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Das Steinbett

Das Steinbett

Titel: Das Steinbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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herkamen.
    Man sammele eine Gruppe von Inselbewohnern um einen gedeckten Tisch mit gefüllten Schnapsgläsern, dann wird es einem nie langweilig werden, dachte Lindell. Sie war nicht nur sehr satt, sondern auch sehr dankbar dafür, hier unter ihnen sitzen zu dürfen. Kurt hatte ein Trinklied über einen Schwan angestimmt. Er hatte eine klangvolle Stimme und sang voller Freude eine Strophe nach der anderen, bis Tore ihn schließlich bremste.
    Viola hatte zwei, drei Schnäpse getrunken und lächelte nun alle an. Ausnahmsweise schien sie nicht zu frieren.
     
    Das Essen zog sich in die Länge, und Lindell wurde langsam ungeduldig. Sie hatte noch keine Gelegenheit gehabt, in Ruhe mit Edvard zu reden. Sie ertappte sich dabei, daß sie an ihre Ermittlungen im Fall Cederén dachte. In Gedanken kehrte sie zu der Straße in Uppsala-Näs zurück und glaubte Julio Piñeda vor sich zu sehen. »Wir empfinden alle große Trauer …«
    Plötzlich hatte sie das Gefühl, daß die Lösung des Rätsels genau dort lag, in Piñedas großer Trauer.
    Edvard bemerkte ihre ernste Miene und begriff, wo sie mit den Gedanken war. Er flüsterte ihren Namen, und nach zwei Versuchen reagierte sie und blickte auf.
    »Wo bist du?« fragte er.
    »Hier«, antwortete sie schlicht.
    Sie stand vom Tisch auf. Edvard folgte ihrem Beispiel, und gemeinsam verließen sie die immer lauter werdende Runde. Lindell spürte, daß sie achtgeben mußte, was sie sagte. Die Schnäpse und das Bier zeigten eine größere Wirkung, als ihr bewußt gewesen war, solange sie noch am Tisch gesessen hatte.
    Schweigend, Seite an Seite, gingen sie zum Meer hinab. Edvard schaute nach Westen. Ein mächtiger Regenbogen erhob sich am Horizont, aber auf der Insel schien immer noch die Sonne. Sie blieben stehen. Ann wollte ihn anfassen, zögerte jedoch. Edvard setzte sich als erster wieder in Bewegung. Er nahm nicht den normalen Weg, sondern ging mit ihr durch hohes Gras und Kräuter, und sie kamen bei dem alten Bootshaus ans Meer.
    »Wie geht es dir?« fragte sie.
    »Gut.«
    Faß mich an, dachte sie.
    Er ging am Ufer entlang und erreichte den neuen Bootssteg.
    »Den Steg haben wir im Winter gebaut«, sagte er. »Ich, Victor und die Jungen.«
    Lindell nickte. »Schön«, sagte sie und begutachtete die stabile Konstruktion, die sich von den grau gewordenen Pfählen des alten Stegs und der Baufälligkeit des Bootshauses absetzte.
    Edvard trat ein paar Schritte hinaus und prüfte mit einigen schaukelnden Bewegungen die Stabilität. »Er wird lange halten«, meinte er und wandte sich wieder ihr zu.
    »Und die Jungen haben mitgeholfen?«
    Er nickte. »Sie haben die ganzen Ferien über Steine geschleppt. Dieses Steinbett ist das stabilste auf der ganzen Insel, sagt Victor. Sie haben wirklich hart gearbeitet.«
    »Steinbett, nennt man das so?«
    »Hmm.«
    »Das klingt ein bißchen seltsam«, sagte Lindell.
    »Victor hat danach zwei Wochen auf dem Sofa gelegen. Er war am Ende.« Edvard sah schweigend auf das Wasser hinaus.
    »Und was haben die Jungen gesagt? Hat es ihnen Spaß gemacht?«
    »Ja, es hat ihnen gefallen. Es war das Schönste, was ich seit meiner Scheidung erlebt habe.«
    Und was ist mit mir, dachte Ann, verstand aber, was er meinte.
    »Das mit den Steinen ist bestimmt erblich. Ich liebe es, mit Steinen zu arbeiten, mein Vater war genauso, und die Jungen haben es anscheinend von mir geerbt.« Er erzählte von den Steinen, die sie gesammelt hatten, und wie sie verschiedene Lösungen gefunden hatten, um sie hierherzuschaffen. Einige wogen mehr als hundert Kilo. Der Traktor und ein altes Spill waren unentbehrlich gewesen, um die Brocken an die richtige Stelle bugsieren zu können, aber natürlich hatten sie auch mit, den Händen und dem Brecheisen arbeiten müssen.
    Während Edvard redete, begriff Ann, daß dieser Bootssteg das Ziel ihres Spaziergangs zum Meer gewesen war. Er hatte ihr den Steg zeigen wollen. Ihr wurde klar, daß das Quartett ein Monument errichtet hatte. Für Victor war es aller Wahrscheinlichkeit nach der letzte Bootsanleger, bei dessen Bau er mitgeholfen hatte. Für Edvard war es der erste gewesen, eine Beschäftigung ganz nach seinem Geschmack. Es gab wahrscheinlich nur wenige Arbeiten, die noch so ursprünglich waren wie diese. Und dann die Jungen, die endlich zusammen mit ihrem Vater an einem gemeinsamen Projekt beteiligt waren. Lindell konnte sich ihren Eifer vorstellen, ihren Stolz.
    Ein Monument, das nun in der Bucht lag, sieben Zoll breite,

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