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Das Steinbett

Das Steinbett

Titel: Das Steinbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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hatte Jens gesagt, und Viola hatte etwas gebrummt. Victor zog einen Kiefernkloben heran und hievte ihn ins Feuer. Die Dämmerung brach allmählich herein, und je mehr es aufklarte, desto kälter wurde es. Sie rückten immer näher an das wärmende Feuer heran.
    »Wir könnten uns heute abend die Sterne ansehen«, meinte Jens, und Jerker zuckte zusammen. Er erinnerte sich wohl an Edvards Sternguckerei in Ramnäs und wollte um alles in der Welt nicht an diese Zeit erinnert werden. Hinzu kam, daß Marita, nachdem Edvard ausgezogen oder vielmehr weggelaufen war, als erstes das alte Plumpsklo, sein Observatorium, abgerissen hatte. Seither haßte Jerker sternenklare Abende und Nächte ebenso sehr, wie Marita dies schon immer getan hatte.
    Edvard meinte, daß sie lieber Karten spielen sollten, was sie dann auch taten. Eine Ferienwoche hatten sie gemeinsam verbracht und in dieser Zeit einen Bootssteg gebaut, der sicher der stabilste auf der ganzen Insel war, jedenfalls wenn man Victor glauben mochte. Eine Woche. Später waren die Jungen noch an ein paar Wochenenden während des Winters und Frühlings zu ihm herausgekommen. Langsam, aber sicher brach das Eis zwischen ihnen, und Edvard konnte wieder etwas von der alten Freude empfinden, wenn er mit seinen Söhnen zusammen war.
     
    Am Wochenende wollten die beiden wieder nach Gräsö kommen. Edvard wußte, daß sie den Bus zur Insel auch ihm zuliebe nahmen. Hinter Jerkers mürrischer Schale und Jens’ nervösem Geplapper verbarg sich ein rührender Wille, es ihm recht zu machen.
    Als Ann ihn verlassen hatte, war er in eine tiefe Krise gestürzt, weil er überzeugt war, nun allein leben zu müssen. Nur Violas Fürsorglichkeit und die viele Arbeit, die ihn nachts tief und fest schlafen ließ, hatten ihn gerettet. Aber jetzt sah er das Leben und seine eigene Existenz in einem etwas hoffnungsvolleren Licht. Er hatte das Gefühl, seinen Platz wiedergefunden zu haben.
    Außerdem hatte er den Kontakt zu einigen seiner alten Freunde aufgefrischt, vor allem zu seinen Kameraden in der Gewerkschaft. Fredrik Stark, ein gleichaltriger und sich unermüdlich engagierender Landschaftsgärtner, hatte ihn mehrfach besucht. Er blieb ein paar Tage, schrieb auf seinem Computer und las Edvard lange Sermone vor, wenn dieser nach Hause kam. Er arbeite an einem Roman, behauptete er, und Edvard war wütend darüber und zugleich neidisch auf Starks Zielstrebigkeit. In einem optimistischen Moment und aus der unbestimmten Hoffnung heraus, daß sie immer noch Interesse an ihm haben könnte, hatte er sogar Ann Lindell angerufen und eine Nachricht auf den Anrufbeantworter gesprochen. Er wußte nicht, ob sie ihre Beziehung wieder aufleben lassen, und noch viel weniger, ob sie zusammen leben konnten, aber an den dunklen Winterabenden hatte er begriffen, daß er nicht für immer allein bleiben wollte.
    Würde sie zurückrufen? Und wenn nicht, würde er sie noch einmal anrufen?

5
    Der Mann ihr gegenüber kratzte sich am Kopf. Das hatte er fast die ganze Zeit getan, seit sie seine Küche betreten hatte.
    Eine alte Wanduhr tickte. Lindells Eltern besaßen eine ähnliche. Überhaupt gab es in Holger Johanssons Küche vieles, was sie an ihr Elternhaus in Ödeshög erinnerte. Der Geruch, die Einrichtung aus den fünfziger Jahren, das Muster der Wachstuchdecke, die alte Keksdose auf der Spüle und der gestrickte Tabletthalter.
    Vieles war gleich, dennoch gab es einen entscheidenden Unterschied: den Tod. In Holger Johanssons Küche würde es nie wieder wie früher sein. Von jetzt an würden seine Möbel und der Hausrat, die Vasen, die Kunstdrucke an den Wänden und all die kleinen Dinge, die sich im Laufe eines Lebens ansammeln, immer mehr an Bedeutung verlieren. Sie würden von einer Schicht aus Staub und Fett, Trauer und Alter überzogen werden, seine Augen sie kaum noch wahrnehmen. Er war an einem Tag um fünfzehn Jahre gealtert, und Leere und Trauer hatten Besitz von einem Mann ergriffen, der vor Lindells Augen verblich.
    »Sie war mein einziges Kind«, sagte er.
    Lindell umklammerte ihren Stift und wünschte sich, sie hätte jemanden mitgenommen. Von früheren Gelegenheiten wußte sie, daß sie weicher und gefühlsbetonter wurde, wenn sie mit Menschen in großer Not allein war. Sie konnte dann einfach nicht so gut nachdenken.
    »Führten Josefin und Sven-Erik eine glückliche Ehe?«
    »Ich denke schon«, flüsterte der Mann.
    Er starrte unablässig zum Küchenfenster hinaus.
    »Es gab keinen Streit?«
    »Wer

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