Das stählerne Geheimnis
Reise nach Mindanao füllte.
Eine halbe Stunde später hatte der Zehntausendtonner die Kanalrinne hinter sich und wiegte sich auf den Fluten des Pazifik. Von der »Vermont« her, die getreulich in seinem Kielwasser geblieben war, kam ein Boot heran, um die Wache zurückzuholen. Mit kurzem Gruß empfahl sich Kapitänleutnant MacLane und ließ sich ebenfalls zu dem Kreuzer übersetzen. Als das Boot abstieß, spuckte Kapitän Smith dreimal kräftig in die See.
»Gott sei Dank, Mr. Scott, daß wir das Volk von Bord haben. Es ist mir auf die Nerven gegangen!«
Scott schüttelte den Kopf.
»Ich halte es im Gegenteil für ein Glück, Kapitän Smith, daß das Kommando von der ›Vermont‹ auf die ›City of Frisco‹ kam. Die Geschichte mit den beiden Heizern macht mir Kopfschmerzen. Ich muß den Herren Dickinson und Roddington sofort per Funk Mitteilung davon machen. Wenn so etwas schon an Bord Ihres Schiffes möglich war, dann dürfen wir uns in Trenton und Davao noch auf allerlei andere Überra-schungen gefaßt machen.«
»Funken Sie, wozu Sie Lust haben«, brummte Kapitän Smith und ging in seine Kabine, um seinen Ärger mit einem steifen Whisky-Soda wegzuspülen.
Das gute Wetter, das der Funkdienst prophezeit hatte, hielt erfreulicherweise an, während die Tage verstrichen und sich zu Wochen summierten.
Kapitän Smith stellte es mit Vergnügen fest, denn mit der schweren Stahllast dicht über dem Kiel war die »City of Frisco« außergewöhnlich steif, was in der Seemannsprache das Gegenteil von rank bedeutet. Bei einem etwa aufkommenden Sturm würde ihr Rumpf unbeweglich wie ein Block auf dem Wasser liegen und schwere Brecher über sich ergehen lassen müssen. Es war dem Kapitän lieb, daß die Wetterlage ihn vor solchen Beanspruchungen seines Schiffes bewahrte.
Die Route, welche die »City of Frisco« verfolgte, war wenig befahren. Nur zwei oder drei Schiffe begegneten ihr bis zu den Hawaii-Inseln. Im Hafen von Honolulu gab es einen kurzen Aufenthalt, um frischen Treibstoff zu nehmen. Noch waren die Pumpen an der Arbeit, das Öl aus dem großen Tank am Kai in die Bunker des Schiffes zu werfen, als die »Vermont« erschien und zu dem gleichen Zweck dicht neben der »City of Frisco« festmachte. Das mochte wohl das Schiff gewesen sein, das Kapitän Smith auf dem langen Wege von Baiboa bis Honolulu bisweilen weit achtern am Horizont bemerkt hatte. Der amerikanische Kreuzer war noch beim Tanken, als die »City of Frisco« bereits die Trossen loswarf und den Hafen wieder verließ. Der zweite Teil ihrer Reise über das größte aller Weltmeere begann und verlief während der nächsten Tage ebenso ereignislos wie der erste.
Auf dem einhundertachtunddreißigsten Grad östlicher Länge war’s, kurz nach Mitternacht, nicht allzu weit von der Insel Jap entfernt, als plötzlich von zwei verschiedenen Stellen her Scheinwerfer aufblitzten und die »City of Frisco« anleuchteten. George Stanley, der die Wache auf der Brücke hatte, kümmerte sich zunächst nicht weiter darum. Es mochten wohl Kriegsschiffe sein, die hier eine Nachtübung abhielten. Er wurde erst aufmerksam, als die langen Lichtbalken der Scheinwerfer mit auffallender Beharrlichkeit an dem Rumpf der »City of Frisco« hängenblieben und zusehends näher kamen. Taghell war jetzt die Brücke von dem grellen Scheinwerferlicht beleuchtet. Geblendet mußte der Erste Offizier die Augen schließen, sooft er nach den fremden Schiffen auszuschauen versuchte. Eben zerkaute er einen kräftigen Fluch über diese Unverschämtheit zwischen den Zähnen, als ihm von der Funkstation her ein Radiogramm gebracht wurde: Aufforderung des Kreuzers »Katsura« an die »City of Frisco«, zu stoppen.
Blitzschnell gingen ihm seine Instruktionen durch den Kopf. Es war im Augenblick nirgendwo Krieg auf der Erde.
Wie kam ein japanisches Kriegsschiff unter solchen Umständen dazu, einen Dampfer der amerikanischen Handelsmarine zum Beidrehen aufzufordern? Hatte es nach internationalem Seerecht überhaupt die Befugnis dazu? George Stanley war seiner Sache nicht sicher. Er schickte den Funkergast sofort nach unten, um Kapitän Smith zu wecken und auf die Brücke zu bitten. Gleichzeitig gab er Befehl, »Halbe Kraft!« in den Maschinenraum.
Noch wartete er auf das Erscheinen des Kapitäns, als es auf einem der fremden Schiffe aufblitzte. Eine Granate fegte zweihundert Meter vor dem Bug der »City of Frisco« über das Wasser. Der Donner des Schusses war noch nicht verhallt, als
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