Das stählerne Geheimnis
der Stunde, schob die »Hitsa Maru« ihren Rumpf durch die Fluten des Pazifiks; ihre alte, schwindsüchtige Maschine gab nicht mehr her. Verrottet und verkommen sah das ganze Schiff vom Bug bis zum Achtersteven aus. Seit undenklichen Zeiten mochte keine frische Farbe mehr auf seine rostigen Wände gekommen sein.
Ein altes, dreiviertel ausgedientes Trampschiff war die »Hitsa Maru«, sicherlich von ihren Reedern dreimal abgeschrieben, aber immer noch gut genug, irgendwo bei den Südseeinseln Kopra zu laden und nach den australischen Häfen zu bringen.
Die Besatzung war des Schiffes würdig. Was sich da auf dem Deck herumrekelte, wies so ziemlich alle Mischfarben vom Gelb der Ostasiaten über das Braun der Malaien bis zum Schwarz afrikanischer Neger auf. Der Teufel mochte wissen, in welchen Hafenspelunken der Kapitän der »Hitsa Maru« seine Mannschaft aufgegabelt hatte. Es war eine bunt zusammengewürfelte Gesellschaft, und schließlich durfte das nicht wundernehmen, denn ein ehrlicher Seemann mit ordentlichen Papieren hätte auf einem Schiff von der Art der »Hitsa Maru« kaum Heuer genommen.
Es mochte um die zehnte Vormittagsstunde sein, als Steuerbord voraus Schiffe am Horizont sichtbar wurden. Der Trampdampfer änderte seinen Kurs ein wenig und steuerte darauf zu, obwohl der Weg nach Australien in einer anderen Richtung lag.
Größer und deutlicher sichtbar wurden jetzt die fremden Schiffe. Eine Gruppe ließ sich erkennen, die, sternförmig zusammengezogen, stillag und deren Decks eine gemeinsame Plattform verband. Roddingtons Flotte war es, in deren Nähe die »Hitsa Maru« sich befand.
Der Kapitän des Trampdampfers stand neben seinem Ersten Steuermann auf der Brücke und verfolgte durch sein vorzügliches Glas die Vorgänge auf der Werkflotte. In ihrer Kleidung waren beide ebenso abgerissen und verwahrlost wie die Besatzung. Nur ihre Gesichter zeigten einen anderen Typ; reines altes Samuraiblut schien in ihren Adern zu fließen.
Noch schaute der Kapitän durch sein Glas, als ein dritter Mann auf der Brücke erschien. Nach kurzem Gruß sagte er:
»Hören Sie, Kapitän Hatama, der amerikanische Zerstörer A17 funkt, wir sollen nach Süden wegdampfen. Unsere Anwesenheit ist hier unerwünscht.«
Der Kapitän zuckte mit den Achseln.
»Die ›Hitsa Maru‹ hat keine Sendeanlage an Bord, Kyushu. Bereiten Sie für alle Fälle das Manöver vor.«
Unverändert verfolgte das Kopraschiff seinen Weg auf die Werkflotte zu und kam ihr dabei immer näher. Schon konnte der Kapitän die einzelnen Gestalten auf der Plattform deutlich erkennen.
Inzwischen schien man auch an Bord von A 17 zu der Erkenntnis gekommen zu sein, daß man bei einem so alten Kasten, wie die »Hitsa Maru« es war, keine Funkanlage voraussetzen durfte. Ein Schuß blitzte am Bug des Zerstörers auf, während gleichzeitig ein Flaggensignal hochging, das den Trampdampfer aufforderte, nach Süden hin zu verschwinden.
Noch hatte sich der Rauch des Schusses nicht verzogen, als auf dem Deck der »Hitsa Maru« dicke Dampfwolken aufstiegen. Gleichzeitig zeigte sie ein Flaggensignal, das man auf amerikanischer Seite erst nach geraumer Zeit entziffern konnte, weil die einzelnen Flaggen, die es bildeten, fast bis zur Unkenntlichkeit ausgeblichen und verschmutzt waren.
»Japanisches Kopraschiff ›Hitsa Maru‹ meldet Kesselschaden. Ist vorläufig manövrierunfähig«, sagte MacLane zu Kapitän Ferguson, als er den Sinn des Flaggenspruchs glücklich herausbekommen hatte.
Anstatt sich um sein havariertes Schiff zu kümmern, beobachtete dessen Kapitän inzwischen eifrig durch sein scharfes Glas die Vorgänge auf der Plattform. Auch sein Steuermann hatte plötzlich ein Glas und schien die Menschen und Maschinen auf Roddingtons Werkflotte mit den Augen verschlingen zu wollen. Währenddes schaukelte die »Hitsa Maru« – vielleicht machte ihre Schraube noch ein paar Umdrehungen – immer näher an die Gruppe heran.
Kyushu war nur einen kurzen Augenblick im Maschinenraum gewesen, um das von dem Kapitän gewünschte »Manöver« zu befehlen. Die Dampfwolke, die sich gleich danach auf Deck zeigte, war die Folge dieses Auftrags. Nun saß er schon wieder in seiner Kabine, die Hörer eines Empfängers an den Ohren, und schrieb mit, was er hörte.
Es war ein eigentümliches Ding um die Funkerei an Bord der »Hitsa Maru«. Nach dem amtlichen Schiffsregister besaß der alte Seelenverkäufer keine Empfangs- oder gar Sendegeräte, und nirgends war eine Antenne zu
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