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Das Totenhaus

Das Totenhaus

Titel: Das Totenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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nicht tun, oder?«
    »Das sollen sie nicht. Aber wer weiß, wohin überall sich ein Financier mit internationalen Beziehungen absetzen kann, während der Anwalt seine Leute um sich schart, in der Hoffnung, einen Deal auszuhandeln, bevor er sich freiwillig stellt.«
    Mike goss sich erneut ein, setzte sich gegenüber von mir hin und versuchte, Augenkontakt herzustellen. »Werden du und Jake die Sache zwischen euch in Ordnung bringen?«
    Ich schwieg.
    »Er hat doch keine andere Wahl, Coop. Er tat, was er tun musste. Ihr beiden seid doch ein gutes Team.«
    »Sieht so aus, als ob ich diejenige bin, die eine Wahl treffen muss. Es war mir bisher nie bewusst, dass er auch über Verbrechen berichten würde. Ich werde mich nicht in die Abstellkammer hocken und mir die Ohren zuhalten, wenn mitten in der Nacht das Telefon klingelt und jemand einen Mord gesteht.«
    »Willst du mit zu mir -?«
    »Ich habe als Erstes David Mitchell angerufen, als ich hierher kam. Er und Renee waren noch wach. David hat versprochen, dem Portier einen Reserveschlüssel runterzubringen. Ich habe schon Dutzende Male auf ihrer Couch geschlafen.« Mike kannte meinen Nachbarn, einen prominenten Psychiater, mit dem ich mich im Laufe der Jahre eng angefreundet hatte. Er und seine Verlobte wohnten auf dem gleichen Stockwerk wie ich, und ich hatte schon oft in Gesellschaft ihres Hundes Prozac auf ihrem Sofa übernachtet. »Eine kalte Schnauze an meinem Hals ist genau das, was ich brauche.«
    Während ich noch sprach, wählte Chapman eine Nummer. »Mike Chapman, Morddezernat Manhattan Nord. Wer spricht da? - Haben Sie in den letzten achtundvierzig Stunden irgendwelche Vermisstenmeldungen reinbekommen? Ja, ich bleib am Apparat.« Eine Minute verging. »Eine fünfzehnjährige Ausreißerin. Ist am Donnerstag von daheim abgehauen, nachdem sie drei Wochen mit einem Typen übers Internet korrespondiert hat -«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »- und eine schwarze Oben-ohne-Tänzerin in einem Klub in der Pine Street, die zuletzt vor zwei Nächten gesehen wurde, als sie bei einem japanischen Geschäftsmann ins Auto stieg. AIV sollte ein Verbrechen sein, Sarge. Danke.«
    »Asiate im Verkehr« war einer von Chapmans Lieblingsvorschlägen zur Ergänzung des Strafgesetzbuchs. Er konnte einfach nie widerstehen, einen politisch inkorrekten Witz zu machen.
    »Nichts Ungewöhnliches im ersten Revier, Blondie. Denk du mal weiter darüber nach, wie du dein Liebesleben wieder in Ordnung bringst und ich -«
    »Ich denke nicht. Ich will nicht mehr denken.«
    »Ich kümmer mich um den Fall.« Er wählte erneut, wobei er die Liste der Reviernummern in dem Polizeitelefonbuch in der obersten Schreibtischschublade zu Hilfe nahm. Angefangen bei der Südspitze Manhattans, rief Mike eines nach dem anderen alle Reviere durch. Bei einigen klingelte das Telefon ewig, ohne dass jemand abhob. Bei den meisten konnte man sich die Antworten im Voraus denken. Hier und da ein vermisster Teenager, ein Ehemann, der von einem Wochenendausflug mit Freunden nicht zurückgekehrt war, ein geistig behinderter Erwachsener, der am Freitag ein weiterbildendes Seminar verlassen hatte und seitdem nicht mehr gesehen worden war.
    Ich ging durch das Labyrinth der alten Holztische hinaus auf die Toilette. Als ich zurückkam, hatte Mike gerade das 24. Revier auf der Upper West Side am Apparat. Ich nahm meine leere Tasche aus der Ablage und sah in dem Reißverschlussfach nach, obwohl ich wusste, dass das Geld weg war.
    »Ich hoffe, du warst wenigstens so gescheit, dein Weihnachtsgeschenk mitzunehmen, als du aus Jakes Wohnung gestürmt bist. Wir könnten diesen Glasbrocken verscherbeln und uns den Rest unseres Lebens auf die Keys absetzen, ohne jemals wieder auch nur einen Finger rühren zu müssen. Ich könnte den ganzen Tag fischen gehen, und du könntest Margaritas trinken und Jimmy Buffett anhören. Hast du's dabei?«
    Ich lächelte und schüttelte den Kopf. Es war Mikes Art, sich zu vergewissern, dass mir die Brosche bei dem Raubüberfall nicht gestohlen worden war, da er wusste, dass es mir zu peinlich wäre, es ihm zu erzählen.
    »Eine Boa constrictor? West Eighty-third Street? Nein, danke.« Er legte auf und redete, während er die Nummer des 26. Reviers suchte und wählte. »Eine Frau zog letzte Woche in eine Wohnung ein. Mitten in der Nacht kommt eine zweieinhalb Meter lange Boa auf ihr Kissen gekrochen und will ihr einen Kuss geben. Der Vormieter hat Schlangen großgezogen. Scheint so, als ob er eine als

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