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Das Testament

Das Testament

Titel: Das Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Schnittwunde auf der Stirn. Jevys rechtes Handgelenk war geschwollen. Später würden ihnen wahrscheinlich alle Knochen im Leibe weh tun.
    Sie saßen lange auf dem nackten Boden, sahen in den Regen hinaus, hörten den Wind, dachten an das, was hätte geschehen können, und schwiegen.

    DREIZEHN

    Der Besitzer der Kuh tauchte etwa eine Stunde später auf, als das Unwetter allmählich nachließ und es eine Weile nicht regnete. Er war barfuss, trug ausgebleichte Shorts aus Jeansstoff und ein fadenscheiniges T-Shirt mit der Aufschrift Chicago Bulls. Er hieß Marco und war nicht vom weihnachtlichen Geist erfüllt.

    Er schickte den Jungen weg und begann dann mit Jevy und Milton heftig über den Wert des getöteten Tiers zu streiten. Milton machte sich mehr Sorgen um sein Flugzeug und Jevy um sein geschwollenes Handgelenk. Nate stand am Fenster und fragte sich, wieso er eigentlich, voll blauer Flecken und mit dem Blut einer Kuh bedeckt, am Heiligabend mitten in der brasilianischen Wildnis herumstand und sich anhörte, wie drei Männer in einer fremden Sprache wild aufeinander einredeten. Auf diese Frage gab es keine eindeutige Antwort. Dabei konnte er noch von Glück sagen, dass er am Leben war.
    Nach den anderen Kühen zu urteilen, die in der Nähe weideten, konnte das Tier nicht viel wert gewesen sein. »Ich zahl für das verdammte Ding«, sagte Nate zu Jevy.
    Jevy fragte den Mann, wie viel er haben wolle, und dieser sagte: »Hundert Reais.« Also hundert Dollar. Diesen Betrag war es Nate allein schon wert, dass Marco mit Lamentieren aufhörte.
    »Ich zahl es. Nimmt er auch American Express?« fragte er, aber der Witz fand keine Resonanz.
    Die Abmachung wurde besiegelt, und der Mann verwandelte sich in ihren Gastgeber.
    Er führte sie in sein Haus, wo eine kleine barfüssige Frau, die sie lächelnd und wortreich willkommen hieß, gerade das Mittagessen zubereitete. Aus naheliegenden Gründen waren im Pantanal Gäste etwas Unbekanntes, und als die Leute begriffen, dass Nate aus den Vereinigten Staaten kam, riefen sie die Kinder herbei. Der Junge mit dem Stock hatte zwei Brüder, und seine Mutter forderte alle drei auf, sich Nate gut anzusehen, weil er Amerikaner war.
    Sie nahm die Hemden der Männer und weichte sie in einem Waschbecken voll Regenwasser in Seifenlauge ein. Ohne sich wegen ihres bloßen Oberkörpers zu genieren, aßen sie an einem runden Tisch schwarze Bohnen mit Reis. Nate war stolz auf seine deutlich sichtbaren Armmuskeln und seinen flachen Bauch. Jevys Körper sah aus wie der eines Gewichthebers. Der arme Milton näherte sich erkennbar dem mittleren Lebensalter, was ihm aber nichts auszumachen schien.
    Während des Essens sagten die drei nur sehr wenig. Der Schrecken der Bruchlandung saß ihnen noch in den Knochen. Die Kinder hockten auf dem Fußboden neben dem Tisch, aßen Fladenbrot und Reis und ließen Nate nicht aus den Augen.
    Einen halben Kilometer weiter gab es ein Flüsschen, und Marco hatte ein Boot mit Außenbordmotor. Bis zum Paraguay waren es fünf Stunden. Vielleicht hatte er genug Benzin, vielleicht auch nicht. Aber alle drei Männer konnte er in seinem Boot auf keinen Fall unterbringen. Als sich der Himmel aufhellte, gingen Nate und die Kinder zu dem beschädigten Flugzeug hinüber und holten seine Aktentasche heraus. Auf dem Weg dorthin brachte er ihnen bei, auf englisch bis zehn zu zählen, und sie brachten es ihm auf portugiesisch bei. Es waren reizende Jungen, anfangs zwar außerordentlich schüchtern, doch tauten sie von Minute zu Minute mehr auf. Nate erinnerte sich daran, dass es Heiligabend war. Ob der Weihnachtsmann auch ins Pantanal kam? Zu erwarten schien ihn niemand.
    Auf einem glatten Baumstumpf im Garten vor dem Haus holte Nate vorsichtig das Satellitentelefon heraus und machte es betriebsfertig. Die Sende- und Empfangsantenne nahm eine Fläche von nicht einmal einem Zehntel Quadratmeter ein, und das Gerät selbst war nicht größer als ein Laptop. Beide wurden durch ein Kabel miteinander verbunden. Nate schaltete das Telefon ein, gab seine persönliche Geheimzahl ein und drehte dann langsam die Antenne, bis sie das Signal des Astar-East-Satelliten auffing, der irgendwo in der Nähe des Äquators hundertfünfzig Kilometer über dem Atlantik stand. Ein deutliches Piepen zeigte ein starkes Signal an, und Marco und seine Familie drängten sich noch dichter um Nate. Er fragte sich, ob sie je ein Telefon gesehen hatten.
    Jevy nannte ihm die Telefonnummer von Miltons Wohnung in

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