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Das Tier

Das Tier

Titel: Das Tier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt , Sandra Busch
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Mahlzeit war außerdem viel zu lange her. Vor Aufregung hatte er vergessen, sich Proviant mitzunehmen, im Kerker hatte er nichts bekommen, und der Duft von frisch gebackenem Brot ließ ihn schwindelig werden. Brudfor, er hatte Hunger!
    Nicht schlapp machen! Hunger, alter Freund, wir sind uns zwar länger nicht begegnet, aber was soll’s …Im Versteck liegt auch ein Brot, es gibt nachher was!
    „Gibt dein Herr dir nichts zu essen?“, fragte die Köchin in einem etwas weicheren Tonfall. Vermutlich hatte sie seinen wütend knurrenden Magen gehört.
    Cyrian schüttelte den Kopf, um dann hastig zu nicken.
    „Doch, ja, natürlich …“, stammelte er und versuchte ein strahlendes Lächeln.
    Sie grollte verärgert, griff nach einer Schüssel und füllte aus einem Topf vom Kohleherd Fleischbrühe hinein.
    „Iss!“, befahl sie drohend in einem Tonfall, der jede Diskussion überflüssig machte. Das schien Bantiez ähnlich zu sehen, als er einige Minuten später mit Filzpantoffeln zurückkehrte. Er wartete duldsam, während Cyrian sich bemühte, so rasch wie möglich zu essen, ohne sich zu verbrennen oder irgendetwas zu bekleckern. Danach musste er sich unter dem strengen Blick der Köchin die Hände waschen, bevor der Diener ihn weiter in das Hausinnere führen durfte. Er wurde in einen kleinen Raum gesetzt, der vermutlich dem Personal als Speisezimmer diente – es gab hier nichts außer einem großzügigen Tisch und zwölf Stühle, für gehobenere Gäste wäre das alles zu karg und schmucklos.
    „Warten Sie bitte, junger Herr, Doktor Lerome kommt gleich“, informierte ihn der Diener und zog sich lautlos zurück.
    Jetzt kam der kritische Teil. Cyrian atmete tief durch und versuchte seine Angst zu beherrschen. Doktor Lerome gehörte zu seinen Stammfreiern. Er fuhr mindestens einmal im Monat mit einer Mietkutsche in die Rotenbachstraße, in der er sich auch bedienen ließ. Dabei trug er wie alle reichen und angesehenen Kunden stets einen Hut, Mantel und eine Maske, um seine Identität zu schützen. Cyrian kannte seine Identität bloß, weil dem Doktor einmal eine Visitenkarte aus der Tasche gefallen war. Den Namen konnte er nicht lesen, das Wappen hingegen hatte er sich eingeprägt und später zufällig herausgefunden, um wen es sich handelte. Da Doktor Lerome eine stadtbekannte Persönlichkeit war, hatte eines zum anderen geführt, Cyrian hatte gewusst, wie er herzufinden hatte. Und nun saß er hier und hoffte, das Richtige zu tun. Vermutlich würde er heute Nacht im Kerker sitzen und Thars allein in seiner Höhle sterben. Brudfor, er hätte nicht kommen dürfen. Was hatte er sich dabei gedacht?
    Noch ist es nicht zu spät, dachte er. Raus, solange es noch geht!
    Cyrian hatte allerdings noch nicht die Tür erreicht, da öffnete diese sich bereits.
    Doktor Lerome erkannte ihn sofort, wie der schlagartige Verlust seiner Gesichtsfarbe und das panische Erschrecken in seinen blauen Augen bewies. Er war ein älterer, dezent gekleideter Herr, der mit seiner schlanken Gestalt, der randlosen Brille mit Goldgestell und den gepflegten grauen Haaren nicht so aussah, als hätte er es nötig, sich Jungen, die noch halbe Kinder waren – oder zu sein schienen – von der Straße zu kaufen.
    Wenigstens schrie er nicht nach der Garde. Mit langsamen Bewegungen, ohne ihn aus dem Blick zu lassen, schloss Doktor Lerome die Tür ab, stellte die Arzttasche auf den Tisch und bedeutete Cyrian mit einer knappen Geste, sich hinzusetzen.
    „Deine Nase wurde bereits gerichtet“, sagte er nach kurzer Untersuchung. Er drückte und ruckelte an Cyrians Nase herum, als wollte er sie erneut brechen, klebte dann etwas darüber, das den Bruch fixieren sollte, wie er sagte und tastete anschließend über die Gesichtsknochen.
    Brudfor, es schmerzte!
    „Geprellt“, murmelte der Doktor. „Sieht schlimm aus, wird noch eine Weile weh tun, aber keine Probleme machen. Hast du Zähne verloren?“
    Cyrian brummte etwas zur Verneinung. Er war damit beschäftigt, die Tränen zurückzuhalten, die Untersuchung war wirklich sehr unangenehm. Vor allem, als Doktor Lerome etwas Brennendes auf die Schnitte und Schrammen an Händen und Armen auftrug, die Cyrian beim Krabben suchen erlitten hatte. Seine Beine waren schlimmer, die wollte Cyrian ihm allerdings nicht zeigen.
    Als der Doktor von ihm abließ, musste er sich erst einmal einen Moment lang sammeln. Sollte er es wirklich tun? Vielleicht käme er unbeschadet hier heraus, wenn er einfach die Klappe

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