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Das Steinbett

Das Steinbett

Titel: Das Steinbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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Wohnzimmer. Die Cousins hatten sich ziemlich verausgabt, aber Victor und Gerda waren immer noch in Topform und spielten Karten. Der Fernseher lief. Man zeigte Bilder aus Dalarna, das traditionelle Aufstellen des Mittsommerbaumes, Chorgesang und Tauziehen. Lindell schaute sich um und glaubte für einen Moment in einem Altersheim zu sein.
    Edvard erzählte Victor, daß der Bootssteg von der Polizei abgenommen worden sei. Der alte Mann lachte vergnügt.
    Viola rumorte in der Küche und setzte Kaffee auf. Lindell ging zu ihr. Edvard setzte sich auf das Sofa. Er hörte die beiden Frauen miteinander reden und mit Tassen und Untertellern klappern.
     
    Als sich der Schatten der Eberesche nach dem Dach des Hühnerhauses streckte, fuhren die alten Leute mit dem Traktor davon. Lindell, Edvard und Viola standen auf dem Hof und sahen sie in der Kurve hinter den dichten Pflaumensträuchern verschwinden.
    »Es wird kalt«, sagte Viola und schauderte. »Wenigstens wird es nicht regnen.« Sie redete weiter, frierend, aber ohne große Lust, ins Bett zu gehen. Lindell hätte Viola gerne gefragt, was sie davon hielt, daß sie zurückgekommen war, doch wußte sie, daß daran nicht zu denken war. Für einen Moment war sie wieder ins Grübeln verfallen. Sollte es wirklich dazu kommen? Sollten sie und Edvard jetzt die Treppe hinaufgehen und wieder ein Paar werden? Ihre Sehnsucht vermischte sich mit Angst vor der Zukunft. Sie wollte ein Zeichen der Billigung von Viola haben, so als könne die mürrische Frau mit ihrer Klugheit die Entscheidung fällen und sagen: Natürlich, ihr tut das Richtige, ihr werdet das schon packen. Oder aber: Fahr zurück nach Uppsala, Ann, Edvard ist nichts für dich. Ich weiß, wovon ich rede, ich bin eine Frau und lebe in seiner unmittelbaren Nähe.
    Sie war das Orakel zwischen ihnen. Sag etwas Entscheidendes, dachte Lindell und versuchte aus den Worten der Alten über das Wetter noch etwas anderes herauszuhören.
    Als hätte Viola Lindells widerstreitende Gedanken lesen können, schlug sie vor, noch einen Happen zu essen, bevor man ins Bett ging. Lindell wußte, daß die alte Frau Probleme mit dem Einschlafen hatte und gerne so lange wie möglich in Gesellschaft blieb, aber Edvard erklärte, er sei mehr als satt.
    »Na schön«, meinte die alte Frau, »dann gehen wir eben ins Bett und träumen süße Träume.«
     
    Der nächste Tag begann mit Übelkeit. Lindell war schon früh wach. Edvard schlief noch fest, als sie leise aufstand, sich anzog und hinausging.
    Es war ein traumhaft schöner Morgen. Die Vögel begrüßten sie mit einem Gesang, wie sie ihn schon sehr lange nicht mehr erlebt hatte. Sie kam gerade noch ins Freie, ehe sie zum ersten Mal würgen mußte. Der Geruch von Hering stieg ihr in die Nase. Der Morgen erschien ihr jetzt längst nicht mehr so einladend. Plötzlich war ihr speiübel, und sie rannte schnell um das Haus. An der großen Regentonne mußte sie sich übergeben. Kalter Schweiß brach ihr aus, und sie war kaum zum Denken gekommen, als sie sich auch schon ein zweites Mal übergeben mußte. Sie beugte sich vor und starrte angeekelt auf die Erde.
    Anschließend streckte sie die Hand nach der Tonne aus und tauchte die Finger ins Wasser. Die Übelkeit kam in Schüben. Sie spuckte aus und war sehr verwirrt. Sie hatte zwar etwas getrunken, aber soviel nun auch wieder nicht. Victors Selbstgebrannter Fusel ist schuld, dachte sie und bekam Angst. Von verunreinigtem Alkohol hatte sie nicht nur gehört, sondern auch dessen Folgen gesehen.
    Minutenlang stand sie reglos da, wusch sich dann das Gesicht und spülte sich den Mund mit Regenwasser aus. Hoffentlich hatte Viola sie nicht gesehen. Das Fenster der alten Frau lag zur Giebelseite, aber das Rouleau war noch heruntergelassen.
    Als sie sich nach einer Weile besser fühlte, richtete sie sich auf. Sie fror und verfluchte sich selbst, oder vielmehr ihren Körper, der ihr den schönen Morgen verdorben hatte. Den Vögeln waren ihre Qualen egal, der Wind sang weiter in den Erlen, und die Sonne wärmte sie trotz der frühen Stunde schon. Nur, daß sie trotzdem furchtbar fror.
    Eigentlich hatte sie vorgehabt, zum Meer hinunterzugehen, doch jetzt war sie unsicher geworden. Wenn sie wieder hineinlief und sich einen Pullover holte, weckte sie unter Umständen Edvard. Dann erinnerte sie sich, daß Viola eine ganze Reihe alter Mäntel und Strickjacken im Flur hängen hatte. Vorsichtig ging sie über den Kies im Hof und öffnete die Tür. Sie entschied sich für

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