Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sterben in Wychwood

Das Sterben in Wychwood

Titel: Das Sterben in Wychwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
aus.
    Luke murmelte:
    «Es tut mir so leid – », und hielt inne.
    Sie fasste sich ebenso jäh wieder, wie sie die Fassung verloren hatte.
    «Sie müssen verzeihen», sagte sie. Sie streckte ihm die Hand entgegen, und er nahm sie. «Kommen Sie uns doch mal besuchen, solange Sie hier sind», sagte sie. «Es wäre so gut für Rose; sie hat Sie sehr gern.»
    «Ich habe sie auch sehr gern; ich finde Ihre Tochter das netteste Mädchen, das ich seit langem kennengelernt habe, Mrs Humbleby.»
    «Sie ist sehr gut zu mir.»
    «Dr. Thomas ist ein beneidenswerter Mann.»
    «Ja.» Mrs Humbleby ließ seine Hand los. Ihre Stimme war wieder ausdruckslos geworden. «Ich weiß nicht – es ist alles so schwer.»
    Als Luke sie verließ, stand sie in der Dämmerung, und ihre Finger wanden und drehten sich nervös ineinander. Auf dem Heimweg ging er in Gedanken die verschiedenen Phasen des Gesprächs durch.
    Dr. Thomas war einen großen Teil des Derbytages von Wychwood abwesend gewesen, und zwar im Auto. Wychwood war nicht ganz sechzig Kilometer von London entfernt. Angenommen, er hatte eine Entbindung durchgeführt – sprach mehr als seine Behauptung dafür? Nun, vermutlich ließ sich das herausfinden. Seine Gedanken wandten sich Mrs Humbleby zu –
    Was hatte sie gemeint mit ihrem Satz: «Es gibt sehr viel Schlechtigkeit hier…?»
    War sie einfach nur nervös und überreizt durch die Erschütterung über den Tod ihres Mannes? Oder steckte da mehr dahinter? Wusste sie vielleicht etwas? Etwas, das Dr. Humbleby gewusst hatte, bevor er starb?
    «Ich muss weitermachen», sagte sich Luke. «Ich muss weiterkommen in dieser Sache.»
    Entschlossen wandte er seine Gedanken von dem Gefecht ab, das zwischen ihm und Bridget stattgefunden hatte.

13
     
    A m folgenden Morgen kam Luke zu einem Entschluss. Er fühlte, dass er mit indirekten Erkundigungen so weit gekommen war, wie er konnte. Es war unvermeidlich, dass er früher oder später gezwungen sein würde hervorzutreten, und dass die Zeit gekommen war, die Schriftstellermaskerade fallen zu lassen und zu enthüllen, dass er mit einem bestimmten Ziel nach Wychwood gekommen war.
    Im Zuge dieses Schlachtplans beschloss er, als erste Honoria Waynflete zu besuchen. Die diskrete Art und eine gewisse Scharfsinnigkeit im Ausdruck dieser alten Jungfer hatten nicht nur einen günstigen Eindruck auf ihn gemacht –, er hoffte auch, dass sie ihm noch Interessantes mitteilen könnte, das ihm weiterhelfen würde. Er hatte die deutliche Ahnung, dass die Vermutungen von Miss Waynflete der Wahrheit recht nahe kamen.
    Er besuchte sie gleich nach dem Gottesdienst.
    Miss Waynflete zeigte keinerlei Überraschung über seinen Besuch. Als sie sich ihm gegenüber niedersetzte, die Hände ordentlich im Schoß gefaltet und die intelligenten Augen – die so sehr denen einer Ziege glichen – auf sein Gesicht gerichtet, fand er es gar nicht schwierig, gleich auf den Zweck seines Besuches zu kommen.
    «Ich vermute, Sie haben bereits erraten, Miss Waynflete, dass der Zweck meines Hierseins nicht nur der ist, ein Buch über die hiesigen Gebräuche zu schreiben?»
    Miss Waynflete neigte den Kopf und hörte weiter zu.
    Luke hatte vorläufig nicht die Absicht, ihr alles zu sagen. Miss Waynflete mochte diskret sein, aber ob man sich darauf verlassen konnte, dass sie der Versuchung widerstehen würde, ein paar guten Freundinnen eine aufregende Geschichte anzuvertrauen, musste zumindest bezweifelt werden. Deshalb hatte er beschlossen, einen Mittelweg einzuschlagen.
    «Ich bin hier, um mich über die Umstände zu erkundigen, unter denen der Tod jenes armen Mädchens Amy Gibbs erfolgte.»
    Miss Waynflete fragte:
    «Heißt das, Sie sind von der Polizei geschickt?»
    «O nein – ich bin kein Detektiv in Zivil.» Er fügte mit leichter Ironie hinzu: «Ich fürchte, ich bin der in Romanen so häufig auftretende ‹Detektiv aus Leidenschaft›.»
    «Ah, da war es also Bridget Conway, die Sie hierher gebracht hat?»
    Luke zögerte einen Augenblick, dann beschloss er, es dabei zu lassen. Ohne die ganze Pinkerton-Geschichte zu erzählen, war es schwer, seine Anwesenheit sonst zu begründen.
    Miss Waynflete fuhr indessen fort, warme Bewunderung in der Stimme.
    «Bridget ist so praktisch – so tüchtig! Ich fürchte, ich allein hätte meinem Urteil vielleicht misstraut – ich meine, wenn man seiner Sache nicht sicher ist, ist es schwer, sich zu einem entschiedenen Vorgehen zu entschließen.»
    «Aber jetzt sind Sie sich sicher,

Weitere Kostenlose Bücher