Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Testament eines Excentrischen

Das Testament eines Excentrischen

Titel: Das Testament eines Excentrischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
wenig, wie man seinen Koffer befragt, wenn dieser zur Abreise verschnürt ist. Nachdem der große Boxer in einem Hôtel seine sechste Mahlzeit eingenommen hatte, legte er sich nieder und schlief in einem fort bis zum hellen Morgen.
    Es war um sieben Uhr, als der Capitän Curtis den Befehl ertheilte, die Haltetaue des »Sherman« vom Quai loszuwerfen, gleich nachdem er den berühmten Champion der Neuen Welt mit der dem zweiten Partner des »Match Hypperbone« gebührenden Hochachtung an Bord begrüßt hatte.
    »Sehr geehrter Herr Crabbe, sagte er, ich fühle mich ausnehmend geschmeichelt durch die Ehre, Sie auf meinem Schiffe zu haben!«
    Tom Crabbe sah nicht so aus, als verstände er die Anrede des Capitäns, seine Augen richteten sich vielmehr instinctiv nach der Thür des Speisesalons.
    »Seien Sie überzeugt, fuhr der Capitän des »Sherman« fort, daß ich alles mögliche thun werde, damit Sie in kürzester Frist glücklich im Hafen anlangen. Ich werde weder meine Kohlenvorräthe schonen, noch meinen Dampf sparen. Ich werde die Seele meiner Cylinder, die Seele meines Balanciers und die meiner Schaufelräder sein, die sich mit möglichster Schnelligkeit drehen sollen, um Ihren Ruhm, Ihren Vortheil zu sichern!«
    Tom Crabbe’s Mund öffnete sich, wie um zu antworten, schloß sich aber gleich wieder, um sich nochmals zu öffnen und zum zweitenmale zu schließen. Das war das Zeichen, daß die Magenuhr Tom Crabbe’s die erste Frühstückstunde geschlagen hatte.
    »Die ganze Cambüse steht zu Ihrer Verfügung, versicherte der Capitän Curtis, und verlassen Sie sich darauf, daß wir rechtzeitig in Texas landen, und sollte ich deshalb die Sicherheitsventile zuschrauben und die Kessel in die Luft gehen lassen…
    – Nein, nein, nichts in die Luft sprengen, antwortete John Milner mit dem gesunden Menschenverstande, der ihm eigen war. Das wäre immer ein Fehler… vorzüglich aber am Vorabend, wo es gilt, sechzig Millionen Dollars einzustecken!«
     

    Es wollte nicht gelingen, den Champion der Neuen Welt emporzuheben. (S. 116.)
     
    Das Wetter war schön und übrigens ist in dem Fahrwasser von New Orleans niemals etwas zu fürchten, wenn dieses auch überraschende Veränderungen der Tiefe u. s. w. zeigt, worauf die Marinebehörden stets ein wachsames Auge haben. Der »Sherman« folgte dem südlichen Stromarme zwischen den Rosendickichten und Binsen seiner flachen Ufer. Der Geruchsnerv der Reisenden mochte dabei wohl etwas unangenehm berührt werden, denn infolge der Zersetzung vieler organischer Abfälle auf dem Grunde steigen von ihm immer zahllose Kohlenwasserstoffblasen auf. Dafür kann man aber in diesem Canale, der zur Haupteinfahrt des großen Stromes geworden ist, niemals auf dem Grunde auffahren.
    Das Schiff dampfte an verschiedenen Werkstätten und Niederlagen, die gruppenweise auf beiden Ufern lagen, vorüber, weiterhin kam es an dem Flecken Algiers, an der Pointe de la Hache und an Jump vorbei. Zur jetzigen Jahreszeit war übrigens der Wasserstand ein ziemlich hoher. Im April, Mai und Juni schwillt der Mississippi durch starke Regenfälle allemal an, und sein Wasser erreicht erst im November wieder den niedrigsten Stand. Der »Sherman« brauchte seine Schnelligkeit also nirgends zu mäßigen und erreichte ohne Zwischenfall den Port Eads, der nach dem Ingenieur benannt ist, dessen Bemühungen man die Verbesserung der südlichen Fahrstraße zu verdanken hat.
    Hier ergießt sich nach einem Laufe von viertausendfünfhundert Meilen (7421 Kilometer) der mächtige Mississippi in den Meerbusen von Mexiko.
    Als der »Sherman« über die letzten Landspitzen hinausgekommen war, steuerte er nach Westen zu.
    Bis hierher hatte Tom Crabbe die Wasserpartie vorzüglich gut vertragen. Nachdem er immer zur gewohnten Stunde tüchtig gegessen hatte, legte er sich schlafen, und am nächsten Tage nahm er frisch und gesund seinen Platz auf dem Spardeck wieder ein.
    Der »Sherman« war schon gegen fünfzig Meilen weit in der offenen See dahin gedampft, und im Norden zeigte sich die niedrige Küste nur noch als schmaler Streifen.
    Tom Crabbe hatte es hier zum erstenmale gewagt, eine Seefahrt zu unternehmen. Zu Anfang schien ihn das Stampfen und Schlingern des Schiffes nur erstaunen zu machen.
    Dieses Erstaunen erzeugte aber auf seinem sonst so hochrothen Gesicht doch eine verdächtige Blässe, die John Milner, der selbst gut seefest war, sofort bemerkte.
    »Sollte er krank werden?« fragte er sich beim Herantreten an die Bank, auf die

Weitere Kostenlose Bücher