Das Stockholm Oktavo
langjährigem Gegner. Pechlin wechselte seine politischen Verbündeten öfter als ein Mann die Strümpfe, immer aber stand er auf der Seite der machtvollsten Gegner des Königs. Man sagte, Pechlin sei nur noch auf freiem Fuß, weil es für seine landesverräterischen Reden keine Zeugen gab. Ich stellte mich locker zu einem Grüppchen in ihrer Nähe und sorgte dafür, dass mein Gesicht im Dunkeln blieb.
»Herzog Karl, Ihr braucht wahrlich keine Bestätigung von einem Blatt Karten«, sagte die Uzanne.
Der Herzog wurde rot und zog in nervöser Erregung seine Manschetten glatt. »Wir hatten keine Karten, Madame. Diese Sofia Sparv ist in irgendeinen veränderten Bewusstseinszustand eingetreten. Ich durfte ihre Verwandlung nicht beobachten.« Der Herzog blickte die Stiege hinauf zu dem oberen Raum. »Zwei Kronen – sie hat gesagt, ich würde zwei Kronen tragen.«
»Na, dann haben wir doppeltes Glück«, sagte Pechlin und umklammerte mit seinen altersfleckigen Händen den Elfenbeinknauf seines Gehstocks. »Hat sie Euch weiteren Rat gegeben?«
»Ich drang in sie, aber sie wollte nichts sagen.« Herzog Karl machte ein wütendes Gesicht, als hätte man ihn irgendwie hintergangen. »Ihr müsst mich beraten, liebe Freunde. Ich bin nicht sicher, auf welchem Weg diese ruhmreiche Vision eintritt.«
»Es gibt nur einen Weg«, sagte Pechlin, »es scheint zwar ein dunkler zu sein, doch er wird uns alle zum Licht führen. Er muss verschwinden. Für immer.«
»Das ist zu dunkel, General, viel zu dunkel.« Herzog Karl zog die Stirn kraus und wandte sich an die Uzanne. »Sie sehen heute Nacht aus wie ein Engel, Kristina. Wie schön, Sie aus den schwarzen Kleidern heraus zu wissen! Vielleicht haben Sie in dieser Sache eine sanftere, klügere Vorgehensweise anzubieten.«
»Ich würde sagen, viele Pfade führen zum Sieg, und die offensichtlichsten Wege sind nicht immer die besten. Ein Verschwinden ja, aber nicht für immer. Lediglich körperlicher oder auch geistiger Abstand. Ich bevorzuge ein raffinierteres Gefecht.«
»Für eine Frau ist in der Schlacht kein Platz, Herzog Karl«, sagte Pechlin.
Der Herzog ignorierte ihn, seine Hand glitt über die grüne Seidenschärpe an der Taille der Uzanne, seine Augen und sein Atem hingen an ihrem Busen. »Welche Waffen würden Sie tragen?«
»Nicht die Waffen der Männer«, gab sie mit einem Lächeln zurück und hob mit dem Rand ihres Fächers Herzog Karls Kinn an.
Er beugte sich weit vor, seine Lippen berührten ihr Ohrläppchen. »Ein Engländer sagte einmal: ›Damen sind mit dem Fächer bewaffnet wie Männer mit dem Schwert, und manchmal führen sie damit mehr Exekutionen aus.‹«
»Das Rascheln und Raffen eines Rocksaums, ein Seufzer, ein Fächer. Haltet Ihr das für geeignete Mittel, um eine Krone zu brechen?«, fragte Pechlin.
»Sie haben es zwanzig Jahre lang ohne Erfolg versucht, General, und Sie hatten alle Mittel der Männerwelt zur Verfügung«, konterte die Uzanne, ihre Wangen wurden rosig unter dem Film aus weißem Puder.
Pechlin blickte an die Decke. »Kennt Ihr die Fabel von der Sonne und dem Wind, Herzog? Die beiden schließen eine Wette ab, welches Element dem Wanderer den Umhang vom Rücken reißt. Und es ist nicht die Luft – das Feuer gewinnt die Oberhand. Ich nähre diese Flamme seit Gustavs Handstreich ’ 72 .«
»Ich hüte beides, General, Wind und Feuer, und mein Feuer ist frisch; ich habe die Trauerzeit erst seit kurzem hinter mir«, sagte die Uzanne und ließ ihren Fächer zuschnappen.
»König Gustav hat mich zusammen mit Ihrem Gatten und achtzehn weiteren Edelleuten inhaftiert, Madame. Meinen Sie, mein Feuer sei erloschen?«
Herzog Karl ließ langsam die Hand von der Taille der Uzanne gleiten und verbeugte sich vor Pechlin. »Gab es jemals einen standfesteren General?« Er küsste der Uzanne die Hand. »Und gab es jemals eine charmantere Amazone?«
»General.« Die Uzanne nickte Pechlin kühl zu.
»Madame.« Pechlin verbeugte sich, allerdings nur leicht.
»Madame?« Carlotta war erleichtert, die Uzanne zu finden, und eilte herbei. »Oh!« Sie blieb stehen und machte einen anmutigen Knicks vor dem Herzog, dabei streckte sie die Hände mit Kelchen voller Minze-Punsch aus und bot sie ihm an, die schlaffen Blätter hingen an dem beschlagenen Glas.
»Der Zauber des Abends geht weiter! Sie kommen genau im richtigen Moment, meine liebe Nymphe.« Der Herzog nahm die angebotenen Kelche, einen reichte er der Uzanne, den anderen dem General. »Ich werde zwei
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