Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li: Innere Übungen zur Stärkung der Lebensenergie (German Edition)

sind, in chinesischen Krankenhäusern offiziell eingesetzt.
    Die Fähigkeiten, die moderne Qi-Gong-Meister in China gelegentlich zur Schau stellen, können beeindruckend sein. Der amerikanische Arzt David Eisenberg berichtet von solch einer Darbietung eines »Meisters aus einer fernen Provinz«. Es war ein Treffen in aller Heimlichkeit, das chinesische Freunde für ihn arrangiert hatten, denn es fand zu einer Zeit statt (1979), als »Qi-Gong-Meister noch als Staatsgeheimnisse galten«.
Seine [des Meisters] Unterarme waren unglaublich entwickelt. Mit sechzig Jahren war seine Haut straff. Sein rasierter Kopf trug eine Anzahl von Narben. Jenseits seiner offensichtlichen körperlichen Kraft besaß dieser Mann eine Aura von Selbstvertrauen und gelassener Unbeugsamkeit – er war eine Kombination aus buddhistischem Mönch und Stahl … Der Abend wurde zu einem der einprägsamsten meines Lebens. Sobald ich den kleinen Raum in der Wohnung des Vetters betreten hatte, begann der Qi-Gong-Meister mit seiner Darbietung. Er war entschlossen, mich zu überzeugen, dass Qi existiert und dass all die Geschichten stimmten, die ich über Qi Gong gehört hatte.
Er begann mit seinen täglichen Aufwärmübungen, die ihm halfen, Kontrolle über sein Qi zu erlangen. Zuerst schluckte er eine Eisenkugel von ungefähr sechs Zentimeter Durchmesser und eineinhalb Pfund Gewicht. Dann schluckte er eine zweite Kugel. Er forderte mich auf, die beiden Kugeln in seinem Magen zu ertasten. Ich tastete seine Mitte ab und stellte zwei metallische Klumpen fest. Dann brachte er die Kugeln entgegen der Schwerkraft hoch und spuckte sie vor meinen Füßen aus. Eine beachtliche Aufwärmübung.
    Nachdem der Meister noch einen Stein auf seinem Kopf zertrümmert hatte, bat sein Besucher, er möge einen Gegenstand mit Qi-Kraft bewegen, ohne ihn zu berühren. Dies habe er noch nie getan, sagte der Meister, aber er könne es ja versuchen. Man einigte sich auf die Quasten einer chinesischen Lampe, die still im Raum hing:
Der Qi-Gong-Meister war so weit. Er begann sein tiefes Durchatmen und fing mit Anspannen und Dehnen seiner Muskeln an, indem er eine Serie von Kampfkunst-Schritten durchführte, die von der Form her Taijiquan ähnelten. Oberhalb der Taille beschrieben seine Schultern, Arme und Hände Kreise in der Luft. Unterhalb der Taille war er wie eine Baumwurzel mit dem Boden verankert. Am Ende des Gestikulierens zeigten sein linker Fuß und rechter Arm direkt zur Laterne hin. Die Finger seiner rechten Hand waren entspannt, die Handfläche im rechten Winkel auf die Quasten gerichtet. Dann geschah es. Obwohl er einen Meter entfernt war, bewegten sich die Quasten, und zwar alle sechs. Die Laterne begann langsam hin- und herzuschwingen. Ich war sprachlos. Entweder man hatte mich reingelegt, oder ich war soeben erstmalig mit Kräften konfrontiert worden, welche die westliche Wissenschaft noch nicht erfasst hatte. [25]  
    Das Qi Gong ist aus Chinas Alltag nicht mehr wegzudenken. In einem Artikel einer medizinischen Zeitschrift wird stolz verkündet:
In den letzten Jahren wurde Qi Gong nicht nur in der Medizin, sondern auch in anderen Bereichen angewandt. In Sport und Körperkultur half Qi Gong den Menschen, die Funktionen der verschiedenen Körperteile zu koordinieren, sie zu entspannen, den Blutkreislauf zu stärken und die Kondition zu verbessern. Mithilfe von Qi Gong können die Studenten ihre Aufmerksamkeit besser auf den Unterricht konzentrieren, ihr Gedächtnis stärken und gute Leistungen erzielen. Qi Gong wurde gleichfalls zur Steigerung der Kampfkraft der Soldaten und zur Stärkung ihrer Ausdauer und Selbstkontrolle genutzt. [26]  
    Neue Veröffentlichungen über Qi Gong mit Zitaten aus Werken der taoistischen Inneren Alchimie und der Darstellung von Übungen mit »esoterischem« Charakter (Übungen, die hauptsächlich auf Imagination beruhen) lassen vermuten, dass sich die Dimension der Qi-Gong-Praxis in China auf Bereiche auszudehnen beginnt, die vor ein paar Jahren noch von offizieller Seite als Abgrund des Aberglaubens diffamiert wurden. Ein beeindruckendes Beispiel hierfür ist ein Überblick über die ärztliche Qi-Gong-Methodik, verfasst von dem chinesischen Qi-Gong-Arzt und -Lehrer Lu Haixing (Direktor der »Dao-Yin-Shu-Qigong-Forschungsgesellschaft Chinas«, Mitglied des »Nationalen Instituts für chinesische Medizin« und der »Forschungsgesellschaft für Wissenschaftliches Qigong« usw.). [27]  
    Lu Haixing veröffentlicht