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Das Totenhaus

Das Totenhaus

Titel: Das Totenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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die man für seine Operation brauchte. Alle Jungs taten es. Ich beschloss, ins Sloan-Kettering zu gehen. Es schien mir dafür der beste Ort zu sein. Als ich das erste Mal dort in der Blutspendestation war, sah ich sie. Sie ruhte sich auf einem der Liegesitze aus, als ob sie am Strand wäre. Sie hatte einen hellblauen Seidenschal um den Kopf gewickelt und im Nacken verknotet und lächelte breit, während sie mit der Krankenschwester sprach. Sie hatte die leuchtendste Haut, die ich jemals gesehen hatte. Wir haben an dem Tag nur ungefähr eine Viertelstunde miteinander gesprochen. Sie musste sich Blut abnehmen lassen für irgendeine Behandlung. Sie war gerade fertig und schickte sich an, zu gehen, während man mich herrichtete. Lange genug, damit ich herausfinden konnte, wie sie hieß und wo sie arbeitete.«
    Mike manövrierte uns an den verkeilten Autos vorbei in die rechte Spur, auf der wir wieder hinaus auf den nassen Highway krochen. »Sie wollte sich über einen Monat nicht mit mir treffen. Ich hatte keine Ahnung, dass sie unter dem Schal keine Haare hatte, und sie hatte Angst, es mir zu sagen. Sie hatte Angst, ich würde sie nicht wieder sehen wollen.«
    Ich dachte an die Frau in Mikes Bett. Ich hatte nur die Konturen ihres schlanken Körpers unter dem Laken gesehen und den Kopf mit dem kurz geschnittenen, brünetten Haar auf dem Kissen. »Welchen Krebs hat sie?«
    »Ich verwende die Vergangenheitsform. Hatte. Val hatte Brustkrebs. Eine sehr aggressive Art, keine Vorgeschichte in der Familie. Sie hatte letztes Jahr eine Mastektomie und eine ziemlich heftige Chemotherapie. Jetzt ist sie gesund.« Er hielt inne und sah hinaus auf den Fluss. »Ich setze auf sie, Coop.«
    »Natürlich, das sollst du auch. Und du hast schließlich auch noch eine hauseigene Anfeuerungsmannschaft, zum Teufel noch mal. Warum denkst du, dass Mercer und Vickee und Jake und ich nicht daran teilhaben können?«
    Er sagte nichts, nickte aber zustimmend. Vielleicht hatte es mehr damit zu tun, dass Mike seine eigene Verletzlichkeit nicht zeigen wollte, als dass er Val seinen Freunden vorenthalten wollte.
    »Wie wär's mit nächstem Wochenende? Jake und ich könnten eine Dinner Party veranstalten.«
    Mike wandte den Blick von der Straße ab, sah mich an und gluckste vor Lachen.
    »Siehst du, ich wusste, dass ich dich zum Lachen bringen könnte. Jake kann kochen, und ich spül das Geschirr.«
    »Du wirst sie mögen. Ihr beide könnt euch über Chaucer und Malory und den Cursor Mundi unterhalten - über all diesen mittelenglischen Literaturkram, bei dem ihr so aufblüht.« Jetzt war das vertraute Grinsen wieder weg. »Sie wird nur schnell müde. Wir machen das erste Treffen früh am Abend, falls es euch recht ist.«
    Ich verfluchte mich dafür, dass ich über Mikes geheimnisvolle Frau so leichtfertig geredet hatte. Ich wusste Gesundheit und gute Gene zu schätzen. Letzte Nacht, während Valerie sicher in den Armen des Mannes lag, der sie anbetete, stapfte ich in einem kindischen Wutanfall durch die dunklen Straßen von Manhattan, weil ich dachte, ich könnte Mike zu Hilfe rufen so wie Ginevra ihre Ritter. Warum konnte ich mich nicht damit zufrieden geben, zu Hause zu bleiben und mich mit Jake auszusprechen?
    Mike ließ mich vor dem Gerichtsgebäude aussteigen, und ich kaufte uns beiden Kaffee, bevor ich hinauf ins Büro fuhr. Ich hatte eine VoiceMail von Laura, die mir mitteilte, dass sie wegen des schlechten Wetters nicht von Staten Island hereinkommen würde, und zwei Nachrichten von Jake, der mich bat, ihn anzurufen. Die erste hörte sich besorgt an, die zweite streng und ernst. Ich ignorierte beide.
    Es würde eine ruhige Woche sein, da viele Staatsanwälte zwischen Weihnachten und Neujahr Urlaub genommen hatten.
    Sylvia Foote war die erste Anruferin. Sie bestätigte das Meeting, das sie für ein Uhr anberaumt hatte, und fragte mich, ob ich von dem Einbruch letzte Nacht gehört hatte. Wieder einmal war die Polizei am King's College zugange, und Footes Feindseligkeit mir gegenüber wuchs.
    Ich legte gerade auf, als Mike hereinkam. Er nahm den Hörer ab, wählte die Auskunft und erkundigte sich nach der Nummer von Michael's Restaurant. Die automatische Ansage verband ihn direkt, was die Bezirksstaatsanwaltschaft dreißig Cents kostete.
    »Guten Morgen. Hier spricht Jake Tyler, NBC News. Ich habe für heute Mittag einen Tisch reserviert.«
    »Er wollte den ruhigen Tisch in der Nische, unter dem Fenster«, flüsterte ich Mike zu.
    »Das stimmt, der

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