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Das Tor zur Hölle - Hellraiser

Das Tor zur Hölle - Hellraiser

Titel: Das Tor zur Hölle - Hellraiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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das?«
    »Du weißt, daß du es bist. Einfach wunderbar. Die schönste Frau, die ich je gesehen habe.«
    »Das ist sehr galant von dir«, sagte sie und wandte sich wieder zur Tür um. Hinter sich hörte sie seine Gürtelschnalle aufklicken und das Geräusch von Stoff, der über Haut streifte, als er seine Hosen fallen ließ.
    Bis hierher und keinen Schritt weiter, dachte sie. Sie hatte nicht den geringsten Wunsch, ihn nackt zu sehen. So wie er jetzt war, reichte es schon …
    Sie griff in die Jackentasche.
    »O je«, sagte das Lämmchen plötzlich.
    Sie ließ das Messer, wo es war. »Was ist los?« fragte sie, während sie sich zu ihm umdrehte. Wenn ihn der Ring an seinem Finger nicht schon längst verraten hätte, so hätte sie an den Unterhosen, die er trug, erkannt, daß er verheiratet war: Ausgeleiert und verwaschen, ein unvorteilhaftes Kleidungsstück, gekauft von einer Ehefrau, die längst aufgehört hatte, ihren Mann mit Sex in Verbindung zu bringen.
    »Ich glaube, ich muß mal meine Blase erleichtern«, sagte er. »Zu viele Whiskys.«
    Sie zuckte unbeteiligt mit den Schultern und wandte sich wieder zur Tür um. »Es dauert nur eine Minute«, erklärte er hinter ihrem Rücken. Doch bevor er noch die Worte ausgesprochen hatte, war ihre Hand schon in der Jackentasche, und als er auf die Tür zukam, drehte sie sich um, das Schlachtermesser in der Hand.
    Er hatte es sehr eilig, und so sah er die Klinge erst im letzten Augenblick, und selbst da spiegelte sich nur Vorfreude auf seinem Gesicht, keine Furcht. Es dauerte nicht lange. Den Bruchteil einer Sekunde später hatte ihn das Messer getroffen, schlitzte seinen Bauch mit derselben Mühelosigkeit auf, als würde die Klinge durch einen überreifen Käse gleiten. Julia machte einen Schnitt, dann noch einen.
    Sie hätte schwören können, daß das Zimmer flackerte, als das Blut hervorschoß, daß die Mauersteine und der Mörtel beim Anblick der roten Fontänen, die aus ihm herausspritzten, erbebten.
    Einen Atemzug hatte sie Zeit, um das Phänomen zu bewundern, bevor das Lämmchen einen röchelnden Fluch ausstieß und – statt aus dem Aktionsradius des Messers zu fliehen, wie sie erwartet hatte – einen Schritt auf sie zu machte und ihr die Waffe aus der Hand schlug. Das Messer schlidderte über den Dielenboden und kollidierte mit der Fußleiste. Dann stürzte er sich auch schon auf sie.
    Er packte sie bei den Haaren. Es schien aber, als hätte er es nicht auf Gewalt, sondern auf Flucht abgesehen, denn sobald er sie von der Tür fortgezogen hatte, gab er ihr Haar wieder frei. Sie fiel gegen die Wand, und als sie aufblickte, sah sie, wie er, die freie Hand gegen die Wunden gepreßt, mit dem Türknauf kämpfte.
    Ihre Reaktion kam blitzschnell. Hinüber zum Messer, hoch und zurück zu ihm in einer einzigen fließenden Bewegung. Er hatte die Tür ein paar Zentimeter weit aufgemacht, doch das reichte nicht. Sie stieß das Messer mitten in seinen pockennarbigen Rücken. Er schrie auf und ließ den Türknauf los, doch schon hatte sie das Messer wieder herausgezogen und bohrte es ein zweites Mal in ihn, ein drittes Mal, ein viertes Mal. Sie wußte nicht, wie oft sie zugestochen hatte. Warum sackte er nicht einfach auf den Boden und starb? Heulend und jammernd taumelte er durch das Zimmer, während das Blut über seinen Hintern und seine Beine strömte. Endlich, nach einer Ewigkeit, kippte er um und schlug auf die Dielen.
    Diesmal war sie sich sicher, daß ihre Sinne sie nicht täuschten: Das Zimmer, oder der Geist darin, reagierte mit leisen, erwartungsvollen Seufzern.
    Irgendwo läutete eine Glocke …
    Fast beiläufig bemerkte sie, daß das Lämmchen aufgehört hatte zu atmen. Sie ging über den blutbespritzten Boden zu ihm hinüber und sagte:
    »Genug?«
    Dann ging sie hinaus, um sich das Gesicht zu waschen.
    Als sie den Flur entlangging, hörte sie das Zimmer ächzen – es gab kein anderes Wort dafür. Sie blieb reglos stehen, überlegte, ob sie zurückgehen sollte. Doch das Blut an ihren Händen begann zu trocknen, und das klebrige Gefühl ekelte sie an.
    Im Badezimmer zog sie ihre geblümte Bluse aus und wusch sich zuerst die Hände, dann ihre blutbespritzten Arme und schließlich ihren Hals. Das Wasser kühlte und stärkte sie. Es fühlte sich gut an. Nachdem das getan war, wusch sie das Messer, spülte das Waschbecken aus und ging wieder auf den Flur hinaus, ohne sich abzutrocknen oder anzuziehen.
    Beides war auch unnötig. Das Zimmer glich einem Hochofen, als

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