Das Todeskreuz
wartete gespannt
auf die Reaktion von Durant.
»Mein Gott, das ist ja der blanke Wahnsinn! Die Frau hat isoliert
gelebt, aber hier sind vor allem Telefonnummern von mindestens
... Moment ... sieben- bis achthundert Personen. Das
wird alles immer rätselhafter.«
»Stimmt«, sagte Berger. »Allerdings können wir davon ausgehen,
dass die überwiegende Zahl der Adressen und Telefonnummern
veraltet ist. Aber ich habe noch eine kleine Überraschung
für Sie zum Schluss. Unsere tollen Kollegen haben die zuletzt
gewählten Nummern aufgeschrieben: Und nun kommt's. Eine
der letzten Nummern, die die Sittler am Freitag gewählt hat, gehört
zu einem sogenannten Escort-Service, und was das bedeutet,
brauche ich Ihnen ja wohl nicht zu sagen. Die Nummer ist übrigens
auch in der Liste vermerkt. Die Adresse habe ich ebenfalls,
ist in der Königsteiner Straße. Frau Durant, wollen Sie sich dort
vielleicht mal umhören?«
»Königsteiner Straße?«, fragte sie mit vielsagendem Lächeln.
»Könnte es sein, dass ich dort eine gute alte Bekannte antreffe?«
»Schon möglich. Frau Simonek wird über Ihr Erscheinen sicher
sehr erfreut sein. Sie ist bis mindestens zweiundzwanzig
Uhr im Haus, manchmal auch länger«, sagte Berger ohne eine
Miene zu verziehen.
»Das unterstreicht also meine These, dass sie sich Männer ins
Haus geholt hat, und ich gehe stark davon aus, dass es jeweils
dienstags und freitags war.«
»Es können auch Frauen gewesen sein. Nach Ihren bisherigen
Schilderungen die Person Sittler betreffend müssen wir davon
ausgehen, dass sie das Haus nicht verlassen hat und sich Gesellschaft
bestellt hat. Um welches Geschlecht es sich dabei handelte,
werden Sie herausfinden.«
»Sie war bi, da bin ich sicher. Die Cornelius war fürs Lesbische
zuständig, das andere hat sie sich von Männern besorgen
lassen. Ich werde Frau Simonek mal einen netten Besuch abstatten.
Aber vorher mach ich noch einen Abstecher zu der Tochter.
Peter und Doris, tut mir leid, aber die Liste dürft ihr euch vornehmen.
Ich bin weg.«
Sie stand auf und war bereits an der Tür, als Bergers Stimme
sie zurückhielt. »Ich sag's nur ungern, aber ich fürchte, dass wir
es mit einem sehr diffizilen Fall zu tun haben. Wir müssen Geduld
haben und sehr vorsichtig sein, ich möchte nämlich nicht,
dass wir in ein Wespennest stechen, so was kann tödlich enden.
Ist nur ein Rat von mir.«
Durant erwiderte spöttisch: »Ich bin immer vorsichtig, nur das
mit der Geduld, Sie wissen, die hat bei mir ihre Grenzen. Ciao
und schönen Abend noch, vor allem Ihnen.«
»Warten Sie«, sagte Berger, »ich habe das ernst gemeint. Meine
innere Stimme flüstert mir die ganze Zeit über zu, dass hinter
diesem Mord weit mehr steckt als nur eines der üblichen Motive.
«
»Ich hab's gespeichert. Und im Übrigen bin ich der gleichen
Auffassung wie Sie.«
Sie nahm den Aufzug und fuhr zu Leslie-Joan Sittler, in der
Hoffnung, sie auch anzutreffen. Von unterwegs rief sie Andrea
Sievers an und erreichte sie tatsächlich in der Rechtsmedizin.
»Ich hab vorhin schon mal angerufen«, sagte Durant nach der
Begrüßung.
»Ich weiß, Bock hat's mir ausgerichtet, aber ich musste rüber
in die Uni und was abklären. Was gibt's?«
»Nichts weiter. Bist du in Eile?«
»Ich will nur noch nach Hause und meine Ruhe haben. Zwei
Stunden Schlaf sind definitiv zu wenig. Nicht sauer sein, ich bin
einfach erschlagen.«
»Hast du noch Bereitschaft?«
»Leider, wir sind im Moment total unterbesetzt. Und du?«
»Zum Glück nicht mehr, Peter und Doris sind dran. Bleibt's
bei Freitag?«
»Klar. Wir köpfen eine Flasche Rotwein und quatschen die
ganze Nacht durch.«
»Einverstanden. Und jetzt hau ab und küss die Federn.«
»Und wann machst du Feierabend?«
»Keine Ahnung. Wird wahrscheinlich spät werden. Bis dann.«
Sie drückte auf Aus und erreichte kurz darauf ihr Ziel. Sie
musste lange nach einem Parkplatz suchen, bis sie nach schier
endloser Zeit einen in einer kleinen Seitenstraße fand. Es war ein
warmer und sehr sonniger Tag geworden, die Temperatur betrug
immer noch zweiundzwanzig Grad. Viele Menschen liefen bereits
in luftiger Sommerkleidung durch die Straßen und genossen
den ersten Hauch des Frühlings, denn schon für die kommenden
Tage war wieder kühleres Schauerwetter angesagt worden. Es
war eben April.
Montag, 16.30 Uhr
Wie fühlst du dich heute?«, fragte Silke eine der Anwesenden
und sah sie von der Seite
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