Das Todeskreuz
doch Durant
spürte, wie es in ihr brodelte. »Und jetzt lassen Sie mich gehen,
sonst schrei ich.«
»Schreien Sie, aber vorerst kommen Sie hier nicht raus. Und
denken Sie nicht einmal ansatzweise an Flucht, vor jeder Tür
steht ein Beamter.«
Leslie rauchte hastig und nervös, mit den Fingern der linken
Hand trommelte sie monoton auf die Stuhllehne. »Welche Beweise
haben Sie, dass ich meine Mutter umgebracht habe?«
»Genug, dass es für einen Haftbefehl reicht. Ihre Alibis zum
Beispiel sind mehr als dürftig. Keine Zeugen, niemand, der Sie
gesehen hat, nicht mal in Ihrem Haus, möchte ich wetten. Und
ich wette auch, dass wir, wenn wir Ihre Telefonate der vergangenen
Monate oder Jahre überprüfen, eingegangene und ausgegangene,
eine Menge herausfinden werden. Sie hatten einen
Schlüssel zum Haus Ihrer Mutter, Sie kennen Heiko Kröger und
haben mit ihm zusammen den Plan geschmiedet...«
»Hören Sie auf mit dem Scheiß!«, wurde sie von Leslie scharf
unterbrochen.
»Warum sollte ich?«
»Weil Sie von Dingen reden, von denen Sie keine Ahnung haben.
Glauben Sie ernsthaft, ich hätte nicht gewusst, dass Sie auf
mich kommen würden. Okay, ich kenne Heiko, aber was beweist
das schon? Ich kenne auch seine Verlobte, Silke Kreuzer. Und?
Ich kenne eine Menge Leute, und doch werden Sie mir nie auch
nur einen Mord oder die Beteiligung an einem Mord nachweisen
können.«
»Seien Sie sich da nicht zu sicher. Wer ist Ihr Komplize? Kröger
oder Hohl?«
»Wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Außerdem sollten
Sie bedenken, dass ich bis jetzt kein einziges Wort gesagt habe,
mit dem ich mich belastet habe. Sie können noch so viele absurde
Anschuldigungen vorbringen, ich werde sie mir anhören und
bei Gelegenheit genüsslich widerlegen. Statt mich hier festzuhalten,
sollten Sie lieber nach dem wahren Täter suchen.«
Brandt kam herein und bat Durant zu sich. Er flüsterte: »Hohl
und Kröger sind da. Was soll ich mit ihnen machen?«
»Bringen Sie sie ins Vernehmungszimmer 1 und beobachten
Sie sie. Tut mir leid, aber ich glaube, ich muss mir die Herren
persönlich vorknöpfen.«
»Einverstanden«, sagte Brandt und wollte wieder nach draußen
gehen, als Leslies Stimme ihn zurückhielt. »Herr Brandt,
Ihre Kollegin hat sich da in etwas verrannt. Reden Sie ihr doch
mal gut zu.«
»Frau Durant wird schon recht haben.«
»Gibt es denn niemanden, der auf meiner Seite ist?«, fragte sie
spöttisch.
»Im Augenblick wohl nicht«, antwortete er. »Sie können Ihre
Situation nur verbessern, indem Sie sagen, was sich am Freitag-,
Sonntag- und Dienstagabend zugetragen hat. Liefern Sie uns wenigstens
ein einwandfreies und nachprüfbares Alibi, und Sie können
gehen. Nur eins.«
»Ich war im Kino, die Karte liegt auf dem Tisch.«
»Mit wem waren Sie dort?«
»Allein. Ist das ein Verbrechen?«, antwortete sie.
»Gehen Sie öfter allein ins Kino?«
»Hin und wieder.«
»Und was sagt Ihr Freund dazu?«
»Wir sind nicht verheiratet.«
»Was für ein Glück für ihn«, war Durants Kommentar.
»Was soll das denn heißen?«
»Oh, nichts weiter, ist mir nur so rausgerutscht.«
»Frau Durant, ich hab doch nichts verbrochen. Schauen Sie
mich an, sieht so eine Muttermörderin aus?«, sagte Leslie mit
Unschuldsmiene.
»Was glauben Sie, was für Mörder ich schon vor mir sitzen
hatte. Ganz brave, biedere Ehemänner, denen man nie zugetraut
hätte, dass sie auch nur einer Fliege was zuleide tun könnten.
Oder junge Männer, die so unscheinbar waren und die schrecklichsten
Verbrechen verübt haben, die man sich nur vorstellen
kann. Oder auch Frauen, hübsche wie Sie, die kein Wässerchen
trüben können, aber auch verbitterte Frauen, die sich nach jahrelanger
Qual von ihren brutalen Ehemännern befreit haben. Ich
habe sie alle gesehen, und glauben Sie mir, man sieht es fast keinem
an. Auf der Stirn steht nun mal nicht Mörder. Kommen Sie,
wir gehen woanders hin.
Leslie erhob sich murrend. Durant bat einen uniformierten
Beamten, sie zum Vernehmungszimmer 2 zu begleiten, und als
sie an Nummer eins vorbeikamen, wandte Leslie kurz den Blick
und sah Heiko Kröger und Tobias Hohl durch die Scheibe. Sie
verlangsamte für einen Moment ihre Schritte und sagte: »Was
machen die denn hier?«
»Das Gleiche wie Sie. So. bitte, hier herein.« Und nachdem
Leslie Platz genommen hatte: »Ich muss Sie jetzt leider für eine
Weile allein lassen.«
»Ich habe nur noch zwei Zigaretten, ist es
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