Das Syndikat der Spinne
geradezu erdrückend. Sie kommen da nicht mehr raus.«
»Augenblick, Augenblick«, rief Küchler mit Schweiß auf der Stirn. »Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie da reden. Wer ist dieser Pierre Doux? Sie sprechen in Rätseln. Das ist alles ein Komplott oder ein Missverständnis. Eins von beidem. Ja, das muss es sein! Sie stecken alle unter einer Decke! Wir sind hier in dem Büro von Dr. Blumenthal, und Sie haben doch selbst gesehen, dass die verschwundenen Unterlagen …«
»Sparen Sie sich Ihre Worte für den Richter«, wurde Küchlers Redefluss von Durant unterbrochen. »Sie sind verhaftet. Legt ihm Handschellen an und seinen beiden Mitstreitern auch. Sie haben hoch gepokert und verloren. So ist das nun mal, das Spiel des Lebens. Der eine gewinnt, der andere verliert. Sie haben uns lange genug zum Narren gehalten.«
»Aber Laskin darf weiter frei rumlaufen, was?!«, schrie Küchler, während ihm Kullmer die Handschellen anlegte. »Er ist ein Verbrecher!«
»Er ist Kronzeuge. Und zwar ein anonymer, so wie Sie ihm das selbst zugesagt haben. Und jetzt hätte ich gerne Ihr Handy und den Schlüssel zu Ihrem Büro und Ihrem Haus.«
»Was wollen Sie mit meinem Handy?«
»Nur etwas kontrollieren. Sie haben doch nichts dagegen, oder etwa doch?«, fragte sie spöttisch.
»Sie haben nichts gegen mich in der Hand!«, stieß er mit kehliger Stimme hervor. »Nichts, aber auch rein gar nichts! Das ist ein Komplott!!! Blumenthal ist der Schuldige, Blumenthal, dieser verdammte Jude, ganz allein!«
»Warum denn gleich so ausfällig, Herr Küchler?«, sagte sie sanft und streckte die Hand aus. »Ihr Handy.« Als er keine Anstalten machte, es ihr zu geben, griff Kullmer ungefragt in die Innentaschen seines Jacketts, bis er es gefunden hatte, und holte es heraus. Es war eingeschaltet.
»Schauen wir doch mal, was heute Abend so an SMS-Nachrichten eingegangen ist«, sagte Kullmer und drückte ein paar Tasten. »Hm, nur eine –, ›Der Flieger ist gelandet‹. Kommt mir irgendwie bekannt vor. Diese Meldung ist von Jakobi beziehungsweise George
W. Baker abgeschickt worden, kurz bevor er sich selbst ins Jenseits befördert hat. Vorher hat er uns aber noch verraten, dass er im Steigenberger abgestiegen ist, und hat uns außerdem seine Zimmernummer genannt. Und einer Ihrer beiden Bluthunde hat ebenfalls bei Ihnen angerufen, um Ihnen zu sagen, dass der Flieger gelandet ist. Die Nummer müsste ja auch noch hier im Speicher sein. Egal, auf der Chipkarte sind sowieso alle Gespräche und SMS-Nachrichten aufgeführt, die Sie in der letzten Zeit getätigt haben.«
Jetzt wollten die beiden Begleiter von Küchler eingreifen, doch Müller und Hellmer hielten sie zurück, indem sie die Pistolen auf sie richteten.
»Keine Mätzchen. Ihr wollt doch nicht für Küchler ins Gras beißen, oder?«, sagte Müller mit der stoischen Ruhe eines Polizisten, der im Laufe von über dreißig Dienstjahren schon einiges miterlebt hatte und den so leicht nichts mehr aus der Fassung brachte. »Und jetzt ganz vorsichtig die Waffen auf den Boden legen.«
Er wartete, bis sie seiner Aufforderung nachgekommen waren, dann verpassten er und Hellmer ihnen ebenfalls Handschellen.
»Wie ich das sehe, ist hier alles getan. Fahren wir aufs Präsidium«, sagte Berger. »Aber um ehrlich zu sein, zu langen Verhören habe ich heute keine Lust mehr. Den Haftbefehl besorgen wir uns morgen Vormittag. Oder hat einer etwas dagegen?«
Kopfschütteln.
Blumenthal trat zu Küchler, blieb etwa einen Meter vor ihm stehen und sagte: »Und ich habe Sie immer wie einen Sohn behandelt. Warum haben Sie das getan? Warum haben Sie einen solchen Hass auf mich? Was habe
ich
Ihnen getan? Sagen Sie es mir, damit ich es verstehen kann.«
Küchler kniff die Augen zusammen und verzog den Mund zu einem verächtlichen Lächeln. »Sie werden nie etwas verstehen. Leutewie Sie sind gefährlich, sehr gefährlich. Und das werden alle hier irgendwann noch einsehen. Ihr seid alle so verblendet, dass ihr nicht einmal merkt, was hier gespielt wird. Und jetzt gehen Sie mir aus dem Weg, ich kann Ihre Visage nicht mehr sehen.«
»Wie Sie wünschen. Von mir haben Sie jedenfalls keine Hilfe zu erwarten.«
»Scheren Sie sich zum Teufel.«
Als die Beamten gingen, sagte Blumenthal zu Durant: »Hätten Sie noch kurz Zeit für mich?«
Sie drehte sich zu ihm um. »Ja.«
»Frau Durant, ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll. Ich würde mich gerne dafür revanchieren, aber mir fehlen im Moment die Worte.
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