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Das stählerne Geheimnis

Titel: Das stählerne Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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den Roddington in den Ozean und den Seeboden abgesenkt hatte, tiefer als die tiefsten bisher auf der Erde existierenden Schächte. Unmöglich war es natürlich, diese gewaltige Strecke in durchgehendem Betrieb mit einem Förderseil zu durch »fahren. Keine Trosse, und wäre sie auch aus Roddingtons bestem Stahl geflochten, hätte solcher Beanspruchung standgehalten. Deshalb war der riesige Schacht unterteilt. Wie dicke Knoten in einem Bambusrohr saßen fünf stählerne Hohlkugeln in dem Strang. In Abständen von je zweitausendfünfhundert Meter hatte man sie zwischen die Rohrlängen während der Absenkung eingefügt.
    Meisterstücke der Gießkunst waren die Kugeln. In genialer Planung hatten Dr. Wegener und Roddington die ersten Zeichnungen dazu entworfen. Monate hindurch hatten die besten Konstrukteure des Trenton-Werkes nach diesen Entwürfen auf dem Reißbrett weitergearbeitet, bis schließlich in den Gießgruben aus edelstem Stahl jene wunderbaren Gebilde entstanden, die jetzt, tief in den Ozean versenkt, zu Teilen des gewaltigen Rohrstranges geworden waren. Äußerlich glatte Kugeln, doch im Innern mit all dem vielen Neuen ausgerüstet, das abweichend von allem Bisherigen zur Beherrschung der riesigen Tiefe notwendig wurde.
    Umsteigestationen sollten diese Kugeln unter anderem werden zwischen je zwei übereinanderliegenden Fördereinrichtungen.
    In der oberen Kugelhälfte landete der Förderkorb der oberen Anlage, der aus zweitausendfünfhundert Meter Höhe herunterkam, aus ihrer unteren Hälfte ging die Förderschale der nächsten Anlage ab, um Menschen und Material zu der nächsten, zweitausendfünfhundert Meter tiefer gelegenen Kugel zu bringen.
    Bis auf die letzte Schraube und den letzten Feilstrich fertig, kamen sechs Förderanlagen von Trenton her über die See, und kaum lagen ihre Teile auf der Arbeitsbühne der Werkflotte, als auch schon mit dem Einbau begonnen wurde.
    Seine fähigsten Ingenieure aus Trenton und die erfahrensten Spezialisten, die er auftreiben konnte, hatte Roddington zu diesem Zweck versammelt. Verwegene Gesichter waren darunter, die in den Kupfergruben von Colorado gearbeitet hatten. Verwitterte, ausgedörrte Gestalten, die alle Schrecken der Tiefe kannten. Leute, die mit dem Tode auf du und du standen.
    Ein Tageslohn von zweihundert Dollar hatte sie dem Rufe Roddingtons willig folgen lassen, erwartungsvoll und tatendurstig waren sie über den Pazifik hierhergekommen, aber sie erschraken doch, als sie hörten, worum es hier ging.
    »Was Sie sagen, Mr. Roddington, ist ein Ding der Unmöglichkeit«, erklärte Bergingenieur Larking, der die Förderanlage der Anakonda-Mine gebaut hatte. »Auf dem halben Wege … nein, auf dem Drittel des Weges werden Sie schon verbrennen, die Rechnung ist sehr einfach. Auf je hundert Meter Tiefe steigt die Temperatur um drei Grad Celsius. Vierhundertfünfzig Grad Wärme, gute Rotglut, werden Sie in fünfzehntausend Meter Tiefe haben.«
    »Ihre Rechnung ist blödsinnig, mein Lieber«, mischte sich Dr. Wegener in die Debatte. »Noch blödsinniger als blödsinnig.«
    Der lange hagere Larking sah ihn giftig an und hob die Linke, als ob er im nächsten Augenblick zuschlagen wolle. Aber da umspannte die Rechte des Doktors schon sein Handgelenk, und eine unwiderstehliche Gewalt zwang Mr. Larking, sich auf einen Stuhl zu setzen, während Dr. Wegener wie in einem wissenschaftlichen Vortrag fortfuhr.
    »Seewasser ist kein Gestein, mein Teuerster. Es ist kalt da unten, schandbar kalt sogar. In fünfzehn Kilometer Tiefe dürfte der Ozean eine Temperatur von drei Grad unter Null haben. Mit Ihrer Rotglut ist es Essig.«
    Larking rieb sich sein Handgelenk und schaute verdutzt auf den komischen Doktor, der ihm mit ein paar Worten alle seine Theorien über den Haufen warf.
    »Wenn Sie meinen, Doktor …« war alles, was er in seiner Überraschung hervorbringen konnte.
    »Ich meine in der Tat, dear Sir. Das ist ja gerade der Witz bei der Sache, daß wir hier im Ozean eine Tiefe von fünfzehn Kilometer erreichen konnten, ohne durch die Erdwärme behindert zu werden. In festem Boden wäre es natürlich unmöglich gewesen. Da wären wir schon auf halbem Wege in unerträgliche Glut geraten.«
    Mr. Larking bewegte den Mund, als ob er an einem zähen Bissen kaute. Es bedurfte einige Zeit, bis er die Mitteilung des Doktors verdaut hatte. Bruchstückweise wiederholte er einige von dessen Worten.
    »Keine Erdwärme, Doktor? ’runter bis auf fünfzehn Kilometer Tiefe …

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