Das Tor des Suedens
die schmutziggrauen Flecken an den Flanken und am Rücken. Das linke Vorderbein war tatsächlich unsichtbar.
Kortok brüllte ohrenbetäubend, die gewaltigen Muskeln spannten sich wie Stahlseile an, dann schnellte er sich vom Boden ab und raste auf den Gnomen zu, der blitzschnell zurückwich.
Wild fauchend schlug die Bestie auf dem hartgefrorenen Boden auf. Der riesige Schwanz peitschte hin und her und schleuderte Eisbrocken durch die Luft.
»Du erwischst mich nicht, Kortok«, höhnte Nadomir.
Wieder sprang die Riesenkatze los, und wieder wich Nadomir geschickt zurück und brachte nun das mächtige Tier in die Reichweite der langen Speere.
Ein wenig erinnerte Nottr der Kampf an die Auseinandersetzung mit dem Großen Alb, den der Königstroll ebenfalls verhöhnt und geschmäht hatte.
»Komm schon, Kätzchen«, sagte Nadomir lachend.
Kortoks durchdringendes Brüllen ließ den Boden erheben. Diesmal schlich der Säbelzahntiger geduckt näher und holte mit der rechten Pranke zum Schlag aus, doch nochmals gelang es Nadomir, den scharfen Krallen zu entkommen.
»Auf ihn!« brüllte Vidorko und lief auf den Tiger zu. In der Rechten hielt er den Speer, den er aus der Bewegung heraus schleuderte. Er traf gut, denn die scharf geschliffene Steinspitze bohrte sich in den Nacken Kortoks. Rosafarbenes Blut spritzte hervor.
Nun griffen auch die anderen Jäger in den Kampf ein. Einige schleuderten ihm die Fackeln entgegen. Ein paar besonders mutige Männer stießen mit den Lanzen zu, rissen die Waffen sofort aus dem Leib heraus, sprangen zurück und gingen wieder zum Angriff vor.
Nadomir hatte sich zurückgezogen und blieb nun neben Nottr stehen, der zitternd vor Jagdlust dem Kampf zusah. Sein Barbarenblut wollte mit ihm durchgehen. Die Schreie der Männer und das Brüllen der verwundeten Bestie waren fast zu viel für ihn.
»Ruhig Blut, Nottr«, sagte der Gnom. »Sie schaffen es auch ohne deine Hilfe. Spar dir deine Kräfte für morgen auf!«
Nottr fletschte die Zähne und stieß das Krummschwert wütend zurück in die Scheide.
Obzwar die Bestie schon aus unzähligen Wunden blutete, wich sie nicht zurück. Immer wieder versuchte Kortok die Reihe der Jäger zu durchbrechen und zum verhassten Königstroll zu gelangen, doch die tapferen Männer verhinderten es. Einige der Jäger waren verwundet, dennoch ließen sie nicht locker. Das Ende für Kortok kam rasch.
Tarmo rammte seinen Speer dem Tiger in den Rachen, und die Spitze kam im Nacken heraus. Rasend vor Wut und Schmerzen, tobte die Bestie herum. Da gelang Cipar ein Meisterwurf. Er warf die Lanze mit aller Kraft und traf das linke Auge, in dem die Waffe zur Hälfte verschwand und sich ins Gehirn bohrte. Die Riesenkatze bäumte sich tödlich getroffen auf, kippte schließlich zur Seite und riss ein halbes Dutzend Jäger zu Boden. Noch einmal richtete sich Kortok mühselig auf und blieb mit gespreizten Beinen stehen, dann durchlief ein Zittern den gewaltigen Leib, Blut floss aus dem Riesenmaul, schließlich brach das Tier tot zusammen.
Jubelschreie brandeten hoch. »Kortok ist tot!«
Dieser Freudenschrei pflanzte sich rasch fort und erreichte das Dorf.
Wie verrückt tanzten nun die siegreichen Jäger um den toten Säbelzahntiger herum, der noch im Tod furchteinflößend aussah. Sie beschmierten sich Gesicht und Hände mit dem Blut, das noch immer aus unzähligen Wunden rann. Einige Männer bestiegen jubelnd die Beute und schwangen triumphierend die Fackeln.
»Lass uns zurück ins Dorf gehen, Nottr«, sagte Nadomir. »Ich muss mit dir und Sadagar noch einiges besprechen.«
Das ganze Dorf war auf den Beinen. Alle wollten den toten Kortok sehen. Dieser Kampf würde noch lange besungen werden.
*
In der Höhle des Gnomen saßen Nadomir, Nottr und Sadagar um das Feuer. Die brennenden Holzscheite knisterten und verbreiteten einen würzigen Duft.
»Ich weiß nicht, welche Gefahren auf euch warten, Sadagar und Nottr«, sagte der Königstroll und blickte die beiden Freunde an.
»Die Gruden sprechen viel über das Land der Eisgötter«, meinte Sadagar. »Es sind nur Sagen, an denen aber vermutlich doch einiges wahr ist. Weißt du mehr darüber, Nadomir?«
»Leider nein. Ich kenne nur die Sagen, die sich die Karsh-Völker erzählen. Das Gebiet, das im Süden liegt und sich von den Hochebenen des Maru-Mara bis zum See Dorch erstreckt, ist Niemandsland. Bis jetzt hatte ich keine Gelegenheit, diese Gegend zu erforschen. Leider kann ich euch nicht vor den Gefahren warnen, die
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