Das Todeskreuz
etwas essen und ein, zwei Bier mit seinem Vater
trinken und mit ihm schwätzen, und dann mit Michelle nach
Hause gehen und sich allein ins Bett legen. Und dort würde er
grübeln, was er falsch gemacht hatte, dass seine Beziehung zu
Andrea Sievers in die Brüche gegangen war. Sie würden Freunde
bleiben, mehr aber auch nicht. Wenn überhaupt. Er in Offenbach,
sie in Frankfurt. Nein, wahrscheinlich auch keine Freunde.
Während er in Gedanken versunken war, klingelte sein Telefon.
Nicole Eberl.
»Was gibt's?«, meldete er sich mürrisch.
»Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen? Ich bin gerade auf
dem Weg nach Hause und wollte dir eine kleine Erfolgsmeldung
durchgeben. Bist du bereit?«
»Schieß los.«
»Wir haben eine Menge Material bei Buchmann gefunden,
und jetzt kommt's - er war jeden Sonntag in einem Nobelbordell
in Obertshausen. Absolut sauberer Laden, wurde schon gecheckt.
Keine Illegalen, aber nur was für Gutbetuchte. Ich war eben dort
und habe mit der Geschäftsführerin gesprochen und dabei erfahren,
dass Buchmann Teilhaber an dem Laden war, das heißt, ihm
gehörte die Hälfte ...«
»Moment. Buchmann als Richter war Teilhaber eines Puffs?
Wie geht denn das?«
»Ganz einfach, über einen Strohmann. Er war nicht offiziell
als Teilhaber eingetragen, du weißt doch selbst, wie so was
läuft.«
»Und wieso war er immer nur sonntags dort?«
»Wer sagt denn, dass er immer nur sonntags dort war? Er
ging auch zwischendurch hin, wenn die Lust ihn übermannte,
na ja, du weißt schon, was ich meine. Außerdem, und jetzt
kommt noch eine kleine Überraschung, die Geschäftsführerin
war auch seine Geliebte. Du müsstest die Frau sehen, absolute
Luxusklasse, und das will aus meinem Mund schon was heißen.
Allerdings, so hat sie mir anvertraut, hat sich Buchmann auch
mit andern Damen vergnügt, was ja auch sein legitimes Recht
war. Inwieweit seine Angetraute über die Aktivitäten ihres Mannes
informiert war, kann ich noch nicht sagen, doch wie ich sie
einschätze, hatte unser aufgeblasenes Püppchen keinen blassen
Schimmer vom Treiben ihres Göttergatten.«
»Gratuliere«, erwiderte Brandt anerkennend. »Aber verrat mir
eins - ist Buchmann trotz allem sonntags immer nach Köln gefahren?
«
Er konnte das verschmitzte Gesicht von Nicole Eberl am andern
Ende nur erahnen, als sie antwortete: »Nein, ist er nicht, das
heißt, meistens nicht. Er hat im Puff geschlafen und ist für gewöhnlich
am Montagmorgen mit dem Zug nach Köln gereist.
Seinen Mercedes hat er am Frankfurter Hauptbahnhof in der
Tiefgarage abgestellt.«
»Aber seine Frau hat mir gegenüber doch ausgesagt, dass er
sie immer vom Hotel aus angerufen hat.«
»Wenn du vom Handy aus anrufst, weiß der Angerufene doch
nicht, wo du bist.«
»Und wenn sie mal im Hotel angerufen hat, um mit ihrem
Mann verbunden zu werden?«
»Das überprüf ich morgen. Vielleicht hatte er eine Abmachung
mit dem Personal. Der wird schon einen Weg gefunden haben,
um seine Frau anzulügen. Kann aber auch sein, dass sie von seinen
außerehelichen Aktivitäten wusste und einfach die Augen
zugemacht hat. Ich glaube, das ist aber nicht relevant für unsere
Ermittlungen. Ich wollte dir eigentlich auch nur kurz Bericht erstatten.
«
»Aber am Sonntag hatte er nicht vor, im Puff zu übernachten,
oder?«
»Nein, er hatte noch einen Termin, mit wem, konnte mir die
Dame allerdings nicht sagen. Sie weiß nur, dass er gegen neun
einen Anruf auf seinem Handy erhielt und kurz darauf das Haus
verlassen hat. Bevor er ging, hat er gesagt, er würde direkt danach
doch nach Köln fahren, diesmal ausnahmsweise mit dem
Wagen.«
»Danke, du bist ein Schatz. Ich komm morgen irgendwann ins
Büro, wann, weiß ich aber nicht, ich bin erst in Frankfurt.«
»Du fühlst dich wohl schon richtig heimisch dort, was?«, entgegnete
Eberl lachend.
»Haha.«
»Wie ist denn diese Durant so?«
»Du kannst dir morgen oder übermorgen selber ein Bild von
ihr machen. Ciao.«
»Moment, Moment, was haben denn eure Ermittlungen ergeben?
Ich bin neugierig.«
»Das würde zu lange dauern, ich steh schon vor dem Haus
meiner Eltern. Übe dich in Geduld, das ist doch eine deiner leichtesten Übungen, und genieße den verbleibenden Abend. Bis
dann.«
Dienstag, 20.45 Uhr
Julia Durant hatte sich zwei Scheiben Brot mit Salami
und Tomaten gemacht, der Fernseher lief, doch sie schaute nicht
hin, zu sehr beschäftigte sie der zurückliegende Tag.
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