Das Stockholm Oktavo
Weg.
Ich folgte Carlotta und der Uzanne in den Spielsaal. An die vierzig Gäste hatten sich eingefunden, Gesichter und Roben der Damen wirkten blass in dem dunklen Raum. Die Herren, die gedecktere Farben trugen, traten in den Hintergrund wie Geister. In der warmen, stehenden Luft roch es nach Parfüm, Tabak und Schweiß. Das Gelächter klang ein wenig gezwungen, die Spieltische waren noch leer, und eine erwartungsvolle Spannung schmälerte die sonstige Lust auf Spiel und Gelage.
»Ich kann nicht glauben, dass ich Seiner Gnaden begegnet bin«, sagte Carlotta ehrfürchtig. »Ich bin dem Herzog begegnet! Oh, Madame, meinen Sie, die Zeichen sind günstig?«
»Dieser Hang zur Magie ist pure Schwäche. Der Herzog muss sich zuverlässigere Mittel beschaffen«, sagte die Uzanne und klappte langsam ihren Fächer auf.
»Aber der Herzog …«
»Ich bin durstig, Carlotta. Nehmen Sie selbst auch eine Erfrischung zu sich, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Und hören Sie auf, an Ihrer Lippe herumzubeißen!«
Carlotta eilte davon. Ihre respekteinflößende Gönnerin begann, in einem steten Rhythmus mit dem Fächer zu wedeln, langsamer nach außen, gefolgt von einem schnellen Schlag nach innen. Sie schien sich auf die Damen im Raum zu konzentrieren – oder eher auf die Fächer, die diese bei sich trugen. Der heutige Abend bot ihr Gelegenheit, in aller Ruhe die Faltfächer zu begutachten, die vor kurzem die Stadt erreicht hatten, und sowohl ihr Wissen über sie als auch ihre Sammlung zu erweitern. Die Uzanne wartete geduldig, in der Hoffnung, ein neues oder seltenes Exemplar zu entdecken. Wenn etwas Begehrenswertes auftauchte, verwickelte sie die Besitzerin in ein Gespräch, entlockte ihr Preis und Herkunft des Fächers und überlegte dann, ob er es wert war, nach ihm zu trachten. Nach ein paar Minuten zog sie einen elfenbeinfarbenen Block und einen Bleistift aus der Tasche ihres Kleides und machte sich Notizen. Dann lenkte sie ihre Aufmerksamkeit auf die Herren; sie begann, durch den Saal zu wandern und deren Gespräche zu belauschen. Während ich ihr unauffällig folgte, bekam ich Bruchstücke davon mit: König Gustav wolle die Führung des Reichstags und die Arbeit in den Ministerien unwissenden Ladenbesitzern und ungehobelten Bauern überlassen; Schweden sei in größter Gefahr, es brauche Stabilität und Tradition, die nur die Patrioten dem Land geben konnten; der Tyrann müsse beseitigt und sein angeblich unrechtmäßiger Erbe unter Kontrolle gebracht werden; Herzog Karl müsse den Thron besteigen. Wenn die Hellseherin doch nur ein Omen dazu lieferte – er würde es tun!
Der Eifer dieser hochverräterischen Gespräche wurde immer glühender, das Tempo des Fächers der Uzanne steigerte sich entsprechend, bis sich auf einmal alle Köpfe drehten und die Stimmen verstummten. Herzog Karl stand mit Madame Sparv am Arm am Fuß der Treppe. Er lächelte herzlich, aus seinem Gesicht sprach Bewunderung. Madame Sparv war blass, sie hatte den Blick starr auf den Boden gerichtet.
»Dass Gustav Sie seit Paris für sich allein behalten hat, ist eine Ungerechtigkeit und macht die alte Kränkung, damals zurückgelassen worden zu sein, nur noch größer. Ich bin überglücklich, Sie endlich kennengelernt zu haben.«
Der Herzog nahm Madame Sparvs Hand und küsste sie in Dankbarkeit. Die Menge applaudierte und drängte sich zu ihm, aufgeregte Stimmen erhoben sich. Die Zeichen waren also eindeutig günstig gewesen. Madame Sparv machte einen schnellen Knicks, dann eilte sie zurück ins Hinterzimmer und wischte sich die Hand am Kleid ab. Als sie vorbeilief, berührte ich sie am Ärmel. Sie blieb stehen und starrte mich an. »Sie?«
»Madame Sparv!«, zischte ich. »Ein Treffen der Patrioten – hier?«
»Ich habe nicht darum gebeten, weiß Gott nicht! Aber warum, in Dreiteufelsnamen, sind Sie hier, Herr Larsson?«, fragte sie aufgeschreckt.
»Wegen meines Oktavos. Und wegen Carlotta«, sagte ich leise. »Carlotta Vingström. Sie begleitet die Uzanne.«
»Sie müssen lauschen!«, flüsterte sie und deutete auf den Herzog. »Ich bin verpflichtet, meine Visionen zu schildern, und ich fürchte, er will danach handeln. Gehen Sie schnell, aber seien Sie diskret«, sagte sie und war schon weg, bevor ich noch protestieren konnte.
Aus Neugier und nun auch aus einem gewissen Maß an Vorsicht hielt ich mich im Hintergrund. Ich ging ins Foyer, wo Herzog Karl und die Uzanne im Gespräch mit General Carl Fredrik Pechlin waren, König Gustavs
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