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Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li: Innere Übungen zur Stärkung der Lebensenergie (German Edition)

Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li: Innere Übungen zur Stärkung der Lebensenergie (German Edition)

Titel: Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li: Innere Übungen zur Stärkung der Lebensenergie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulli Olvedi
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kopfüber in das entgegengesetzte Extrem und verwechseln Anbetungssucht und Großartigkeitsprojektion mit gesundem Respekt und blinde Unterwerfung mit Hingabe.
    Der mittlere Weg, der beide Extreme vermeidet, muss erst gefunden werden. Zunächst einmal ist es nötig, dass wir mit einer gewissen Distanz unserem »Überzeugungskontext« gegenüber an die Beziehung zu einem Lehrmeister herangehen. Welche Art von Lehrer-Schüler-Verhältnis (die Bezeichnung »Lehrer/Schüler« ist hier wie im gesamten Buch natürlich geschlechtsneutral zu verstehen) kennen wir? Vermutlich denken wir zunächst an die Schule: In der Grundschule ist der Lehrer dem Kind gegenüber die wissende Autorität. Er gibt die Information, das Kind nimmt sie auf. Es muss Zahlen lernen, um rechnen zu können. Es muss Buchstaben schreiben lernen, um später Aufsätze schreiben zu können. Auf dieser Ebene des Beginns verhält es sich zwischen Lehrmeister und Adept einer spirituellen oder kontemplativen Disziplin ganz ähnlich: Zuerst brauchen wir Informationen; es muss uns jemand, der die Sache beherrscht, beibringen, was wir zu tun haben.
    Bei jugendlichen Schülern verändert sich die Beziehung zum Lehrer. Die Aufnahmebereitschaft des Kindes macht der kritischen Haltung eines Heranwachsenden Platz, der nun anfängt, das Gelernte selbst überprüfen zu wollen. Die Aussagen des Lehrers werden nicht mehr unbesehen hingenommen. Der Widerspruchsgeist als Ausdruck des Heranreifens ist der Versuch, eine eigene geistige Souveränität zu gewinnen. Ein guter Lehrer wird diese Entwicklung respektieren und sich auf die veränderte Haltung der Schüler einstellen; im besten Fall entsteht ein Verhältnis, in dem sich beim Lehrer natürliche Autorität, die auch Herausforderung beinhaltet, mit Freundschaftlichkeit verbindet, so dass der Schüler sich in seinem Reifungsprozess akzeptiert fühlt und seinerseits ebenfalls Ansätze zu einer freundschaftlichen Haltung entwickeln kann.
    In der Beziehung zwischen Meister und Adept wird nun der »Vertrauensvorschuss« von wachsendem echtem Vertrauen abgelöst. Dieses Vertrauen ist nicht blind, sondern intelligent.
    In der chinesischen Tradition war die Zugehörigkeit zum Schülerkreis eines Lehrers der kontemplativen Künste [19]   eine recht elitäre Angelegenheit. Die Schüler waren zur Geheimhaltung verpflichtet, und es galt als selbstverständlich, dass sie ihrer Wertschätzung für die Kostbarkeit dessen, was sie lernen durften, dadurch Ausdruck gaben, dass sie sich der Autorität des Lehrers völlig unterwarfen. Das sollte dem Schüler helfen, jenes »Selbstvergessen« zu entwickeln, um das es in all diesen Künsten geht. Die Betrachtung solch einer traditionellen Gepflogenheit kann uns inspirieren; durch blindes Nachahmen kann die entsprechende Qualität von Offenheit und Hingabe jedoch nicht erzeugt werden. In der Beziehung zu Lehrmeistern aus anderen Kulturen sollten wir außerdem nicht nur unsere eigene, sondern auch deren Erwartungshaltung untersuchen, um Missverständnisse und Enttäuschungen auf beiden Seiten zu vermeiden.
    Meister Zhi-Chang Li pflegt die richtige Einstellung des Lernenden mit dem Bild des Radios zu beschreiben: Um eine Sendung zu empfangen, muss das Gerät eingeschaltet und dann der Sender genau eingestellt werden. Diese Metapher hat einen allzu technischen Charakter, verglichen mit der tatsächlichen Dimension des »Sich-Einlassens«, doch weist sie darauf hin, dass sich der Lernende auf die »Wellenlänge« des Meisters einstellen muss. Wie aber soll das geschehen? Auf unserer Suche nach der »integralen« Form werden wir experimentieren müssen, mit einem Sinn für Offenheit und Neugier, so dass sich sinnliches und intuitives Wahrnehmen mit analytischem Verstehen verbinden können.
    Damit wäre auch einer weiteren Schwierigkeit die Spitze genommen: der Neigung vieler westlicher Adepten, nur solche Lehrer kontemplativer Disziplinen für vertrauenswürdig zu halten, die mit einem exotischen Erscheinungsbild aufwarten können. Diese Voreingenommenheit kann den Blick dafür trüben, dass westliche Schüler von östlichen Meistern ebenfalls zu autorisierten Lehrern ausgebildet werden können und dass ihre Qualität als Lehrende ebenfalls nur auf dem Weg über einen Vertrauensvorschuss und die eigene Erfahrung geprüft werden kann.
    Eine Neuorientierung wird schließlich auch durch die veränderte Situation nötig sein, dass in der neuen kulturellen Einbettung fremder Traditionen die Frauen

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