ansehen, der, Francos Vorschlag entsprechend, gut sichtbar an der Wand seines Zimmers hing.
    Nach dem versuchten Mordanschlag und Francos Besuch grübelte er noch wochenlang über die Mechanismen zur Überwindung von Furcht. Wie hatte er seinen Gleichmut wiedergefunden? War es nicht sein verbessertes Verständnis für die Ursachen der Motive des Attentäters gewesen? Bento tendierte zu dieser Erklärung – sie erschien ihm belastbar, sie erschien ihm vernünftig. Dennoch misstraute er seiner starken Bindung an die Macht des Verstehens. Schließlich hatte sie ihm zunächst nicht geholfen; erst nachdem Franco aufgetaucht war, hatte dieser Gedanke Gestalt angenommen. Je länger er darüber nachdachte, desto klarer wurde ihm, dass Franco entscheidend zu seiner Besserung beigetragen hatte. Bento wusste, dass es ihm denkbar schlecht gegangen war, als Franco ihn besucht hatte, dass er sich anschließend aber sehr schnell erholte. Aber was genau hatte Franco dazu beigetragen? Vielleicht bestand sein hauptsächlicher Anteil darin, die Komponenten der Furcht zu analysieren und aufzuzeigen, dass vor allem eine Tatsache Bento erschüttert hatte, nämlich, dass der Attentäter Jude war. Mit anderen Worten, die Furcht wurde von seiner unterschwelligen Trauer über die Trennung von seiner Familie noch verstärkt. Das konnte Francos heilende Wirkung erklären: Er hatte nicht nur den Prozess der Vernunft beschleunigt, sondern, und das war vielleicht noch wichtiger, ihm schlicht seine Anwesenheit geschenkt – seine Anwesenheit als Jude.
    Und Franco hatte Bento auch aus seiner quälenden Eifersucht geholt, indem er ihn mit der Irrationalität konfrontierte, sich nach etwas zu sehnen, was er weder wirklich anstrebte noch überhaupt gebrauchen konnte. Allmählich gewann Bento seinen Seelenfrieden zurück und erneuerte schon bald seine Freundschaft mit Clara Maria und Dirk. Dennoch zogen abermals dunkle Wolken in seiner Seele auf, als Clara Maria eines Tages mit einer Perlenkette auftauchte, die Dirk ihr geschenkt hatte. Die Wolken brauten sich wenige Tage später zu einem schweren Gewitter zusammen, als die beiden ihre Verlobung bekanntgaben. Aber diesmal

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