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Das Stockholm Oktavo

Das Stockholm Oktavo

Titel: Das Stockholm Oktavo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Engelmann
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um. Sie brachte all ihre Talente ein, denn im Moment wünschte sie sich nichts sehnlicher als Frau von Hälsens Fächer. Und den würde sie bekommen. Die Damen machten nur eine kurze Pause, um etwas zu trinken, und Frau von Hälsen wollte nichts davon hören, dass man die Spieler wechselte oder die Partie abbrach. Sie sagte, es sei schon lange her, dass Fortuna ihr so nah und so hold gewesen sei.
    Gegen zehn Uhr befand sich jeder Spieltisch in seiner eigenen Welt. Madame Sparv ging wie üblich zwischen den Tischen hin und her und brachte als stille Beobachterin neue Kartendecks oder orderte eine Flasche. Dem Tisch des Herzogs näherte sie sich nicht, die Spieler dort verscheuchten alle, die zu nahe kamen. Aber um den Tisch der Uzanne herum bewegte sie sich häufig und erspürte, dass eine List im Gang war.
    Die Uzanne schob ihren Kartenstapel weg. »Sie haben mich erledigt, Frau von Hälsen. Wenn ich noch eine weitere Öre setze, werde ich als Gefangene im Spinnhaus von Långholmen enden.«
    Frau von Hälsen war ganz geknickt, ihre Augenbrauen versuchten, sich zu treffen und sich gegenseitig Trost zu spenden. Sie klopfte mit dem Stiel der schönen Eva auf den Tisch. »Eine weitere Partie würde doch sicherlich …«
    Die Uzanne trommelte mit den Fingern, dann hellte sich ihre Miene auf. »Es kommt vor, dass man andere Einsätze am Tisch macht als Geld. Wir könnten unsere Fächer setzen. Aber meiner ist so altmodisch – sehen Sie nur, wie lang er ist. Wer verliert, kann sich damit trösten, einen neuen zu kaufen.«
    »O Madame, ein neuer Fächer wäre wunderbar!« Carlotta legte einen mittelmäßigen Fächer auf den Tisch, ein Andenken aus Italien. Miss Fläder, die einen drittklassigen englischen Fächer mit einem Blatt aus bedrucktem Papier bei sich hatte, klatschte in die Hände und knallte ihn neben den italienischen. Frau von Hälsen jedoch senkte stirnrunzelnd den Blick. »Nennen Sie den Wert Ihrer Einsätze, meine Damen, ich setze dafür Bargeld. Mein Fächer ist alt, aber ich hänge an ihm.«
    Die Uzanne wartete einen Moment, nahm dann ihren Fächer und befühlte die warmen Elfenbeinstäbe. »Auch mir würde es leidtun, eine alte Freundin zu verlieren, aber der Herzog hat uns befohlen, heute Nacht nur in die Zukunft zu blicken«, sagte sie. Sie fächerte ihn mit dem kleinen Finger der linken Hand auf und legte sein bemaltes Seidenblatt aus. »Ich biete Kassiopeia«, sagte sie liebevoll. »Sie war ein Geschenk meines verstorbenen Mannes Henrik.«
    Kassiopeia war groß, sie war zwei Spannen lang. Stäbe und Deckstäbe waren aus schlichtem Elfenbein, der Dorn war aus Silber und mit einem blauen Schmuckstein versehen. Der Stiel lief eng zusammen, und das Seidenblatt zeigte eine melancholische Landschaft – ganz oben war der Himmel tief purpurn, dann von einem Kobaltblau, das in einen orangeroten Sonnenuntergang überging; Wolkenfetzen bildeten lange rote Schleppen, Vögel flatterten in einem Bogen auf. Ich beugte mich vor, um dieses so merkwürdig vertraute Bild besser zu sehen. Vor einem stattlichen Herrenhaus wartete eine schwarze Kutsche darauf, einen ins Reich der Sinne zu bringen.
    Carlotta drehte den Kopf und begutachtete den aufgeklappten Fächer. »Verzeihung, Madame, aber warum heißt er Kassiopeia? Sollten Sie ihn der Kutsche wegen nicht lieber ›Der Reisende‹ oder ›Der Gast‹ nennen?«
    »Ich ändere nie einen Namen, auf den der Fächer bereits hört, vor allem wenn er von einer Dame von solcher Begabung und solcher Berühmtheit getauft wurde.«
    »Und wer soll das sein?«, fragte Frau von Hälsen.
    »Henrik schwört … schwor, dass er Madame de Montespan gehört hat, der Hauptmätresse Ludwigs XIV . Das Bild auf dem Blatt erinnert an ein frühes Rendezvous auf dem Landschloss ihres Geliebten, des Königs.« Die Uzanne drehte den Fächer um, die indigogefärbte Seide war über und über mit Pailletten und kleinen Glasperlen bestickt. »Die Darstellungen auf der Rückseite erinnern an die Mysterien und Freuden der Nacht. Und ihre vielen Geheimnisse. Madame de Montespans Name ist auf ewig mit Liebe und großem Zauber verbunden, aber auch mit schwarzer Magie und der Giftmischerinnenaffäre. Soll ich Ihnen das Geheimnis meines Fächers verraten?«
    Die Damen nickten begierig und steckten die Köpfe zusammen.
    »Wenn Sie ganz genau hinsehen, erkennen Sie, dass Kassiopeias Mittelstab auf der Rückseite mit Seide überzogen ist. Darin steckt ein Federkiel, er kann wiederum ein Stückchen Papier mit

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