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Das Testament eines Excentrischen

Das Testament eines Excentrischen

Titel: Das Testament eines Excentrischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wohl vorstellen, mit welchem Eifer – ausführte, kam der Commodore, obwohl er zwei-oder dreimal schwach aufseufzte, doch noch nicht wieder zur Besinnung.
    Der Arzt empfahl nun, ihn nach dem Zimmer eines guten Hôtels zu schaffen, wenn man nicht vorzöge, ihn dem Krankenhause von Key West zu übergeben, wo er besser als irgendwo anders gepflegt werden könnte.
    »Nein, erklärte Turk bestimmt, weder ins Krankenhaus, noch in ein Hôtel…
    – Wohin denn?
    – Nach dem Postamte!«
    Dem wackeren Turk war ein Gedanke gekommen, ein Gedanke, den alle Anwesenden begriffen und für richtig hielten. Da Hodge Urrican heute am 25. Mai noch des Vormittags – und gegen Wind und Fluth, konnte man sagen – in Key West angekommen war, erschien es ja geboten, daß seine Anwesenheit an dem Orte, wo er am genannten Datum sein sollte, auch officiell bestätigt würde.
    Man besorgte also eine Tragbahre, legte eine Matratze darüber und streckte den Commodore vorsichtig darauf aus. Dann setzte sich der Zug, von einer immer anwachsenden Volksmenge begleitet, langsam in Bewegung.
    Die Postbeamten erstaunten nicht wenig über den Anblick, der sich ihnen darbot, und glaubten an einen Irrthum. Hielten die Leute das Postgebäude denn für ein Leichenschauhaus?… Als sie aber hörten, daß der regungslose Körper der des Commodore Urrican, eines der Partner im Match Hypperbone sei, da verwandelte sich ihr Erstaunen in eine Art mitleidiger Rührung. Er war also doch zur Stelle, hier vor dem Telegraphenschalter, wohin ihn die fünf und vier Augen der Würfel aus so großer Ferne verwiesen hatten… doch in welch bejammernswerthem Zustande!
    Turk trat sofort an das Schalterfenster.
    »Findet sich hier eine Depesche für den Commodore Hodge Urrican? fragte er mit so lauter Stimme, daß ihn alle verstehen mußten.
    – Bis jetzt noch nicht, antwortete der Beamte.
    – Schön, mein Herr, erwiderte Turk, dann bitte ich Sie nur, uns zu bestätigen, daß wir vor deren Eingang hier gewesen sind.«
    Diese Thatsache wurde sofort und vor vielen Zeugen auf einem Stempelbogen amtlich bescheinigt.
    Es war jetzt dreiviertel auf zwölf Uhr, und es galt nur, das Telegramm abzuwarten, das diesen Morgen doch ohne Zweifel in Chicago aufgegeben war.
    Das Warten sollte nicht lange währen.
    Um elf Uhr dreiundfünfzig Minuten erklang die Glocke des Telegraphenapparates, sein Mechanismus trat in Thätigkeit und der bekannte Papierstreif rollte langsam ab.
    Sobald der Beamte ihn herausgezogen hatte, las er die Adresse und sagte:
    »Eine Depesche für den Commodore Hodge Urrican.
    – Hier!« antwortete Turk im Namen seines Herrn, an dem der Arzt auch jetzt noch kein Zeichen der wiedergekehrten Besinnung entdecken konnte.
    Die Depesche hatte folgenden Wortlaut:
    »Chicago, Illinois, 8 Uhr 13 morgens, 25. Mai.
    Fünf, durch drei und zwei, achtundfünfzigstes Feld, Staat Californien, Death Valley.
     
    Tornbrock.«
     
    Der Staat Californien, am anderen Ende des Bundesgebietes, das von Südost nach Nordwest in seiner ganzen Länge durchmessen werden mußte!…
    Und nicht nur eine Entfernung von mehr als zweitausend Meilen (3200 Kilometer) trennt Californien von Florida, jenes achtundfünfzigste Feld des Edlen Gänsespiels war auch das, das mit dem Todtenkopfe bezeichnet war. Wenn der Spieler aber nach diesem gelangte, war er obendrein genöthigt, nach dem ersten Felde zurückzukehren und die Partie von vorn anzufangen!
    »O, rief Turk, möchte mein armer Herr lieber gar nicht mehr zu sich kommen, denn von einem solchen Schlage würde er sich nicht wieder erholen!.
Fünfzehntes Capitel.
Der Stand der Partie am 27. Mai.
    Der Leser erinnert sich gewiß, daß ursprünglich laut dem Testamente William I. Hypperbone’s die Zahl der Theilnehmer an dem Edlen Vereinigte Staatenspiele auf sechs, durch das Los erwählte Personen festgesetzt war. Diese »Sechs« hatten sich, der Aufforderung des Meister Tornbrock entsprechend, an dem Leichenzuge betheiligt und waren dicht neben dem Wagen, der jene excentrische Persönlichkeit zum Grabe führte, einhergeschritten.
    Er hat wohl auch nicht vergessen, daß bei der Versammlung am 15. April, wo der Notar im Saale des Auditoriums den Inhalt des Testamentes verkündigte, unerwartet ein Codicill zum Vorschein kam, das jenen sechs Auserwählten einen siebenten, nur als X. K. Z. bezeichneten Partner zugesellte. Ob dieser Neuling, beim Losen ebenfalls aus der Urne hervorgezogen oder nur nach Wahl des Verstorbenen bestimmt war… das wußte

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