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Das Testament der Götter

Das Testament der Götter

Titel: Das Testament der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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muckte nicht auf; zwischen dem Hund und der Äffin war Waffenstillstand geschlossen. »Ich habe sie auf einem Markt gekauft, auf dem man Waren aus Nubien feilbot; sie schien so unglücklich, so verloren, daß ich nicht widerstehen konnte.« An ihrem linken Handgelenk entdeckte er einen merkwürdigen Gegenstand.
     
    »Befremdet Euch meine tragbare Uhr {23} ? Sie ist mir unerläßlich, um meinen Beruf auszuüben. Mein Name ist Neferet; ich bin Ärztin.« Neferet, »die Schöne, die Vollkommene, die Vollendete« … Welch anderen Namen hätte sie tragen können? Ihre goldene Haut schien unwirklich; jedes Wort, das sie aussprach, war wie einer der verzaubernden Gesänge, die man bei Sonnenuntergang auf dem Land vernahm.
    »Dürfte ich Euch nach Eurem Namen fragen?« Es war unentschuldbar. Er hatte sich nicht einmal vorgestellt und also eine sträfliche Unhöflichkeit begangen.
    »Paser … Ich bin einer der Richter des Gaus.«
    »Seid Ihr hier geboren?«
    »Nein, in der Gegend von Theben. Ich bin gerade erst nach Memphis gekommen.«
    »Auch ich bin dort geboren!« Sie lächelte verzückt. »Hat Euer Hund seinen Auslauf beendet?«
    »Nein, nein! Er bekommt nie genug.«
    »Gehen wir ein wenig, ja? Ich muß Luft schnappen; die Woche, die gerade verstrichen ist, war ermüdend.«
    »Übt Ihr Euren Beruf bereits aus?«
    »Noch nicht; ich beende mein fünftes Lehrjahr. Ich habe zunächst die Arzneikunde und die Zubereitung der Heilmittel erlernt, dann habe ich im Tempel von Dendera als Tierkundige gedient. Man hat mich gelehrt, die Reinheit des Blutes der Opfertiere zu untersuchen und alle Arten von Tieren, von der Katze bis zum Stier, zu pflegen. Fehler wurden hart bestraft – mit dem Stock, wie bei den Knaben!« Paser litt bei der Vorstellung, daß diesem bezaubernden Körper Marter zugefügt wurden.
    »Die Strenge unserer alten Meister ist die beste aller Ausbildungen«, befand sie. »Wenn das Ohr des Rückens offen ist, vergißt es die Unterrichtung nie mehr. Anschließend bin ich in der Schule der Heilkunde von Sais aufgenommen worden, wo ich den Titel einer ›Zuständigen der Leidenden‹ erhielt, nachdem ich verschiedene Fachgebiete studiert und mich darin geübt habe: Heilkunde der Augen, des Bauches, des Anus, des Kopfes, der verborgenen Organe, der in den Säften gelösten Flüssigkeiten und der Chirurgie.«
    »Was verlangt man noch von Euch?«
    »Ich könnte bereits Fachheilkundige sein, doch das ist der niedrigste Rang; ich werde mich damit begnügen, falls ich nicht imstande bin, Ärztin der allgemeinen Heilkunde zu werden. Der Fachheilkundige sieht bloß einen Ausdruck der Krankheit, ein begrenztes Bild der Wahrheit. Ein Schmerz an einer bestimmten Stelle bedeutet nicht, daß man den Ursprung des Übels kennt. Ein Fachheilkundiger vermag nur einen Teilbefund zu erstellen. Arzt der allgemeinen Heilkunde zu werden, ist das wahre Ziel jedes Heilkundigen; doch die zu bestehende Prüfung ist derart schwierig, daß die meisten davon Abstand nehmen.«
    »Wie könnte ich Euch helfen?«
    »Ich werde meinen Meistern allein trotzen müssen.«
    »Möge es Euch gelingen!«
    Sie durchschritten ein Beet Kornblumen, in dem Brav sogleich herumtollte, und ließen sich im Schatten einer Purpurweide nieder.
    »Ich habe viel geredet«, beklagte sie, »das entspricht nicht meinen Gewohnheiten. Solltet Ihr Bekenntnisse anlocken?«
    »Sie gehören zu meinem Beruf. Diebstähle, rückständige Zahlungen, Kaufverträge, Familienstreitigkeiten, Ehebrüche, Gewalttaten, ungerechte Abgaben, Verleumdungen und tausend andere Verstöße, das ist der Alltag, der mich erwartet. Mir fällt es zu, Ermittlungen zu leiten, Aussagen nachzuprüfen, Tatsachen und Hergänge zu erschließen und Urteile zu fällen.«
    »Das ist mühselig.«
    »Euer Beruf ist es nicht minder. Euch liegt das Heilen am Herzen, mir, daß Recht gesprochen werde; mit unseren Anstrengungen zu haushalten wäre Verrat.«
    »Ich verabscheue es, die Umstände auszunutzen, aber …«
    »Sprecht, ich bitte Euch.«
    »Einer meiner Lieferanten von Heilkräutern ist verschwunden. Er ist ein barscher, doch rechtschaffener und sachkundiger Mann; gemeinsam mit einigen Berufsgenossen haben wir kürzlich Anzeige eingereicht. Vielleicht könntet Ihr die Nachforschungen beschleunigen?«
    »Ich werde mich dafür verwenden; wie ist sein Name?«
    »Kani.«
    »Kani!«
    »Kennt Ihr ihn etwa?«
    »Er ist vom Verwalter des Anwesens eines gewissen Qadasch mit Gewalt ausgehoben worden. Heute ist er

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