Das Steinbett
nach Rasbo hinausgefahren. Gabriella Mark hatte ihm erneut gedroht, die Wahrheit über MedForsks illegale Versuche zu enthüllen. Sie hatte zunächst gezögert, weil sie Sven-Erik Cederéns Ruf nicht beflecken wollte, sich dann aber doch entschlossen, alles der Polizei zu berichten.
»Sie starb, weil sie die Wahrheit ans Licht bringen wollte?« fragte Lindell.
»Sie haßte mich«, sagte Mortensen leise. »Sie hat mich für Sven-Eriks Tod verantwortlich gemacht.«
»Aber Sie waren nicht schuld an seinem Tod.«
»Ich wollte ihr nach Sven-Eriks Tod zur Seite stehen. Nun war sie ja wieder allein, aber sie redete die ganze Zeit nur über Sven-Erik und die Versuche. Ich dachte, ich würde ihr etwas bedeuten.« Er verstummte und sah auf seine Hände herab. Seine Atemzüge waren das einzige Geräusch im Raum. »Ich habe sie erwürgt«, sagte Mortensen undeutlich.
»Wo?« fragte Haver.
»In der Küche. Ich habe sie dann unter dem Steinhaufen begraben. Erst wollte ich sie im Auto mitnehmen, aber dann bekam ich Angst, ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, Geräusche im Wald zu hören. Ich bekam Angst. Gabriella …«
Er verstummte. Die beiden Polizisten warteten geduldig auf eine Fortsetzung. Er begann leise zu weinen und strich sich mit der Hand über das Gesicht.
»Haben Sie Josefin und Emily überfahren?« fragte Haver, der sich mittlerweile auf dem Platz der Mutter niedergelassen hatte.
»Nein, wirklich nicht«, sagte Mortensen mit lauter Stimme.
»Ich hätte ihr nie etwas antun können.«
Wieso, erklärte er nicht, aber Lindell überging diese Frage einstweilen. Mortensen würde noch früh genug reden.
»Sagen Ihnen die Namen Urbano und Olivares etwas?« fragte Lindell.
Mortensen stritt ab, die Spanier zu kennen. Er habe noch nie von ihnen gehört, geschweige denn sie während ihres dreitägigen Aufenthalts in Stockholm beherbergt. Lindell glaubte ihm.
»Josefin war schwanger, als sie starb, war das Kind von Ihnen?« fragte Haver.
Mortensen sah erschreckt aus, schüttelte jedoch den Kopf.
»Wir haben uns nur unterhalten«, sagte Mortensen. »Josefin war nicht glücklich.«
»Aber Sie wußten, daß die Auslöschung der Cederéns von Ihren spanischen Kollegen inszeniert wurde?« fragte Lindell.
Mortensen schwieg, so als denke er über seine Antwort nach.
»Sie haben hinterher angerufen«, sagte er nach langem Schweigen. »De Soto.«
»Was hat er gesagt?«
»Daß Sven-Erik aus dem Weg geschafft werden mußte. Er wollte nicht mehr mitmachen.«
»Der Landkauf in der Dominikanischen Republik, was hat es damit auf sich?«
Mortensen sah mittlerweile völlig erschöpft aus. Lindell hörte Schritte auf dem Korridor und gleich darauf Riis’ Stimme. Vielleicht war Mortensens Mutter immer noch da draußen. Mortensen blickte zur Tür, so als erwarte oder fürchte er, sie könne wiederkommen. Sein Blick war glasig, seine jungenhafte Ausstrahlung völlig verschwunden.
Lindell befürchtete, daß er jeden Moment zusammenbrechen könnte.
»Hatte das etwas mit den illegalen Tierversuchen dort zu tun?«
Mortensen blickte erstaunt auf.
»Ja, wir wissen, daß Sie dort illegale Versuche durchgeführt haben«, erklärte Lindell.
Mortensen sah sie verwundert an. Er lächelte ironisch.
»Weshalb lächeln Sie?«
»Sie sind gut im Bilde«, sagte er.
»Deshalb wollte Cederén doch sicher aussteigen, oder?« fragte Haver. »Er hielt es nicht mehr aus, daß die Affen gequält wurden. Es sind bestimmt einige gestorben, oder etwa nicht?«
»Vielleicht ein paar«, meinte Mortensen.
»Was halten Sie davon?«
»Es war nicht schön, aber manchmal geht es eben schief.«
»Warum wollte Cederén aussteigen, wenn die Versuche sowieso schon abgebrochen worden waren?« fragte Lindell.
»Ich weiß es nicht. Er war so verändert. Ich glaube, Gabriella hat ihn beeinflußt.«
»Sie haben in Malaga angerufen und davon erzählt?«
Mortensen nickte und sagte anschließend laut und deutlich ja in Richtung Mikrofon.
Dann konnte er nicht mehr. Er beugte sich vor und schloß die Augen. Lindell und Haver sahen sich an, beide waren erleichtert und erschöpft zugleich. Haver packte seine Notizen zusammen. Lindell beugte sich vor, um das Tonbandgerät abzustellen. Es wurde still im Raum. Mortensen saß wieder aufrecht auf seinem Stuhl und starrte mit leerem Blick die gegenüberliegende Wand an.
Ein Mörder hatte gestanden. Vor lauter Anspannung taten Lindell die Muskeln weh. Sie sah auf die Uhr, stand auf und ging, um telefonisch einen
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