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Das Trauma

Das Trauma

Titel: Das Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe
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schmecken.
    Vom kleinen Fernseher in der Ecke her strömt Musik herüber, und zwei Kerle mit Sonnenbrille, Schirmmützen und dicken Goldketten um den Hals jagen in einem weißen Auto dahin und singen, während sie zugleich Zeichensprache mit den Händen zu machen scheinen. Genau wie Fadime in der Kita, die gar nicht hören kann. Aber er scheint weder fernzusehen noch die Musik zu hören. Er will nur rauchen und rauchen und in den Regen hinausschauen.
    Vor ihr auf dem Boden liegt der große weiße Hund auf der Seite und schläft. Den darf sie nicht anfassen, das hat er verboten. Dabei ist es ein lieber Hund, das hat sie schon gemerkt, denn er kommt immer wieder zu ihr und leckt ihr Gesicht und Hände ab, mit seiner langen klebrigen und stinkenden Zunge.
    Früher hat sie sich einen Hund gewünscht. Sie hat sich immer zu Weihnachten und zum Geburtstag einen Hund gewünscht, aber sie hat keinen bekommen, denn Mama hat gesagt, das sei vielzuvielarbeit.
    Jetzt hat sie einen Hund. Aber keine Mama.
    Und sie denkt, dass sie viel, viel lieber ihre Mama zurückhaben würde. Er kann seinen blöden Hund behalten, der aus dem Mund nach Kacke riecht. Wenn Mama nur zurückkäme, dann würde sie wirklich keinen Hund brauchen. Sie würde nie wieder um einen Hund bitten, würde nie wieder um irgendetwas bitten.
    Wenn doch nur …
    RIIIIIIING .
    Das Geräusch ist so schrill, dass es in den Ohren fast wehtut. Für eine Sekunde glaubt sie, es sei ihre Schuld, dass sie schon wieder etwas angerührt hat, das sie nicht anrühren darf, geredet hat, wenn sie den Mund halten soll, mit den Beinen gezappelt hat, obwohl sie still sitzen soll.
    Sie krümmt sich auf dem Sofa zu einem Ball zusammen. Macht sich so klein, dass er sie vielleicht nicht sieht. Sie nicht schlägt.
    Kann man sich so klein und unsichtbar machen, dass man nicht gesehen wird, aus purer Willenskraft? Ist das möglich?
    Aber er scheint nicht böse zu sein, nur nervös. Schaut zur Diele hinüber, wo schon der Hund steht und bellt, springt vom Sofa und rennt zur Tür, schiebt den Hund mit dem Fuß zur Seite und schaut durch das kleine Auge, das alles dort draußen sieht.
    Das Spionauge.
    Dann schleicht er zurück, lässt sich neben sie sinken und nimmt sie fest, aber behutsam an den Schultern.
    »Du musst dich hinter dem Sofa da verstecken. Verstehst du?«
    Sie nickt langsam, wagt nicht, ihn anzusehen. Schaut nach unten, obwohl er so nahe ist, dass sie seinen Atem spürt, der wie ein Aschenbecher riecht.
    »Du musst dich hinter dem Sofa da verstecken. Verstehst du?«
    Er zeigt auf den Sofarücken, und wieder nickt sie.
    »Du darfst dich auf keinen Fall sehen lassen. Okay?«
    Sie schaut zu Boden. Wollmäuse kleben an Eispapieren, ein Paar Kopfhörer lugt unter dem Sofa hervor, ein zerfetztes Kabel hat sich wie eine Schlange, die Gesellschaft sucht, um ein Sofabein gewickelt.
    »So. Leg dich hinters Sofa.«
    Rasch klettert sie über den mit Samt bespannten Sofarücken, rutscht auf den kalten Boden dahinter. Legt sich flach hin, den Kopf zum Zimmer gedreht. Unter dem Sofa kann sie seine Füße sehen, als er wieder zur Wohnungstür geht und aufmacht.
    Auf der anderen Seite steht eine Frau. Das kann sie ja eigentlich nicht sicher wissen, denn die Jeansbeine und die Gummistiefel könnten einen Mann oder einer Frau gehören, und mehr kann sie aus ihrem Versteck nicht sehen, aber die Stimme – die Stimme gehört einer Frau. Und sie kommt ihr bekannt vor. Die Frau redet schnell, schnell und laut, und er brummt ab und zu als Antwort.
    Dann sieht sie seine Beine in der Küche verschwinden. Die Beine der Frau stehen noch immer in der Diele, bewegungslos, als wären die Gummistiefel am Boden angewachsen. Schränke werden geöffnet und geschlossen, Töpfe klappern. Dann kommen seine Beine zurück, gehen zur Wohnungstür und bleiben vor den Gummistiefeln stehen.
    »Ach, vielen Dank. Wie nett von dir. Dann bis demnächst«, sagt die Frau.
    Die Gummistiefel drehen sich um und verschwinden in der Dunkelheit. Die Tür knallt ins Schloss, aber er bleibt stehen, wartet bewegungslos vor dem Spionauge.
    Schaut in die Dunkelheit hinaus.
    Als er gerade ins Zimmer zurückkehren will, ist das schrille Geräusch wieder zu hören.
    Riiiing.
    »Shit«, murmelt er, macht kehrt und geht zurück in die Diele.
    Die Tür wird wieder geöffnet, und sie merkt, wie ein kalter Wind über den verschlissenen Parkettboden fegt.
    »Ja?«
    »Ach, also. Ich hatte vergessen …«
    Und plötzlich weiß sie, mit welcher Stimme

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