Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)
es ein Segen, Sie zu sehen. Nehmen Sie Ihren Mantel ab, damit ich Sie ansehen kann, Franco.« Bento ging um ihn herum. »Gut, gut, gut. Sie haben sich verändert: Sie haben zugenommen; Ihr Gesicht wirkt voller, gesünder. Aber dieser Bart und diese schwarze Kleidung – Sie sehen wie ein Talmud-Schüler aus. Und wie gefährlich ist es für Sie, hier zu sein? Und wie ist es, verheiratet zu sein? Und wie fühlt es sich als Vater? Und sind Sie zufrieden?«
»So viele Fragen!«, lachte Franco. »Auf welche soll ich zuerst antworten? Vielleicht auf die letzte. Hätte Ihr Freund Epikur nicht diese als die wichtigste Frage angesehen? Ja, ich bin sehr zufrieden. Mein Leben hat sich sehr zum Besseren verändert. Und Sie selbst, Bento? Sind Sie zufrieden?«
»Auch ich bin zufriedener als je zuvor. Wie Simon Ihnen vielleicht schon erzählt hat, lebe ich in Rijnsburg, einem kleinen, ruhigen Dorf, und ich lebe genauso, wie ich es mir gewünscht habe – für mich allein mit nur wenigen Ablenkungen. Ich denke, ich schreibe, und niemand versucht, mich zu erstechen. Was könnte besser sein? Aber wie steht es mit meinen anderen Fragen?«
»Meine Frau und mein Sohn sind ein wahrer Segen. Sie ist die Seelenverwandte, die ich mir erhofft hatte – und sie entwickelt sich nun obendrein zu einer gebildeten Seelenverwandten. Ich bringe ihr bei, Portugiesisch und Hebräisch zu lesen, und gemeinsam lernen wir Holländisch. Wonach fragten Sie noch? Ach ja, meine Kleidung und mein Gestrüpp hier?« Franco strich sich über den Bart. »Es mag Sie vielleicht erschrecken, aber ich bin jetzt Schüler an Ihrer alten Schule, der Pereira Yeshibah. Rabbi Mortera gewährte mir ein derart großzügiges Stipendium aus der Schatulle der Synagoge, dass ich weder für meinen Onkel noch für irgendjemanden sonst arbeiten muss.«
»Das ist ein seltenes Privileg.«
»Ich hörte Gerüchte, dass Ihnen ein solches Stipendium auch einmal angeboten wurde. Vielleicht wurde es durch einen Wink des Schicksals an mich weitergegeben. Vielleicht werde ich dafür belohnt, dass ich Sie verraten habe.«
»Welchen Grund nannte Ihnen Rabbi Mortera?«
»Als ich ihn fragte: ›Wie habe ich das verdient?‹, überraschte er mich. Er sagte, das Stipendium sei seine Art, die Art der jüdischen Gemeinde, meinen Vater zu ehren. Dessen Ruf und die Reputation seiner langen Linie rabbinischer Vorfahren ist anscheinend viel besser, als ich gedacht hatte. Aber er fügte auch hinzu, dass ich ein vielversprechender Schüler sei, der vielleicht eines Tages in die Fußstapfen seines Vaters treten könne.«
»Und …« Bento holte tief Luft. »Was empfanden Sie bei diesen Worten des Rabbi?«
»Dankbarkeit. Bento Spinoza, Sie machten mich wissensdurstig, und zur Freude des Rabbis tauchte ich in ein erquickliches Studium des Talmud und der Thora ein.«
»Ich verstehe. Äh … nun … Sie haben viel erreicht. Das Hebräisch in Ihrem Brief ist ausgezeichnet.«
Eine kurze Stille trat ein. Beide öffneten gleichzeitig den Mund, um weiterzusprechen, und hielten dann inne. Nach kurzem Schweigen fragte Franco: »Bento, als ich Sie das letzte Mal sah, waren Sie in großer Furcht. Sie erholten sich schnell?«
Bento nickte. »Ja, und zum nicht geringen Teil Ihnen zum Dank. Sie sollen wissen, dass ich den zerfetzten Mantel auch in Rijnsburg immer noch gut sichtbar aufgehängt habe. Das war ein hervorragender Rat.«
»Erzählen Sie mir mehr von Ihrem Leben.«
»Nun, was soll ich sagen? Den halben Tag schleife ich Glas, und die übrige Zeit denke, lese und schreibe ich. Abgesehen davon gibt es wenig zu erzählen. Ich lebe vollkommen in meinem Geist.«
»Und diese junge Frau, die mich damals zu Ihrem Zimmer hinaufbrachte? Die, die Ihnen so viel Kummer bereitete?«
»Sie und mein Freund Dirk wollen heiraten.«
Eine kurze Stille folgte. Franco fragte: »Und? Erzählen Sie mir mehr darüber.«
»Wir bleiben Freunde, aber sie ist gläubige Katholikin, und er wird zum katholischen Glauben konvertieren. Ich denke, dass unsere Freundschaft leiden wird, sobald ich meine Ansichten über Religion veröffentlicht habe.«
»Und Ihre Bedenken hinsichtlich der Macht Ihrer Leidenschaften?«
»Nun …«, Bento zögerte. »Seit ich sie zum letzten Mal sah, genieße ich die Ruhe.«
Wieder entstand eine Stille, die Franco schließlich brach.
»Sie merken heute bestimmt, dass sich zwischen uns etwas verändert hat.«
Bento zuckte verwirrt die Achseln. »Was meinen Sie damit?«
»Ich meine die
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