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Das Todeskreuz

Titel: Das Todeskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Während sie
aß und ihr Bier trank, dachte sie an Thomas Gebhardt und Andreas
Reiter. Zwei Männer, die an zwei Morden beteiligt gewesen
waren. Zwei Männer, wie sie unterschiedlicher nicht leben konnten.
Der eine hauste beinahe anonym in einer heruntergekommenen
Gegend in einer noch viel heruntergekommeneren Wohnung,
achtete nicht auf sein Äußeres und vegetierte nur noch vor
sich hin. Kein Kontakt mehr zu seinen früheren Freunden und
vermutlich auch Bekannten, kein Kontakt mehr zu den Eltern.
Und er hatte panische Angst.
    Der andere hatte zumindest beruflichen Erfolg, aber sein Privatleben
schien alles andere als in Ordnung zu sein. Und auch er
hatte Angst. Wovor beide Angst hatten, konnte sie nur ahnen,
doch sie würde es spätestens wissen, wenn sie mit Magnus Möller
gesprochen hatte. Aber es waren die letzten Worte von Andreas
Reiter, bevor Durant und Brandt gingen, die sie nachdenklich
machten. Sein Gesichtsausdruck, als er sagte, er habe niemanden
umgebracht. Das war nicht gespielt, sondern echt. Sie glaubte
ihm, er war kein gewalttätiger Typ. Er war zwar groß und muskulös,
doch eher zahm. Nein, dachte sie, ein Mensch kann sich nicht
so verändern, keiner wird vom Wolf zum Lamm. Der Wolf steckt
immer in einem, mal satt, mal aggressiv, doch er ist allgegenwärtig.
Reiter ist aber kein Wolf, er ist möglicherweise nur in schlechte
Gesellschaft geraten oder hat sich verblenden lassen.
    Bei Gebhardt liegt es etwas anders, er betäubt sein Gewissen
mit Drogen und Alkohol. Auf mich macht er den Eindruck des
klassischen Mitläufers, der sich nur in der Gruppe stark fühlt.
Allein ist er ein Nichts, ein Niemand. Und nun lebt er wie ein
Nichts und ein Niemand, abgeschottet von der Außenwelt. Einer
harten, möglicherweise stundenlangen Befragung auf dem Präsidium
hält der nicht stand, wenn man ihm das Rauchen verbietet,
wenn er keinen Zugang zu Stoff mehr hat. Dann bricht er zusammen
und gesteht alles. Nur, ist das die richtige Taktik? Gewiefte
Rechtsanwälte werden ihn raushauen, denn sie werden hieb- und
stichfeste Beweise fordern, die wir ihnen aber nicht liefern können,
ohne einen Informanten in Gefahr zu bringen.
    Bei Reiter bin ich mir nicht so sicher, ihn muss ich anders
anpacken. Aber auch das werde ich erst tun, nachdem ich Möller
kennengelernt habe. Weder Reiter noch Gebhardt sind Alphatiere,
dachte sie weiter, während sie den Teller, das Glas und die
Flasche wegstellte und sich Badewasser einlaufen ließ und dabei
auf dem Wannenrand saß. Reiter ist eher sanft und gutmütig,
Gebhardt hingegen erscheint mir unberechenbar. Wenn ihm einer
sagt, knall den oder die ab, dann tut er es, um seinem Boss zu
gefallen. Er würde alles tun, um jemandem zu gefallen, der stärker
und mächtiger als er ist. Mich würde interessieren, wie seine
Kindheit und Jugend verlaufen ist. Aber welche Rolle spielte
Reiter innerhalb des Trios? Auch ein Mitläufer? Oder war er einer,
der sich einfach nicht gegen einen noch Stärkeren durchsetzen
konnte? Unterlag er der Manipulation oder ...
    Sie stellte das Wasser ab, nachdem sie reichlich Badeschaum
dazugegeben hatte, bis der Schaum fast über den Wannenrand
ging. Sie kehrte ins Wohnzimmer zurück, machte das Fenster auf
und lehnte sich an die Fensterbank. Es war noch hell, ein leichter
Regen hatte eingesetzt, und ein frischer Wind war aufgekommen.
Die Familien Möller, Reiter und Gebhardt sind untereinander befreundet,
das ist ziemlich sicher. Ob sie's heute auch noch sind,
wird sich herausstellen. Aber warum hat ausgerechnet Gebhardt
seinen Sohn verstoßen? Durant zuckte mit den Schultern. Naja,
vielleicht stimmt die Version von Gebhardt ja gar nicht, vielleicht
wurde er gar nicht verstoßen, sondern hat von sich aus das Weite
gesucht. Aber warum hat er solche Angst? Es kann nur wegen
Möller sein.
    Sie atmete tief durch, schielte zu ihrer Tasche, in der sich die
Zigaretten befanden, aber sie hatte heute noch keine angerührt
und würde es auch jetzt nicht tun. Sei stark, sagte sie zu sich
selbst in Gedanken, du brauchst das Zeug nicht. Mit einem Mal
fiel ihr glühend heiß Hellmer ein. Sie griff zum Telefon und rief
Nadine an.
    »Hi, ich bin's. Sorry, dass ich mich so spät melde, aber ich war
den ganzen Tag unterwegs. Wie geht's Frank?«
    »Danke, dass du anrufst. Nicht so besonders gut. Sie haben
ihn heute auf Herz und Nieren untersucht und mir heute Nachmittag
mitgeteilt, dass seine Leber ziemlich

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