Das Testament
entsprechend dem skrupellosen Vertrag, den er mit Libbigail und Spike geschlossen hatte, die Hälfte der zehn Millionen kassieren.
Wally Bright reagierte als erster. Obwohl sich sein Herz wie ein Eisklumpen anfühlte und seine Speiseröhre wie von einer stählernen Klammer umschlossen war, brachte er mit beträchtlicher Dreistigkeit heraus: »Meine Mandantin denkt gar nicht daran, sich mit weniger als fünfzig Millionen zufriedenzugeben.« Obwohl er nicht wusste, wie viele Nullen diese Zahl hatte, sagte er sie mit der Miene eines Menschen, der es gewohnt ist, in Las Vegas die Bank zu sprengen.
Auch die anderen schüttelten den Kopf. Stirnrunzelnd bemühten sie sich, den Eindruck zu erwecken, als widere sie der angebotene lächerliche Betrag geradezu an, während sie in Wahrheit bereits überlegten, wie sie das Geld ausgeben würden.
Sie hatten sich darauf geeinigt, sofern von Geld gesprochen wurde, auf keinen Fall weniger als fünfzig Millionen pro Erben zu akzeptieren. Vor der Besprechung hatte das gut geklungen. Jetzt sahen die zehn Millionen, die als Angebot auf dem Tisch lagen, ausgesprochen verlockend aus.
»Das entspricht etwa einem Prozent des Netto-Nachlasses«, sagte Hark.
» So kann man das sehen «, sagte Josh. » Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die Sache zu betrachten. Ich fange aber lieber bei null an, denn da befinden Sie sich zur Zeit, und arbeite mich nach oben, als dass ich den ganzen Nachlass ins Auge fasse und mich nach unten arbeite.«
Doch da Josh an ihrem Vertrauen gelegen war, sagte er, nachdem sie eine Weile mit Zahlen jongliert hatten: »Wenn ich einen der Nachkommen zu vertreten hätte, würde ich auch zehn Millionen nicht akzeptieren.«
Sie erstarrten und hörten aufmerksam zu.
»Rachel Lane ist nicht knauserig. Ich denke, dass Nate sie überreden könnte, sich mit zwanzig Millionen für jeden Erben einverstanden zu erklären.«
Damit verdoppelten sich ihre Honorare. Über zehn Millionen für Hark. Vier Millionen für Langhorne und Yancy. Der arme Wally, der jetzt bei zehn stand, hatte plötzlich einen Anfall von Diarrhöe und bat, hinausgehen zu dürfen.
Nate war eifrig dabei, einen Türrahmen zu streichen, als sein Mobiltelefon summte. Josh hatte verlangt, dass er das verdammte Ding ständig in Reichweite hatte.
»Falls es für mich ist, notieren Sie einfach die Nummer«, sagte Phil. Er maß gerade eine komplizierte Ecke für das nächste Stück Spanplatte aus.
Es war Josh. »Es hätte gar nicht besser laufen können«, verkündete er. »Ich habe bei zwanzig Millionen pro Nase aufgehört obwohl sie fünfzig wollten.«
»Fünfzig?« fragte Nate ungläubig.
»Ja, aber sie sind schon dabei, das Geld auszugeben. Ich möchte wetten, dass zumindest zwei von ihnen inzwischen beim Mercedes-Händler sind.«
»Und wer gibt es schneller aus, die Anwälte oder die Mandanten?«
»Ich würde auf die Anwälte tippen. Ich habe gerade mit Wycliff gesprochen. Wir treffen uns am Mittwoch um drei im Hinterzimmer. Bis dahin müssten wir alles fertig haben.«
»Ich kann es nicht erwarten«, sagte Nate und klappte das Telefon zu. Zeit für eine Kaffeepause. Sie setzten sich, den Rücken an die Wand gelehnt, auf den Fußboden und tranken Milchkaffee.
»Fünfzig wollten sie?« Inzwischen kannte Phil die Einzel ten. Seit sie allein unten im Keller der Kirche arbeiteten, hatten die beiden kaum noch Geheimnisse voreinander. Das Gespräch zwischen ihnen war wichtiger als der Fortschritt, den sie machten. Phil war Geistlicher und Nate Anwalt. So unterlag alles, was gesagt wurde, irgendeiner Art von Amtsgeheimnis.
»Das ist eine beachtliche Forderung«, sagte Nate. »Aber sie geben sich bestimmt mit viel weniger zufrieden.«
»Rechnen Sie damit, dass es zu einem Vergleich kommt?«
»Klar. Wir treffen uns am Mittwoch beim Richter. Er wird ein bißchen Druck ausüben. Bis dahin werden die Anwälte und ihre Mandanten wohl das Geld schon zählen.«
»Und wann fliegen Sie?«
»Vermutlich am Freitag. Wollen Sie mitkommen?«
»Das kann ich mir nicht leisten.«
»Natürlich können Sie. Meine Mandantin zahlt alles. Sie können unterwegs mein geistlicher Berater sein. Geld spielt keine Rolle.«
»Es wäre nicht recht.«
»Hören Sie, Phil. Ich zeige Ihnen das Pantanal. Sie können meine guten Freunde Jevy und Welly kennenlernen. Wir unternehmen eine Bootsfahrt.«
»Sie schildern das sehr verlockend.«
»Es ist überhaupt nicht gefährlich. Viele Touristen reisen ins Pantanal. Es ist ein
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