Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Todeskreuz

Titel: Das Todeskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
sehr ruhig,
auch wenn ihre Hand, die die Zigarette hielt, kaum merklich
zitterte. »Dort habe ich alles bekommen, was ich brauchte.«
    »Nein, nicht alles, denn Großeltern können die Mutter nicht
ersetzen. Und Sie wussten ja die ganze Zeit, dass Ihre Mutter in
der Nähe ist, aber sie wollte nichts von Ihnen wissen. Sie wollte
Sie nicht in den Arm nehmen, sie wollte Ihnen nicht bei den
Schularbeiten helfen, sie hat vermutlich nicht mitbekommen, als
Sie Ihre ersten Schritte machten, als Sie Fahrrad fahren lernten.
Aber Sie wollten geliebt werden, nicht nur von Ihren Großeltern,
sondern auch von Ihrer Mutter, so wie es das Recht aller Kinder
sein sollte, von den Eltern geliebt zu werden. Doch Sie wurden
nur verstoßen. Statt Liebe gab es nur Geld. Sie haben es am
Montag ja selbst erzählt, wie Sie das Spiel am Ende diktiert
haben. Aber es gab nicht nur eine hasserfüllte Leslie, nein, es
gab auch eine Gerechtigkeitsfanatikerin, die, nachdem sie herausgefunden
hatte, in welche miesen Geschäfte ihre Mutter verwickelt
war, beschloss. Rache zu üben. Nichterfahrene Liebe
führt zu Hass und zu Gewalt. Irgendwann haben Sie sich so in
Ihre Ideen hineingesteigert, dass Sie nur noch daran dachten,
Ihre Mutter umzubringen. Sie mussten bloß den richtigen Zeitpunkt
abpassen, und der war am letzten Freitag gekommen. Sie
wussten von dem Callboy. den Ihre Mutter jeden Freitag zu sich
bestellte und ...«
    »Meine Mutter hatte sich einen Callboy bestellt? Das ist mir
neu«, sagte sie gelassen und schnippte die Asche in den Aschenbecher.
    »Sie können so lange die Unschuldige spielen, wie Sie wollen,
mich beeindrucken Sie damit nicht. Aber damit der Verdacht
nicht gleich auf Sie fiel, räumten Sie gleich zwei ehemalige Kollegen
Ihrer Mutter mit aus dem Weg. Sie wussten von dem Bordell,
das Buchmann zum Teil gehörte und in dem er sich immer
sonntags aufhielt, und Sie wussten von Hoffmanns Urlaub, und
wir haben uns die ganze Zeit über gefragt, woher die Täter so
genau über die Aktivitäten der beiden Herren informiert waren.
Aber klar, Sie als angehende Juristin hatten schon Zugang zu allen möglichen Daten, Sie sind ja schlau genug und können auch
sehr charmant sein.«
    »Danke für das Kompliment.«
    Durant neigte den Kopf ein wenig zur Seite und fuhr fort: »Ich
meine, wir können ja ganz offen sprechen. Die beiden Herren
haben es nicht anders verdient. Korrupt bis ins Mark, doch für die
Öffentlichkeit wahre Helden. Was ich mich allerdings frage, ist,
warum Sie so unterschiedliche Tötungsarten gewählt haben. Ihre
Mutter mit Strychnin, Buchmann mit einem Stich ins Herz, und
Hoffmann, mein lieber Scholli, der muss ganz schön gelitten haben.
Wenn ich mir den Obduktionsbericht anschaue, puh, beide
Beine, beide Arme, alle Finger gebrochen, und das vermutlich
alles bei vollem Bewusstsein, Aber er hat ja selber gerne zugeschlagen,
stimmt's?«
    Leslie zuckte mit den Schultern und meinte mit emotionsloser
Miene: »Wenn Sie es sagen. Ich kann es nicht beurteilen,
ich ...«
    »Doch, Sie können es beurteilen. Aber woher wussten Sie von
seinen Gewalttätigkeiten? Ich meine, Sie werden ja nicht in sein
Haus gegangen sein und zugesehen haben, wie er seine Frau verprügelt
hat.«
    Leslie drückte die ausgerauchte Zigarette aus und zündete
sich gleich eine neue an. Sie sah Durant durch den Rauch
hindurch an und verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln.
Durant ging zu Brandt, flüsterte ihm etwas ins Ohr,
woraufhin er das Büro verließ und die Tür leise hinter sich
zumachte.
    »Haben Sie Ihren Kollegen rausgeschickt, damit wir beide allein
sein können?«, fragte Leslie mit lasziver Stimme. »Oder
wollen Sie mich ganz für sich allein haben und Hand an mich
legen? Bitte, tun Sie, was Sie nicht lassen können.«
    »Setzen Sie sich, wir sind noch lange nicht fertig. Und jetzt,
Frau Sittler, hören wir auf mit dem Spiel und kommen zum Ernst.
    Es ist vorbei, aus und vorbei. Irgendwann muss man wissen,
wann man verloren hat, auch Sie.«
    »Ich wüsste nicht, dass Sie irgendetwas gewonnen haben«,
sagte Leslie und schlug die Beine übereinander.
    »Es reicht, wenn ich es weiß. Sie sind doch schon fast selbst
Anwältin und haben sicher einige Prozesse und Verhandlungen
verfolgt. Es gibt immer Gewinner und Verlierer. Ich frage mich
nur, wer Ihr Komplize ist.«
    »Sie spinnen, Sie sollten sich mal auf Ihren Geisteszustand
untersuchen lassen«, sagte Leslie noch immer ruhig,

Weitere Kostenlose Bücher