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Das Testament

Das Testament

Titel: Das Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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aufkaufte, hatte er dort über die Firma Kontakte. Die Adoptiveltern wussten nicht, wer Rachels wirkliche Eltern waren.
    Evelyn hatte das Kind nicht gewollt, und sie wollte auch nichts mehr mit Troy Phelan zu tun haben. Mit den zehntausend Dollar, die er ihr gegeben hatte, war sie nach Delhi zurückgekehrt, wo Gerüchte über ihren Sündenfall, wie nicht anders zu erwarten, bereits im Umlauf waren. Sie zog erneut zu ihren Eltern, und alle drei warteten geduldig darauf, dass sich der Sturm legte. Dazu kam es nicht. Mit der für Kleinstädter so kennzeichnenden Grausamkeit wurde Evelyn von den Menschen, die sie am meisten brauchte, als Außenseiterin behandelt. Nur selten verließ sie das Haus und zog sich im Laufe der Zeit in die Dunkelheit ihres Schlafzimmers zurück. Dort, in der Trübsal ihrer eigenen kleinen Welt, merkte sie allmählich, dass ihr die Tochter fehlte.
    Sie schrieb Briefe an Troy, auf die sie nie eine Antwort erhielt. Eine Sekretärin hob sie heimlich auf. Zwei Wochen nach Troys Selbstmord hatte einer von Joshs Spürhunden sie in Troys persönlichen Unterlagen in dessen Wohnung gefunden.
    Im Laufe der Jahre versank Evelyn immer tiefer in ihrem eigenen Abgrund. Die Gerüchte verstummten nie ganz. Kaum zeigten sich Evelyns Eltern in der Kirche oder beim Lebensmittelhändler, wurden sie angestarrt, und man begann hinter ihrem Rücken zu munkeln, bis auch sie sich schließlich aus der Öffentlichkeit zurückzogen.
    Am 2. November 1959, Rachels fünftem Geburtstag, beging Evelyn Selbstmord. Sie verließ mit dem Wagen ihrer Eltern die Stadt und sprang von einer Brücke.
    Auf irgendeine Weise gelangten der Nachruf und die Geschichte ihres Todes in der Lokalzeitung in Troys Büro in New Jersey und wurden im selben Ordner abgeheftet wie ihre Briefe.
    Über Rachels Kindheit hatte man nur wenig in Erfahrung gebracht. Der Geistliche und seine Frau waren zweimal umgezogen, erst von Kalispell nach Butte und dann nach Helena. Der Reverend starb an Krebs, als Rachel siebzehn Jahre alt war.
    Eigene Kinder hatte das Ehepaar nicht.
    Aus Gründen, die niemand außer Troy hätte erklären können, beschloss er, in ihr Leben einzugreifen, als sie die High School abschloss. Vielleicht empfand er ein gewisses Schuldbewusstsein, vielleicht fürchtete er, sie werde ihre College-Ausbildung nicht finanzieren können. Rachel wusste zwar, dass sie adoptiert worden war, hatte aber nie den Wunsch geäußert, ihre wahren Eltern kennenzulernen.
    Die näheren Umstände waren nicht bekannt, aber irgendwann im Sommer 1972 waren Troy und Rachel einander begegnet. Vier Jahre später hatte sie ihr Studium an der Universität des Staates Montana abgeschlossen. Danach wies ihr Lebenslauf große Lücken auf, die niemand zu füllen vermocht hatte.
    Nate vermutete, dass lediglich zwei Menschen Genaueres über diese Beziehung wussten. Einer von ihnen war tot, und der andere lebte wie die Ureinwohner des Landes irgendwo da draußen am Ufer eines von tausend Flüssen.
    Er versuchte ein Stück zu joggen, gab es aber unter Schmerzen auf. Zwei Autos kamen vorüber. Offensichtlich verließen die Menschen allmählich ihre Häuser.
    Rascher, als er reagieren konnte, näherte sich ein Dröhnen von hinten.
    Unmittelbar neben dem Bürgersteig trat Jevy auf die Bremsen. »Born dia«, schrie er, um den Lärm seines Motors zu übertönen.
    Nate nickte ihm zu. »Born dia.«
    Jevy drehte den Zündschlüssel um, und der Motor erstarb. »Wie geht es Ihnen?«
    »Mir tut jeder Knochen im Leibe weh. Und Ihnen?«
    »Alles bestens. Die Frau am Empfang hat gesagt, dass Sie ein bißchen laufen.
    Lassen Sie uns ein Stückchen fahren.«
    Zwar wäre Nate lieber unter Schmerzen gelaufen, als mit Jevy im Auto zu fahren, aber es herrschte nicht viel Verkehr, und deshalb schien die Gefahr nicht so groß.
    Sie fuhren durch die Innenstadt, wobei Jevy wie gewohnt weder Ampeln noch Stoppschilder beachtete. Ohne nach links oder rechts zu blicken, brauste er über die Kreuzungen.
    »Ich möchte, dass Sie sich das Boot ansehen«, sagte Jevy. Falls er unter den Wirkungen der Bruchlandung litt, war das nicht zu erkennen. Nate nickte bloß.
    Am Ostrand der Stadt gab es eine kleine Werft. Sie lag am Fuß des Felsvorsprungs in einer Art Bucht, wo das Wasser trübe und voller Ölflecken war. Eine klägliche Ansammlung von Booten dümpelte auf dem Wasser - einige hatte man offenbar schon vor Jahrzehnten abgewrackt, andere wirkten wie kaum benutzt. Zwei dienten erkennbar als Viehtransporter,

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