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Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Titel: Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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tiefe Ebbe erreicht. Sie haben den Zustand meiner Seele mit einem Schlage umgewandelt. Daß Deutschland in der Stunde seiner höchsten Not sich einen Hitler gebiert, das bezeugt sein Lebendigsein; desgleichen die Wirkungen, die von ihm ausgehen; denn diese zwei Dinge – die Persönlichkeit und ihre Wirkung – gehören zusammen.
    Ich durfte billig einschlafen und hätte auch nicht nötig gehabt, wieder zu erwachen. Gottes Schutz sei bei Ihnen!
    Houston Stewart Chamberlain.«
    »Er muss seine Sprache wiedergefunden und ihn diktiert haben – ein wunderbarer Brief«, sagte Alfred, der sich bemühte, seinen Neid nicht zu zeigen. Dann fügte er schnell hinzu: »Und vollkommen verdient, Herr Hitler.«
    »Jetzt muss ich Ihnen aber wirklich ein paar Neuigkeiten erzählen«, sagte Hitler. »Erich Ludendorff hat sich uns angeschlossen!«
    »Ausgezeichnet! Ausgezeichnet!«, antwortete Alfred. Ludendorff war, um es milde auszudrücken, exzentrisch, aber als Generalfeldmarschall im Weltkrieg noch immer allgemein angesehen.
    »Er stimmt meinem Plan eines Putsches zu«, fuhr Hitler fort. »Er ist einverstanden, dass wir unsere Kräfte mit anderen rechten Gruppierungen bündeln, sogar mit den monarchistischen Gruppierungen und den bayerischen Separatisten, und dass wir die Zusammenkunft am Abend des achten November auflösen, mehrere bayerische Regierungsmitglieder in unsere Gewalt bringen und sie mit vorgehaltener Waffe zwingen, mich als ihren Führer anzuerkennen. Am darauffolgenden Tag werden wir alle durch das Stadtzentrum zum Kriegsministerium marschieren und mit Hilfe der Geiseln und der Reputation des Feldmarschalls Ludendorff die deutsche Armee auf unsere Seite bringen. Und dann werden wir uns Mussolinis Marsch nach Rom zum Vorbild nehmen, ins rote Berlin einmarschieren und die deutsche demokratische Regierung absetzen.«
    »Ausgezeichnet! Jetzt geht es los.« Alfred war so glücklich, dass es ihm kaum etwas ausmachte, dass Hitler anscheinend vergessen hatte, dass es Alfred gewesen war, der ihm genau diesen Plan vorgeschlagen hatte. Er war daran gewöhnt, dass Hitler sich seine Ideen zu eigen machte, ohne ihn als Urheber zu nennen.
    Aber alles lief schief. Der Putsch war ein komplettes Fiasko. Am Abend des achten November gingen Hitler und Alfred gemeinsam zum Treffen der Koalition der Parteien des rechten Flügels. Diese Parteien hatten noch nie zusammen getagt, und das Treffen lief so aus dem Ruder, dass Hitler irgendwann auf den Tisch sprang und mit seiner Pistole in die Zimmerdecke feuerte, um die Ordnung wiederherzustellen. Dann brachten die Nazis die Delegierten der bayerischen Regierung in ihre Gewalt, um sie als Geiseln zu nehmen. In dem Glauben, die Geiseln von ihrer nationalistischen Auffassung überzeugt zu haben, versäumten es die Entführer, sie ordentlich zu bewachen, und so entkamen sie bei Nacht und Nebel. Dennoch willigte Hitler ein, als Ludendorff darauf beharrte, am folgenden Morgen mit dem Massenaufmarsch fortzufahren, um, wie sie hofften, unter der Bevölkerung einen Aufstand zu provozieren. Ludendorff war sich sicher, dass weder die Reichswehr noch die Polizei es wagen würden, auf ihn zu schießen. Rosenberg eilte ins Büro zurück und bereitete die Schlagzeilen des VB vor, welche zu einem allgemeinen Aufstand aufriefen. Früh am Morgen des neunten November 1923 begann eine Kolonne von zweitausend Mann, viele bewaffnet, unter ihnen auch Hitler und Rosenberg, den Marsch in die Münchner Innenstadt. In der ersten Reihe marschierten Hitler, Feldmarschall Ludendorff mit vollem militärischen Ornat und seinem Pickelhelm aus dem Weltkrieg, ferner Hermann Göring, der volkstümliche Held des Krieges mit seiner kompletten Sammlung von Kriegsorden, sowie Scheubner-Richter, der Arm in Arm mit seinem guten Freund Hitler marschierte. Rosenberg befand sich in der zweiten Reihe direkt hinter Hitler. Rudolf Hess marschierte hinter Rosenberg, desgleichen Putzi Hanfstaengl (der Geldgeber, der es dem VB ermöglicht hatte, als Tageszeitung zu erscheinen). Ein paar Reihen weiter hinten marschierte Heinrich Himmler, der die Parteifahne trug.
    Als sie einen offenen Platz erreichten, warteten dort schon die Truppen auf sie. Hitler rief ihnen zu, sich zu ergeben. Doch diese eröffneten stattdessen das Feuer, und es entspann sich ein dreiminütiger Schusswechsel, in dessen Verlauf sich die Demonstration sofort auflöste. Sechzehn Nationalsozialisten und drei Mitglieder der Truppe fanden den Tod. Unbeeindruckt von der

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