Das Titanic-Attentat
www.Encyclopedia-Titanica.org , vom 6.4.2008
Die Gruppe, die in Queenstown fehlte, war offenbar nicht so begütert wie die erste, da hier fast nur »Singles« ohne Familie gebucht hatten. Dazu kommen noch rund hundert Heizer und andere Besatzungsmitglieder, die die
Titanic
in Southampton verließen (siehe unten).
Zu den hochkarätigen Passagieren, die absagten, zählten Personen aus der obersten Etage der Eigentümer und der Werft, die die
Titanic
gebaut hatte. Zuallererst wäre da natürlich J. P. Morgan selbst zu nennen. Sein Rückzieher im letzten Moment ist merkwürdig, denn schließlich sollte die
Titanic
doch der neue Stolz seiner White Star Line werden und die
Olympic
(wenn auch knapp) als größtes Schiff der Welt ablösen.
Überdies war Morgan sowohl an der White Star Line als auch am Bau der
Titanic
immer sehr stark interessiert gewesen. Mehrmals war er persönlich zur Werft Harland & Wolff nach Belfast gereist, um sich vom Fortgang des Baus zu überzeugen. Im Februar 1910 nahm er persönlich an der Planung der für ihn vorgesehenen Suite im B-Deck teil, wobei er sich um jede Kleinigkeit kümmerte, einschließlich der Auswahl der Möbel.
Am 31. Mai 1911 kam er, um das Ablegen der
Olympic
und den Stapellauf der
Titanic
zu beobachten, so Jackson. [64] Mit seiner Meinung, dass Morgan seine Überfahrt in die USA verschieben wollte, steht Jackson jedoch alleine da. [65] Allen anderen Quellen zufolge deutete alles darauf hin, dass Morgan regen Anteil an der
Titanic
nahm und es sich nicht nehmen lassen wollte, bei der Jungfernfahrt dabei zu sein. Das größte Schiff der Welt höchstpersönlich der High Society vorzuführen sollte für einen Schiffseigentümer und leidenschaftlichen Skipper, der Morgan ebenfalls war, eigentlich ein unvergessliches Ereignis werden.
Überdies wollte er ohnehin eine große Sammlung von Kunstgegenständen in die USA überführen, die er auf seiner zurückliegenden Ägypten- und Europareise gekauft und eingesammelt hatte. Für den Kunstsammler und mächtigsten Bankier der Welt sollte die Heimkehr auf der Jungfernfahrt des größten Schiffes der Welt, das er ebenfalls sein Eigen nannte, eigentlich eine standesgemäße Reise darstellen, ja, fast so etwas wie einen Triumphzug.
Gottvater lässt sich entschuldigen
In den Salons und Speisesälen der ersten Klasse würde er gefeiert werden, mit den anderen Reichen und Schönen dieser Welt plaudern und dabei vielleicht auch manche geschäftliche Angelegenheit klären können. Denn obwohl die Jungfernfahrt der
Titanic
nur halb ausgebucht war, hatte sich die High Society keineswegs zurückgehalten. Vielmehr war die Fahrt ein Stelldichein der reichsten Menschen der damaligen Welt, insbesondere der damaligen USA .
Im Vergleich zur Jungfernreise des Schwesterschiffes
Olympic
fällt die äußerste Exklusivität der
Titanic
-Gesellschaft auf. Was die Frage aufwirft: Was war an dieser Jungfernfahrt so besonders, dass sich hier die Crème de la Crème der Vereinigten Staaten quasi stapelte? Warum sollte sich fast die gesamte finanzielle Elite an Bord eines einzigen Schiffes versammeln? Lag es daran, dass man niemand Geringeren als Gottvater »J. P. Morgan himself« an Bord erwartete? Beim Dinner oder bei einer Zigarre im Salon sollte sich vielleicht – ganz ohne Vorzimmer und Anmeldung – die eine oder andere Angelegenheit mit einem Mann regeln lassen, der ansonsten möglicherweise schwer erreichbar war.
Mit an Bord waren:
der Inhaber des New Yorker Kaufhauses
Macy’s
, Isidor Straus,
der Multimillionär John Jacob Astor IV mit seiner Frau Madeleine,
der Geschäftsmann und Multimillionär Benjamin Guggenheim,
der Schriftsteller Jacques Futrelle,
der Tennisstar Richard Williams,
der Historiker und Schriftsteller Archibald Gracie,
der Textilfabrikant Martin Rothschild,
der britische Journalist und Spiritualist William T. Stead,
der Präsident des Schweizerischen Bankvereins in Basel, Alfons Simonius-Blumer
der Militärberater von US -Präsident Theodore Roosevelt, Archibald Butt,
der norwegisch-amerikanische Juwelier und Großbankier Engelhart Østby,
der Reeder und Direktor der Holland-America Line Johan Reuchlin,
der Präsident der Grand Trunk Pacific Railway Charles Melville Hayes,
der Großgrundbesitzer Sir Cosmo Duff Gordon und seine Frau,
der Stahlbaron Arthur Ryerson,
der Eisenbahnmagnat John B. Thayer,
der Automobilhersteller George Widener.
Dazu kamen noch zahlreiche berühmte Künstler, Schriftsteller
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