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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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müssen, nicht? O Gott, stellen Sie sich bloß vor… Sandro, wo ist Sandro?«
    »Kümmere dich nicht um Sandro, steh auf.«
    Der Junge gehorchte und versuchte, sich zu säubern, sein Blick noch immer angezogen von dem leeren Raum.
    »Ich muß Sandro finden, wissen, ob er okay ist. Er ist mit mir hergekommen.«
    »Gegangen ist er aber ohne dich. Bei diesem Spiel gibt es keine Freunde. Ich bin derjenige, der es der Mutter des toten Jungen wird sagen müssen. Ist dir klar, daß ich dich verhaften könnte? Die anderen waren schlauer als du. Tu mir den Gefallen und geh nach Hause. Und vergiß nicht, es könnte deine Mutter sein, der ich es beim nächsten Mal sagen muß.«
    Der Maresciallo hatte Marco an jenem Abend nicht verhaftet, den Grund dafür hätte er nicht genau angeben können. Es war ihm vielleicht schon Lehre genug, dabeigewesen zu sein, wie einer starb. Der Junge hatte etwas Entwaffnendes an sich, und der Maresciallo lud ihn sogar zu einem Kaffee in der Bar im Erdgeschoß ein, bevor er ihn nach Hause schickte und sich des Problems der Lasterhöhle oben im Haus annahm.
    Der Vorfall in jener Nacht hatte tatsächlich seine Wirkung gehabt. Marcos Vater, der, wie sich herausstellte, ein bekannter Kunsthistoriker und -kritiker war, suchte den Maresciallo auf, angeblich um sich zu entschuldigen und zu bedanken. Zuerst entschuldigte sich Marco selbst und dankte ihm, dann schickte ihn sein Vater aus dem Raum und bot dem Maresciallo Geld an. Der Maresciallo lehnte ab und starrte Landini mit großen Augen ausdruckslos an. Er mochte den Mann nicht.
    »Ich will nichts«, sagte er. »Ich werde dafür bezahlt, daß ich meine Arbeit mache.«
    »Na, kommen Sie, sicher…«
    Da stand der Maresciallo auf. »Geben Sie auf den Jungen acht«, sagte er abschließend. Eine vergebliche Mahnung, wie sich zeigte, denn Landini lebte nicht mehr mit Marcos Mutter zusammen, sondern mit einer anderen Frau, die er später auch heiratete. Er kam noch immer für den Unterhalt seiner ersten Familie auf und fühlte sich folglich dazu berechtigt, gelegentlich als deus ex machina aufzutauchen und Vorschriften zu machen. Von dieser Art war auch sein Auftritt in der Wache der Carabinieri im Palazzo Pitti gewesen, der seinen Sohn tief beschämt hatte. Armer Marco.
    Der Maresciallo trat auf die Piazza Santissima Annunziata hinaus, und sein Blick ging automatisch nach rechts, wo die ganze Front des Waisenhauses aus dem 15. Jahrhundert mit den Medaillons der weißen eingewickelten Babys auf blauem Grund angestrahlt wurde. Selig die Waisenkinder, sie haben keinen Ärger mit der Familie, sagten die Leute. Kinder wie Marco hatten es jedenfalls sicher am schwersten: Sie waren zwar keine Waisen, doch hatten sie auch keine Familie. Der Maresciallo ging an dem dunklen Klotz der Reiterstatue vorbei und verließ den Platz auf der rechten Seite.
    Marcos Anruf neulich hatte ihn nicht überrascht; alle Zeitungen hatten von Landinis Tod berichtet, er war sogar in den Fernsehnachrichten gemeldet worden. Landini hatte eine umfangreiche Gemäldesammlung hinterlassen.
    »Haben Sie gehört?«
    »Ja, ich hab's in La Nazione gelesen.«
    »Er hat mir ein bißchen Geld und das Atelier hinterlassen. Ich war ein wenig überrascht, um ehrlich zu sein, aber ich gebe zu, ich kann es zur Zeit wirklich brauchen.«
    »Das freut mich für dich.«
    Er behielt den Gedanken für sich, daß Landini zu seinen Lebzeiten wenig genug für seinen Sohn getan hatte.
    »Als er noch lebte, war er mir nie ein besonderer Vater gewesen.«
    Wie immer seit ihrer ersten Begegnung schien Marco seine Gedanken zu lesen. »Jetzt kann ich mir mit meiner Freundin – wir haben zusammen in Architektur abgeschlossen – ein Atelier einrichten. Wenn wir erst auf eigenen Füßen stehen, wollen wir heiraten…«
    »Gut. Und wo ist das Problem?«
    Ein Augenblick des Zögerns. »Oje… anscheinend melde ich mich bei Ihnen nur, um Ihnen ein Problem aufzuladen.«
    »Nein, nein, das meinte ich nicht so. Ich habe das nur gesagt, weil ich deiner Stimme anmerke, daß du besorgt bist.«
    »Bin ich auch. Kann ich zu Ihnen rüberkommen? Wenn Sie nichts dagegen haben.«
    Ein Bild machte ihm Sorgen, ein Ölporträt aus dem siebzehnten Jahrhundert. Es gehörte nicht zur Sammlung seines Vaters, denn sonst wäre es nicht im Atelier stehengeblieben. Landini hatte schon seit einigen Jahren gewußt, daß seine Tage gezählt waren, und er hatte seine Angelegenheiten geregelt. So hatte er auch die wertvolleren Möbelstücke aus dem

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